Auch der Sono Motors muss ohne Unterstützung der Industrie auskommen.

Die Autoindustrie hat mit dem Wechsel vom Verbrenner zum Elektroauto zu kämpfen. Zwar gibt es ein paar E-Autos wie den BMW i3 oder den Smart ED im mittleren Preissegment. Aber bis die Hersteller passende Autos in der Mittelklasse zu einem brauchbaren Preis anbieten können, werden noch ein paar Jahre ins Land ziehen. Dabei gibt es bereits Startups, die schon jetzt ein bezahlbares E-Auto im Angebot haben. Nur werden diese von der Industrie ignoriert. Ein fataler Fehler.

In Aachen kennt man sich mit der Produktion von E-Autos schon aus. Aus einem kleinen Projekt der Hochschule Aachen entwickelte die Mannschaft um Professor Schuh innerhalb weniger Jahre den Streetscooter, den ersten E-Lieferwagen. Den bot man auch den etablierten Herstellern an, doch keiner wollte sich auf die Produktion einlassen. Erst als Deutsche Post einstieg, änderte sich die Lage. Mittlerweile ist der Lieferwagen im täglichen Einsatz und wird auch an andere Interessenten verkauft. Das Team hat in diesem Jahr den e.Go vorgestellt. Ein kleines E-Auto, dass es schon zum konkurrenzlosen Preis von knapp 12.000 Euro gibt, wenn man die Kaufprämie mit berücksichtig. Doch auch hier gibt es bisher keinen Hersteller, der den Wagen in einer grösseren Stückzahl produzieren will. Erwähnen muss man aber auch, dass e.Go von Anfang an das Auto selber produzieren wollte.

Nicht viel besser geht es dem Startup Sono Motors aus München. Der Sion soll, wenn er 2019 auf den Markt kommt, gerade mal 16.000 Euro kosten und kommt immerhin auf eine Reichweite von 250 Kilometern. Dabei bietet der Sion etwas mehr Platz als der e.go und hat sogar eigene Solarpanel auf dem Dach, um die Reichweite zu erhöhen.

Neben den deutschen Startups, gibt es auch den Microlino aus der Schweiz und die Firma Uniti aus Schweden, deren Autos in den nächsten 12 Monaten reif für die Serienproduktion sind. Aber ein Interesse der renommierten Hersteller an den neuen Fahrzeugen ist bisher nicht zu bemerken.

Einerseits ist es verständlich, wenn ein Unternehmen keine Konkurrenz fördern will. Auf der anderen Seite zeugt es von den Starrsinnigkeit und Schwerfälligkeit der Industrie, derartige Ingenieurleistungen unbeachtet zu lassen. Eine Übernahme der Startups und eine Eingliederung der Fahrzeuge in die eigene Produktion mag eine große Aufgabe sein, doch unmöglich ist sie sicher nicht. Es fehlt nur an Willen, nicht an Geld.

Damit begeht die deutsche Autoindustrie einen schweren Fehler. Statt den Startups zu helfen und sie zu fördern, werden sie bekämpft. Statt Wissen und Technik auszutauschen und in den eigenen Kreislauf einzugliedern, kocht man lieber sein eigenes Süppchen. Mit dem Ergebnis, dass potentielle Kunden weiter auf ein brauchbares E-Auto warten müssen.

Gleichzeitig schadet die Industrie auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Ingenieurleistungen werden nicht gefördert, Ideen nicht übernommen. So demotiviert man einerseits mögliche Gründer, andererseits verliert man Zeit im Kampf gegen die US- und chinesische Autoindustrie, die teilweise schon viel weiter sind. Zeit, die man wegen der fatalen Konzentration auf den Dieselmotor sowieso nicht hat. Die Lösung für viele Probleme ist schon da. Die arrogante Haltung der großen Autobauer will sie nur nicht wahrhaben und zerstört so jede Chance auf eine Erfolgsgeschichte.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Foto: Jana Kugoth für NGIN Mobility