Die Geld-für-Flug-Macher: Benedikt Quarch, Phillip Eischet und Torben Antretter (von links)

In der Startup-Szene gibt es immer wieder Bereiche, die plötzlich zum Hype werden und in kurzer Zeit von mehreren Gründern gleichzeitig bedient werden. Vor rund zwei Jahren war das Flugrechte-Feld eines dieser Hypes. Wirkaufendeinenflug, Compensation2go, Euflight und Flightright kämpften um Marktführerschaft. Diese Startups bieten Fluggästen eine Entschädigung an, wenn deren Flug ausfällt.

Im letzten Jahr ist ein neues Startup auf dem Markt aufgetaucht – und das mit Fanfaren: das Düsseldorfer Unternehmen Geld-für-Flug. Das ein Jahr alte Startup blieb bislang unter dem Radar und verfolgt einen etwas abgeänderten Ansatz: Es zahlt Fluggästen Geld aus, wenn diese ihren Flug stornieren wollen. Für dieses Konzept bekam das Unternehmen 25 Millionen Euro, wie das Handelsblatt im März berichtete. TV-Juror und Investor Carsten Maschmeyer beteiligte sich über seine Gesellschaft Seed & Speed gemeinsam mit der Investmentgesellschaft EPI Startup Fund aus Liechtenstein. 

Die Idee kam Gründer Phillip Eischet, als er selbst einen Flug nicht antreten konnte, erzählt er im Gespräch mit Gründerszene. Trotz seiner Bemühungen habe ihm die Fluggesellschaft kein Geld zurückgezahlt. „Das kam mir unfair vor, der Prozess war langwierig und ich musste am Ende ernüchtert feststellen, dass ich keinen einzigen Cent für meine Flugstornierung bekommen würde“, erinnert sich der 25-Jährige heute. 

Geld gibt es immer zurück

Gemeinsam mit seinen Mitgründern Benedikt Quarch und Torben Antretter begann er nachzuforschen, ob es legal ist, wenn sich die Fluggesellschaften weigern, Stornierungen zu akzeptieren. Denn meist tun sie das: Airlines wie Eurowings oder Ryanair bieten Tarife an, die zwar günstig sind, aber laut deren Webseiten nicht zu stornieren sind. Dabei machen sie sich offenbar zu nutzen, was viele Fluggäste nicht wissen: Fluggesellschaften müssen zumindest einen Teil des Kaufpreises zurückzahlen, darunter die sogenannten Steuern und Gebühren, wozu etwa die Luftverkehrsteuer oder Flughafengebühren zählen.

„Daraus ist die Idee entstanden, ein Factoring-Modell zu bauen, das dem Kunden den Stornierungsprozess abnimmt und ihm möglichst schnell Geld für den Flug auszahlt“, erklärt Eischet. Das bedeutet: Das Startup kauft dem Kunden die Rechte an dem Flugticket ab und zahlt diesem „innerhalb von 24 Stunden“ eine Summe aus. Der Gesamtbetrag hängt von verschiedenen Faktoren ab und kann daher nicht pauschal genannt werden. Dann beginnt das Team, das Geld von der Fluggesellschaft einzufordern, gegebenenfalls auch vor Gericht und mit Partneranwälten. Laut Webseite erhält der Kunde letztendlich immer die Summe, die Geld-für-Flug auch vorab angeboten hat. Zahlt die Airline mehr Geld zurück als Geld-für-Flug ausgerechnet hat, behält sich das Startup die Differenz. Wie viel das im Durchschnitt ist oder wie viel Umsatz das Unternehmen 2017 einnahm, behalten die Gründer für sich.

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Bislang haben die drei Gründer mit ihrem zehnköpfigen Team nach eigenen Angaben 10.000 Anträge von Kunden bearbeitet. Bei 97 Prozent der Fälle hätten sie von den Fluggesellschaften Erstattungen einholen können. Das neue Kapital soll unter anderem dafür genutzt werden, den Kunden Geld auszuzahlen und die Zeit überbrücken zu können, bis sie selbst Geld von den Fluggesellschaften bekommen. Das könne einige Monate dauern, sagen die Gründer. Neben Privatkunden plant das Startup auch eine engere Zusammenarbeit mit Unternehmenskunden wie Reisebüros.

Mittlerweile träten auch Fluggesellschaften mit ihnen in Kontakt, sagen sie. „Du kannst dir das so vorstellen: Wenn ich dich 50 Mal vor Gericht verklage, 50 Mal gewinne und du die 51. Klage auf dem Schreibtisch hast, dann greifen schon mal die einen oder anderen zum Hörer, um zu sehen, ob wir das nicht vielleicht außergerichtlich regeln“, erzählt Mitgründer Antretter nicht ohne Stolz. 

Die Konkurrenz ist stillgelegt 

Bislang brachte Geld-für-Flug Fluggesellschaften auch dazu, zum Teil mehr als nur Steuern und Gebühren zu zahlen – zum Beispiel wenn die Airlinies das stornierte Ticket wieder verkaufen und dadurch den Sitzplatz füllen können oder zusätzliche Kosten wie Gepäckgebühren angefallen sind. Doch Mitte März fällte der Bundesgerichtshof ein Urteil, welches den Service des Startups nun einschränkt: Mehr als Steuern und Gebühren müssen die Fluggesellschaften nicht mehr erstatten – unabhängig davon, ob der Flug voll ausgelastet ist oder nicht. 

Die Verbraucherplattform Fairplane, die mit TicketRefund einen Konkurrenten zu Geld-für-Flug anbietet, hat deshalb sein Portal vorerst stillgelegt. „Leider können wir aufgrund des Urteils des BGH im Moment keine neuen Fälle für TicketRefund zur Bearbeitung annehmen“, heißt es auf der Webseite. Man müsse das Urteil zunächst prüfen. 

Die Düsseldorfer Gründer geben sich hingegen selbstbewusst: „Das Urteil schränkt erst einmal Verbraucherrechte ein, aber es sind vor allem Leute betroffen, die Langstreckenflüge buchen“, sagt Quarch. Ihr Fokus liege hingegen auf kürzeren und günstigeren Strecken und der Erstattung von Steuern und Gebühren, die bei solchen Flügen den Großteil des Preises ausmachen. Das Gründerteam glaubt, dass Kunden weiterhin ihren Service nutzen werden, statt sich selbst um Stornierungen zu kümmern – um schneller an ihr Geld zu kommen und sich Papierkram zu sparen. „Und das letzte Worte ist in der Sache auch noch nicht gesprochen“, fügt Quarch hinzu.

Dennoch wollen die Gründer ihren Erstattungsansatz auch auf andere Segmente übertragen. „Die Diskrepanz zwischen Recht haben und Recht bekommen zu überbrücken, trifft auf viele Bereiche im Konsumentenrecht zu“, erklärt Eschet. „Unser Plan ist, das, was wir erfolgreich im Flugbereich machen, auf andere Verticals zu übertragen.“ Welche Felder das sind, verraten die drei nicht.

Bild: Geld-fuer-Flug.de