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Wittert viel Geschäft in China: Forto-Mitgründer Michael Wax

Erst die Coronakrise, dann geht der bisherige CEO Ferry Heilemann, nun nach starken Wachstumsmonaten eine 20-Millionen-Euro-Kreditfinanzierung: Es waren bewegte Monate beim Berliner Logistik-Startup Forto (vormals Freighthub). Wir haben mit dem Mitgründer Michael Wax darüber gesprochen, was sich mit der neuen Führungskonstellation ändert, wie das Unternehmen bislang durch die Krise gekommen ist und was die Ziele für die nächsten Monate sind.

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Michael, warum zwanzig Millionen und warum jetzt?

Der EIB-Kredit hat ungefähr die gleiche Höhe wie die Serie-B-Finanzierung. Wir wollten uns jetzt noch eine Kapitalspritze holen, um weiter in unsere Technologie zu investieren und unser Geschäft auszubauen. Wir sind vom ersten auf das zweite Quartal um etwa 100 Prozent gewachsen. Im Vergleich zum vorherigen Jahr lagen wir im April etwa beim fünffachen Umsatz.

Ihr seht euch also als Gewinner der Corona-Krise.

Er wurde jedenfalls sehr deutlich, wie wichtig digitale Lösungen für die Logistikbranche sind und wie wichtig Logistik insgesamt für den Standort ist. Man kriegt ja von Beschaffungsketten, die im Hintergrund ablaufen, gemeinhin wenig mit. Jetzt wollen wir unsere Plattform weiter ausbauen und in weitere Länder expandieren.

Ihr konntet auch während der Krise weiter wachsen – heißt das, viele eurer Kunden sind Händler oder E-Commerce-Anbieter?

Der überwiegende Teil kommt aus dem Consumer-Goods-Bereich. Home24, Zalando, Obi oder Edeka zum Beispiel. Wir reden also über Dinge von den Nüssen, die in der Ritter-Sport-Schokolade landen, über den Sonnenstuhl auf dem Balkon des Nachbarn bis hin zu den Schuhen, mit denen man morgens durch den Volkspark joggt.

Bleibt die Frage, warum ihr einen Kredit aufgenommen habt statt eine Eigenkapital-Runde zu machen.

In den USA haben fast zwei Drittel aller Firmen, die irgendwann einen IPO machen, einmal Venture Debt aufgenommen. Hier in Deutschland ist das noch nicht so verbreitet, auch weil die Konditionen oftmals nicht so attraktiv sind. Wir sind in der angenehmen Situation, in einem der wenigen Bereiche tätig zu sein, in die die Europäische Investmentbank investiert.

Einer der Gründe, warum Firmen vor dem Börsengang gerne Fremdkapital aufnehmen, ist, dass es sich positiv auf die Eigenkapitalrendite auswirkt – darauf schauen Anleger gern. Habt ihr Börsenpläne?

Wir sind angetreten, um ein Unternehmen aufzubauen, das langfristig erfolgreich ist. Für Gründer in einer frühen Phase gibt es da kaum einen anderen Weg, als irgendwann einmal ein Public Offering anzustreben. Wir entwickeln uns bislang entlang unserer Erwartungen, aber momentan ist es noch etwas zu früh, konkret über so etwas nachzudenken.

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Du sagst, ihr wollt geografisch expandieren. Kannst Du das konkretisieren?

Forto hat aktuell etwa dreihundert Mitarbeiter, etwa die Hälfte davon in Berlin. Hier sitzen die Kernteams – Produkt und Technologie etwa oder ein Teil des Salesteams. Aber wir haben mittlerweile auch eine große Dependance in Hamburg und mehr als fünfzig Mitarbeiter in China, die Büros sind in Hongkong, Shanghai, Shenzen und Ningbo. Nun wollen wir innerhalb Asiens noch größer werden, bald kommt ein Büro in Singapur dazu. Über siebzig Prozent der Volumina, die wir heute nach Europa einführen, kommen aus Asien. Aber auch in Europa wollen wir noch mehr Marktanteile gewinnen, das bisherige Wachstum kommt zu einem großen Teil von deutschen Kunden. Wir haben also noch viel Potenzial.

Wie sieht es mit anderen Regionen aus, zum Beispiel Südamerika?

Das ist ein spannender Markt. Aber im Moment steht er für uns noch nicht im Fokus, das wird erst in fünf bis zehn Jahren kommen.

Ihr konkurriert mit Unternehmen wie DHL, DB Schenker oder Kühne + Nagel. Die stammen aber aus der alten Welt. Wer sind Eure größten digitalen Wettbewerber?

Es gibt weltweit mehr als einhunderttausend Logistikfirmen, die ähnliche oder vergleichbare Dienstleistungen anbieten. Wenn wir um Neukunden buhlen sind wir etwa mit zehn- bis fünfzehntausend davon im Wettbewerb, also nicht nur den bekannten großen Unternehmen. Mit Blick auf die digitalen Dienstleistungen sehen wir aber nur den US-Anbieter Flexport als Konkurrenz an. Die Firma hat in den letzten Jahren beeindruckend gezeigt, was bei der Digitalisierung der Logistik möglich ist.

Mit Firmen wie dem Berliner Logistik-Startup Sennder seht ihr euch nicht im Wettbewerb? Was unterscheidet euch?

Wir ergänzen uns eher, auf dem letzten Teil des Transportwegs, dem Landweg, könnte Sennder sogar ein Partner für uns sein. Forto beschäftigt sich mit der weltweiten Beförderung von Containern, Sennder kümmert sich um Landfracht.

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Du sagst „könnte ein Partner sein“ – gibt es schon Ansätze zu einer Zusammenarbeit?

Ich habe David (Nothacker, CEO und Mitgründer von Sennder, Anm. d. Red.) vor einigen Jahren zufällig während eines Fluges kennengelernt, da saßen wir nebeneinander und arbeiteten an unseren Pitchdecks. Seitdem verbindet uns eine freundschaftliche Partnerschaft und wir stehen im regelmäßigen Austausch.

Bislang war dein Mitgründer Ferry Heilemann der Frontmann von Forto, nun hat er das Amt des CEO niedergelegt. Was ändert sich, wenn er nicht mehr dabei ist?

Erst einmal nichts. Ferry unterstützt uns auch weiterhin, nur in einer anderen Rolle. Michael Ardelt, unser bisheriger COO, hat die Verantwortung für People und Operations übernommen, ich die für Finance und Fundraising. Der Kurs von Forto wird der gleiche bleiben.

Was sind die Meilensteine für die kommenden Jahre?

Zum Ersten natürlich: Forto soll wachsen. Zum Zweiten: Wir wollen nicht mehr nur als Transport-Dienstleister wahrgenommen werden, sondern wollen unsere Supply-Chain-Software weiter am Markt etablieren. Und zum Dritten: Wir möchten nicht nur den Waren- sondern auch den Finanzverkehr abbilden – also auch Finanzierung anbieten.

David Nothacker hat für Sennder ein klares Ziel ausgerufen: Eine Milliarde Euro Umsatz bis 2024. Um das erreichen zu können, will er auch andere Unternehmen zukaufen. Habt ihr auch solch ein konkretes Ziel, steht anorganisches Wachstum also auch bei Forto auf dem Plan?

Wir haben in der Vergangenheit schon Zukäufe getätigt und werden sicherlich auch in der Zukunft auf diesem Weg wachsen. Wir schauen uns dafür immer wieder international um, aber konkret steht kein Zukauf an.

Bild: Forto
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