Ein seltener Anblick: Unser Autor hat herumliegende E-Tretroller bisher nur in Massen angetroffen, selten allein.

Auf den ersten Blick scheinen die Vorteile der E-Tretroller zu überwiegen: Die Reichweite beträgt durchschnittlich 30 Kilometer, was für den Gebrauch in der Stadt vollkommen ausreicht. Da sie an jeder Steckdose aufgeladen werden können, scheint der Roller ein ideales Fortbewegungsmittel für den Weg von Bahn, Bus oder Parkplatz bis ins Büro zu sein. Etliche Modelle der meist um die 10 bis 15 Kilogramm schweren E-Tretroller lassen sich zusammenfalten, komfortabel transportieren und in einer Ecke im Büro parken. Auch das spricht für die Verwendung der Fahrzeuge, die zwischen 250 und 800 Euro kosten.

Die Frage ist nur: Welche Lücke im vorhandenen Mobilitätsangebot schließen E-Tretroller eigentlich? Können sie einen E-Motorroller ersetzen? Können sie mehr, als ein Fahrrad? Und was ist eigentlich so schlecht daran, auch mal ein paar Meter zu Fuß zu gehen?

Zugegeben, E-Tretroller fahren macht Spaß. Ich habe es im vergangenen Jahr in San Francisco ausprobiert. Und ja, gerade wenn es – wie in San Francisco – mal etwas steiler bergauf geht, ist es besser, als selber laufen zu müssen.

Aber sind sie wirklich ein Verkehrsmittel, das Autofahrer dazu bringt, ihre Wagen zu verkaufen? Im Sommer vielleicht, im Winter sind die Roller in vielen Regionen Deutschlands wegen Eis und Schnee kaum einsetzbar. Das haben sie mit Fahrrädern und den E-Motorrollern gemeinsam. Nicht umsonst nehmen Coup und Emmy ihre Fahrzeuge im Winter von der Straße.

Probleme, die auf uns zurollen

Die E-Tretroller-Anbieter werden trotz vieler Versprechungen und Absprachen mit den Städten die Bürgersteige verstopfen. Denn schließlich starten gleich mehrere Dienste, die alle um die Aufmerksamkeit der potenziellen Kunden buhlen – und zwar durch Sichtbarkeit. Von dem Chaos auf den Gehwegen konnte ich mir bei der diesjährigen SXWS-Konferenz in Austin ein Bild machen. Ganze Rollerhaufen an den Straßen- und Gehwegrändern, überall lagen sie im Weg herum. Ein Problem, dass viele deutsche Städte schon aus den vergangenen Jahren kennen sollten, als Leihfahrräder für Ärger sorgten.

9 E-Tretroller-Startups, die schon aktiv sind

Eine weiteres Problem ist die Umweltverträglichkeit. Das betrifft vor allem die Akkus, die in den Rollern verbaut sind. Fast alle verfügen über einen Lithium-Ionen-Akku, der ähnlich aufgebaut ist, wie der in einem E-Auto. Eine nicht unerhebliche Frage ist, woher die Bestandteile – also überwiegend Kobalt – für die Batteriezellen herkommen sollen? Die Autohersteller haben strenge Vorgaben, die zum Beispiel verhindern sollen, dass die Bestandteile des Akkus nicht aus Minen kommen, in denen Kinder arbeiten. Ob darauf auch Billighersteller von E-Tretrollern aus China achten werden, ist fraglich.

Und wie sollen die Akkus eigentlich recycelt werden? Es gibt bisher wenig valide Studien darüber, wie lange die E-Tretroller am Ende halten. Einige Leihdienste planen drei bis sechs Monate ein. Mehr als eine Saison wird es kaum werden. Das Problem ist, dass das Recycling der Lithium-Ionen-Akkus bisher schwierig ist.

Bei E-Autos gibt es immerhin eine temporäre Lösung, indem man den Akkus ein zweites Leben als Heimspeichergerät einhaucht. Dafür sind die bei E-Tretrollern verwendeten Akkus jedoch viel zu klein. Zwar lassen sich Kobalt und Nickel zu 90 Prozent recyceln, aber der Prozess ist aufwendig und deckt nach einer Recherche des Deutschlandfunks nicht die Kosten.

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Wir sollten uns die Frage stellen, ob die E-Tretroller wirklich so sinnvoll sind, wie viele derzeit glauben. Sie mögen ein bisschen Bequemlichkeit bringen, weil sie im Sommer das Fahrrad oder den Fußweg ersetzen. Aber weder erbringen sie gegenüber dem Rad einen signifikanten Vorteil, noch ersetzen sie es. So viel Spaß sie auch machen, verkehrstechnisch und ökologisch ergeben E-Tretroller wenig Sinn.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Getty Images / Tom Williams / Kontributor