Die Umstellung auf die Elektromobilität wird innerhalb weniger Jahre gewaltige Investitionen in die öffentliche Ladeinfrastruktur erforderlich machen. Eine Studie der Schweizer Großbank UBS kommt zu dem Ergebnis, dass bereits bis 2025 Investitionen von weltweit bis zu 400 Milliarden Dollar (332 Milliarden Euro) nötig sein werden.

Die Analysten gehen von einem Bedarf von 18 bis 20 Millionen neuen Ladesäulen aus, die durchschnittlich jeweils rund 20.000 Dollar kosten. So ergibt sich eine Bandbreite von 360 bis 400 Milliarden Dollar.

Der Großteil der neuen Ladesäulen wird demnach in Europa benötigt. Allein dort werde man zehn Millionen Einheiten brauchen. China kommt demnach bis 2025 auf einen Bedarf von rund vier Millionen Ladestellen. Vergleichsweise niedrig ist der Bedarf in den USA. Das liegt vor allem daran, dass die Studie davon ausgeht, dass Elektroautos in Nordamerika besonders langsam angenommen werden.

Strom wird oft kostenlos an E-Autos abgegeben

Um die Akzeptanz von Elektroautos weltweit zu steigern, werde heute vielfach der Strom an Ladesäulen sehr günstig oder sogar ganz umsonst abgegeben, schreiben die UBS-Analysten. Sie gehen davon aus, dass dieser Trend anhalten wird, da die verschiedenen Anbieter versuchen werden, Marktanteile zu gewinnen.

Das habe allerdings zur Folge, dass es viele Jahre dauern werde, bis die hohen Investitionskosten wieder eingespielt werden. Ob sich für private Anbieter überhaupt ein lukratives Geschäftsmodell ergebe, bleibe abzuwarten.

In der Studie machen die Banker eine Beispielrechnung auf: Eine Schnellladestelle koste bis zu 35.000 Dollar. Um die Investitionskosten wieder einzuspielen, müssten fünf Jahre lang 4300 E-Autos jährlich dort wieder aufgeladen werden. Gewinn hätte eine solche Station dann immer noch nicht gemacht.

Charge Point investiert 400 Millionen Euro

Dennoch gebe es private Unternehmen, die teils erhebliche Summen in eigene Ladenetzwerke investierten. In der Studie wird insbesondere Charge Point genannt. Das Start-up, in das unter anderem BMW und Daimler investiert haben, hat bereits rund 39.000 Ladestellen installiert, insgesamt stünden dem Unternehmen rund 400 Millionen Dollar zur Verfügung.

Darüber hinaus gibt es mit Ionity ein Gemeinschaftsunternehmen von Daimler, BMW, VW und Ford, das in Europa 400 Schnellladestationen bis 2020 aufbauen will. Dafür kooperiert Ionity mit Shell. Die Schweizer Analysten erwarten, dass auch andere Ölunternehmen in das Geschäft mit Ladesäulen einsteigen werden.

Vieles spricht angesichts der extrem hohen Investitionen dafür, den Aufbau der Ladeinfrastruktur noch stärker zu fördern. Der Präsident des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), Andreas Obersteller, schlug deshalb diese Woche in der Zeitunng Die Welt vor, Teile der Fördergelder, die eigentlich als sogenannter Umweltbonus den Kauf von Elektroautos attraktiver machen sollten, umzuwidmen.

 

Umweltbonus für E-Autos für Ladesäulen umwidmen

„Aktuell spricht einiges dafür, dass die Mittel nicht bis zum Ende der Förderung Mitte 2019 ausgeschöpft sind“, sagte Obersteller. „Die neue Bundesregierung könnte einen Teil des Budgets umwidmen und für die Förderung privater Ladeinfrastruktur bereitstellen. Diese Unterstützung könnte beispielsweise von Handwerkern, Hotelbetrieben oder Wohnanlagen genutzt werden.“

Während der Investitionsbedarf in Ladesäulen bereits in den kommenden acht Jahren stark ansteigt, kommen die Analysten der UBS zu dem überraschenden Ergebnis, dass der zusätzliche Strombedarf für Elektroautos zumindest bis 2025 überschaubar bleibt.

Die Energienachfrage werde durch die E-Mobilität zunächst je nach Region nur um 0,4 Prozent bis 1,5 Prozent steigen, heißt es in der Studie. Erst in der Zeit bis 2035 werde der Bedarf um zwölf bis elf Prozent deutlicher ansteigen. Das liege vor allem an der Entwicklung in China, wo ab 2035 Elektroautos etwa sieben Prozent des gesamten Energiebedarfs ausmachen werden.

Was der Strom für ein E-Auto jährlich kosten wird

Für ihre Berechnungen haben die Banker je nach Region unterschiedliche Elektroautos herangezogen. Während für China ein Modell des dortigen E-Autobauers BYD als Grundlage dient, basieren die Berechnungen für die USA auf einem Tesla, für Europa auf einem BMW i3. Für Europa geht die UBS von einem Elektroanteil bei den Neuzulassungen von 29 Prozent im Jahr 2025 aus, schon zehn Jahre später glauben die Analysten, dass nur noch Elektroautos neu zugelassen werden.

In China liegt der Anteil 2025 bei 21 Prozent, 2035 gehen die Banker auch dort von 100 Prozent Elektroanteil aus. In den USA laufe die Entwicklung deutlich langsamer, dort sollen 2025 nur sechs Prozent der neuen Autos elektrisch sein, zehn Jahre später geht die Studie von 50 Prozent aus. Der zusätzliche Energiebedarf liegt für Europa daher 2025 am höchsten mit einem Plus von 1,5 Prozent, zehn Jahre später solle die Zusatznachfrage 11,7 Prozent betragen.

Die Analysten haben auch berechnet, was es pro Jahr kosten wird, ein durchschnittliches Elektroauto mit Strom zu versorgen. Für Deutschland geht die Studie von einem Verbrauch von 2700 Kilowattstunden aus. Legt man den Strompreis von 2015 zugrunde, würde das jährliche Kosten für den Betrieb des Elektroautos von 891 Dollar (740 Euro) bedeuten. Dank niedrigerer Energiepreise kommen Amerikaner und Chinesen deutlich günstiger davon. In China koste der Strom für ein E-Auto durchschnittlich nur 561 Dollar jährlich, in den USA sogar nur 540 Dollar.

Bild: Getty Images / DWestend61

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.