Auch Gepäck einladen gehört für die Busfahrer dazu – hier am Busbahnhof im italienischen Turin.

Erst vor zwei Wochen verkündete Flixmobility eine Mega-Finanzierungsrunde: Investoren steckten rund 500 Millionen Euro in das Startup, das mittlerweile mit mehr als zwei Milliarden Euro bewertet wird. Trotz Erfolgsmeldungen geriet das Unternehmen in letzter Zeit häufiger in die Kritik. Erst im Mai hatte ein Flixbus einen schweren Unfall auf der A9 bei Leipzig, bei dem eine Frau starb und neun Menschen schwer verletzt wurden. Vergangene Woche beschwerten sich dann zahlreiche Fahrgäste über die Züge, die das Unternehmen unter der Marke Flixtrain betreibt.

Jetzt hat der Spiegel eine Recherche zu den Arbeitsbedingungen der Fahrer der grünen Busse veröffentlicht. Das Magazin sprach dafür mit mehreren Busfahrern, die im Auftrag von Flixbus unterwegs sind. Die Recherche legt schlechte Arbeitsbedingungen offen: Die Befragten fahren nach eigener Aussage lange Strecken, werden schlecht bezahlt und machen unbezahlte Überstunden. Dies gilt insbesondere für viele Osteuropäer, die bei Subunternehmen angestellt sind.

Denn die Fahrer arbeiten nicht direkt für Flixmobility, sondern für eines der weltweit 300 Busunternehmen, die mit dem Startup kooperieren. Flixmobility wiederum fungiert als Plattform – es legt die Ticketpreise fest und beauftragt die Subunternehmer.

Hier die konkreten Ergebnisse der Spiegel Online-Recherche:

  • Die Fahrer fahren länger als erlaubt: Einer gibt an, 200 bis 250 Stunden im Monat zu fahren. Nach EU-Regeln sind pro Monat maximal 180 Stunden erlaubt.
  • Osteuropäische Fahrer werden im Vergleich mit deutschen Kollegen schlechter bezahlt: Laut Spiegel-Recherche bekommen deutsche Fahrer regionale Tariflöhne oder noch mehr, von bis zu zwölf bis fünfzehn Euro brutto ist die Rede. Osteuropäer hingegen erhalten in Deutschland oft nicht viel mehr als den Mindestlohn. Noch schlechter werden sie demnach bezahlt, wenn die Touren in ihren Heimatländern starten, denn der deutsche Mindestlohn in Höhe von 9,19 Euro gilt erst ab der deutschen Grenze. Davor haben die Fahrer nur Anspruch auf den Mindestlohn des Nachbarlandes. Laut Spiegel beträgt der in Tschechien umgerechnet 3,11 Euro pro Stunde. Sechs der Fahrer, die das Magazin interviewt hat, erhalten Monatslöhne von 1.000 bis 1.700 Euro brutto. Das ergibt einen Stundenlohn etwa 5,60 bis 9,40 Euro.

Flixmobility äußert sich dazu gegenüber dem Nachrichtenmagazin so: Wegen Fahrermangel lägen die Gehälter „in den allermeisten Fällen signifikant über dem gesetzlichen Mindestlohn“. Das Münchner Unternehmen gibt außerdem an, dass man nicht zwischen deutschen und ausländischen Fahrern unterscheide. Darum gebe es auch keine Statistik zur Herkunft der Fahrer.

  • Die Fahrer machen unbezahlte Überstunden: Laut Spiegel-Artikel liegt die wirkliche Arbeitszeit der Fahrer teilweise deutlich höher als die aufgezeichnete. Ein Fahrer erzählte dem Magazin, wie er bei Fahrtverzögerungen mit seiner Fahrerkarte habe tricksen müssen, die seine Arbeitszeit protokolliert. Diese Überstunden habe er nicht bezahlt bekommen. Zusätzliche Tätigkeiten wie zum Beispiel Gepäck einladen, Passagiere einchecken, den Bus und die Toilette säubern werden laut den Fahrern ebenfalls nicht vergütet.

Flixbus widerspricht diesen Vorwürfen. Zusätzliche Aufgaben gehörten zur normalen Arbeitszeit und würden deshalb auch entsprechend entlohnt, zitiert der Spiegel das Unternehmen.

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Bild: Getty Images / Stefano Guidi