Den neuen E-Sprinter gibt es ab 2019

Der Lieferverkehr in den Innenstädten wächst mit jedem Jahr, weil die Deutschen immer mehr online bestellen. Die Bequemlichkeit sorgt dafür, dass sich gleichzeitig auch der Anteil des Lieferverkehrs am innerstädtischen Verkehr deutlich erhöht hat. Verursachten Lieferfahrzeuge 2005 noch rund 25 Prozent des Verkehrs in einer Stadt, so waren es 2012 schon mehr als 30 Prozent. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. Der Aufstieg vieler E-Commerce-Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren sollte den Verkehr durch Lieferfahrzeuge aber weiter verschärft haben. Der bevorzugte Antrieb der Lieferwagen war bislang Diesel. Der steht bekanntermaßen in der Kritik und soll schleunigst vom E-Antrieb abgelöst werden.

Interessanterweise scheint die Wende bei Lieferfahrzeugen schneller voran zu gehen, als bei bezahlbaren, kleinen E-Autos. Dafür hat auch die erfolgreiche Entwicklung des von der Deutschen Post in Massen auf die Straße gebrachten Streetscooters gesorgt. Auch Nissan und Renault bieten seit zwei Jahren einen Lieferwagen mit Elektroantrieb an. Daimler will nun mit zwei Modellen im umkämpften Markt nachlegen.

Da wäre zum einen der E-Vito, die elektrische Variante des Kleintransporters Vito. Mit einer 41,4 kWh großen Batterie ausgestattet hat der Wagen eine Reichweite von rund 150 Kilometer (WLPT), wenn man gleichzeitig die maximale Zuladung von rund einer Tonne zu 30 Prozent ausnutzt. Das soll sich, laut des Herstellers, im Winter kaum verändern, wenn die Heizung läuft. Dank eines stufenweise verstellbaren Rekuperationssytem soll der Akku im täglichen Einsatz ein bisschen länger als gewöhnlich halten. Geht man vom Gaspedal, sorgt eine Art Motorbremse dafür, dass Energie zurück an den Akku gegeben wird. Im schlimmsten Falle, also bei einer sehr energiereichen Fahrweise und großer Kälte, schrumpft die Reichweite dann unter 100 Kilometer. Aber Gespräche mit Großkunden hätten ergeben, dass die täglich zurück gelegten Strecken der Kurierdienste in Städten meist eine Länge von 80 Kilometern haben.

Vierstufiges Rekuperationssytem

Das Rekuperationssytem kann vom Fahrer nach Bedarf verstellt werden. In der höchsten Stufe bremst es den Wagen stark ab, sobald man vom Gas geht. So sollen „Ein-Pedal“-Fahrten ermöglicht werden, bei denen der Fahrer das Bremspedal nicht berühren muss, wenn er vorausschauend fährt. Es gibt noch drei weitere Stufen, die über einen Schalthebel am Lenkrad gewählt werden können. In der niedrigsten Stufe wird die Rekuperationsbremse komplett ausgeschaltet. Das Fahrzeug rollt dann ohne Widerstand und spart so auch Energie, lädt aber den Akku aber nicht auf. 

Neben dem E-Vito gibt es ab 2019 auch den E-Sprinter; die etwas größere Variante eines Lieferfahrzeug, in dem man auch sperrige Güter transportieren kann. Zwar gibt es den Sprinter mit einem größeren Akku (55,2 kWh), Zuladung und Reichweite steigen aber nicht. Wie der E-Vito schafft der elektrische Sprinter 150 Kilometer unter den gleichen Bedingungen. Als Grund dafür, warum der Sprinter trotz einer rund 20 Prozent größeren Batterie nicht weiter kommt, nannte Daimler das Gewicht und den schlechteren Luftwiderstand des Fahrzeugs.

Daimler hat sich einiges überlegt, wie man die Reichweite des Sprinter verlängern kann. Neben dem vierstufigen Rekuperationsmodus gibt es ein komplett neues Klimasystem. Eine in Sachen Energie sparsame Heizpumpe soll genug Wärme erzeugen. Statt wie bei einer normalen Heizung die Luft einfach zu erhitzen, nimmt die Pumpe Abwärme aus der Batterie und der Fahrerkabine und nutzt diese zum heizen. Umgekehrt funktioniert das auch im Sommer, wenn man es kühler haben will. Sparsamkeit ist auch der Grund, warum es den Sprinter serienmäßig mit einer Sitzheizung gibt. Kurierfahrer würden die dauernd aus- und wieder einsteigen, eine Sitzheizung würde sofort wirken, ohne die Kabine aufheizen zu müssen, hieß es bei der Vorstellung in Hamburg.

Was macht die Konkurrenz?

Im Vergleich zum Streetscooter der Post steht der Sprinter nicht so schlecht da. Die Zuladung ist gleich, die Reichweite offenbar ähnlich. Der Hersteller des Streetscooters gibt für die Variante mit 40 kWh zwar 205 Kilometer Reichweite an, dieser Wert ist aber nach dem alten Verbrauchszyklus NFEZ gemessen. Der neue WLPT-Zyklus erhöht den angegebenen Verbrauch um 30 Prozent. Demnach müsste der Streetscooter ebenfalls bei rund 150 Kilometer liegen. Der Preis für den Streetscooter mit der 40 kWh Batterie und einem vergleichbaren Aufbau liegt bei 51.000 Euro.

Einen echten Konkurrenten hat der E-Sprinter allerdings mit dem Renault Master Z.E. Der kann bis zu 1,3 Tonnen (also 300 Kilo mehr) zuladen, verfügt ebenfalls über eine energiesparende Wärmepumpe und soll mit seiner 33 kWh Batterie rund 200 Kilometer erreichen. Auch hier gibt Renault allerdings immer noch nur den Verbrauch nach NEFZ an, also sind 150 Kilometer realistisch. Der Preis ist mit knapp 60.000 Euro für die Basisvariante vergleichsweise hoch.

Der Nissan e-NV200 kann in Sachen Zuladung mit dem Sprinter und dem Streetscooter nicht mithalten, da er nur etwas mehr als 700 Kilo im Heck verstauen kann. Dafür passt die Reichweite mit der 40 kWh Batterie, die Nissan mit 280 Kilometer nach NEFZ angibt. Zieht man die üblichen 30 Prozent für einen realistischen Alltagsverbrauch ab, landet man bei knapp 220 Kilometer. Da hat der Nissan die Nase vorne. Allerdings fehlt ihm, ebenso wie dem Streetscooter, das ausgeklügelte Ladesystem und die sparsame Heizpumpe des Daimler. Preislich liegt der Nissan bei ungefähr 40.000 Euro.

In diesem Bereich bewegt sich der E-Vito von Daimler in der „Series One“ Edition auch. Allerdings bekommt man 300 Kilogramm mehr in den Lieferwagen des deutschen Herstellers, was für viele Kunden ein wichtiges Argument sein wird. Den E-Vito kann man schon jetzt kaufen, den neuen E-Sprinter wird es erst ab 2019 geben.

Bilder: NGIN / Don Dahlmann