Im Fall eines Sturzes öffnet sich der Airbag des Helms automatisch.

Fahrräder erleben seit Beginn der Corona-Krise eine Renaissance. Auf Gründerszene berichten wir daher eine Woche lang, was Startups an Plattformen, Gadgets und Services zu bieten haben und wie sie die Krise erleben. 

Ein gewöhnlicher Fahrradhelm ist unpraktisch und sieht oft blöd aus. Wohl deswegen fahren viele Menschen immer noch ohne Helm. Ein schwedische Unternehmen hat den Airbag-Helm Hövding für 299 Euro entwickelt, der sich wie ein Schal um den Hals tragen lässt und in vielen Fahrradgeschäften Berlins angepriesen wird. Zwei Gründerszene-Redakteure haben ihn gekauft und über eine längere Zeit hinweg getragen und ausgiebig getestet. Was halten sie von dem Produkt? Die Meinungen gehen auseinander. 

Mit diesen Startup-Gadgets motzt ihr euer Fahrrad auf

Gründerszene-Redakteur Marco Weimer sagt: „NEIN, ich würde den Hövding-Helm nicht noch mal kaufen“

Im Großstadtverkehr wie Berlin keinen Helm zu tragen, ist lebensgefährlich. Wer aus Eitelkeit oder Bequemlichkeit dennoch nichts auf dem Kopf tragen will, findet im Hövding eine gute Alternative. Glücklich bin ich trotzdem nicht mit dem Fahrrad-Airbag aus Schweden geworden.

Als ich mir Mitte 2019 den Hövding 2.0 für rund 300 Euro besorgt habe, war ich noch mit einem Trekking-Rad unterwegs. Heißt so viel wie: weitestgehend aufrechte Sitzposition. Die Halskrause sitzt bequem. Während es allmählich kälter wurde, war der Hövding zudem praktisch, da er den Schal ersetzte. Der Akku hatte eine lange Betriebszeit und auch so habe ich mich schnell daran gewöhnt, darauf zu achten, ihn erst einzuschalten, sobald ich aufs Fahrrad stieg. Gleiches Spiel beim Absteigen.

Der Hintergrund: Im Netz berichten viele Leute, dass der Airbag überraschend aufging. Die Kosten trägt der Kunde dann selbst, um den Airbag mit einer neuen Patrone wieder aufladen zu lassen. Darum empfiehlt der Hersteller ihn nur während der Fahrt zu aktivieren.

Die Gewöhnung war für mich kein Problem, der Handgriff schnell eingespielt. Als das Gerät dann allerdings im Januar 2020 keinen Mucks mehr von sich gab, brachte auch das vorschriftsmäßige Ein- und Ausschalten nichts mehr. Ich schickte das Gerät über den Händler ein. Zwei Wochen vergingen. In der Zwischenzeit bin ich auf ein Rennrad umgestiegen. Als ich dann die neuste Version des Hövdings 3.0 anstandslos zugeschickt bekam, hatte sich meine Fahrposition so verändert, dass der Hövding im Nacken drückte.

Obwohl das neueste Modell von der Halskrause variabel einstellbar ist, kann ich das Gerät nicht für Fahrpositionen ab einem Neigungswinkel des Oberkörpers von mehr als 45 Grad empfehlen. In meinem Fall habe ich keinen klassischen Rennradlenker (der sich wie eine Schnecke rollt), sondern eine gerade Lenkerstange, wodurch meine Rückenposition vergleichsweise wenig geneigt ist. Trotzdem drückt der Airbag, vor allem wenn man dickere Kleidung und einen Rucksack trägt.

Fazit: Der Service ist top, das Gerät ist hochwertig verarbeitet. Man kann die Überzüge auswechseln, wenn sie verschwitzt sind. Batterieleistung ist sehr gut und auch die Warnsignale beim Ein- und Ausschalten sind hilfreich. Das Gerät ist nicht für sportlichere Räder. Sobald man eine dickere Jacke oder einen Rucksack trägt, wird es eng um den Hals herum. Für das Geld lieber vorher eine Weile testen, ob es einem taugt.

Bild: Hövding

Sobald der Airbag ein Mal geöffnet ist, muss der ganze Hövding eingeschickt und die Kartusche ersetzt werden. Die Kosten trägt der Verusacher des Unfalls, bei Fehlzündigung der Hersteller oder wenn man selbst schuld ist der Besitzer.

Gründerszene-Redakteurin Hannah Scherkamp sagt: „JA, ich empfehle den Hövding-Helm weiter – zumindest unter Vorbehalt.“

Ich fahre seit meiner Kindheit überall mit dem Fahrrad hin, einen Helm hatte ich aber nie. Heute habe ich zwei Kinder und nach der Geburt meines ersten Sohnes dachte ich: Ich trage nun mehr Verantwortung, ich sollte möglichst sicher radfahren. Einen gewöhnlichen Helm wollte ich trotzdem nicht, vor allem weil ich zu eitel war. Für mich ist der Hövding-Helm sehr gut geeignet, denn ich trage ihn wie einen Schal um meinen Hals und empfinde es auch als einigermaßen bequem. Ich fahre ein Hollandrad und sitze sehr aufrecht – das muss ich wohl dazusagen, denn mein Kollege Marco hat mit seinem Rennrad eine andere Erfahrung gemacht (siehe erste Seite).

Der Hövding-Helm sieht vergleichsweise gut aus. Für mich ist das ein wichtigstes Argument. Aber ist er auch sicher? Das ist natürlich entscheidend. Dazu kann ich keine klare Antwort geben, ich hatte noch nie einen Unfall mit dem Helm. Und der Hövding ist mir auch noch nicht versehentlich aufgegangen. Aber: Ich habe ihn mal an meinen Mann verliehen, der einem Auto ausweichen musste, das zu schnell aus einer Ausfahrt gefahren kam. Er ist dabei fast hingefallen und da ging der Airbag tatsächlich auf. Er funktioniert also! Weil mein Mann schlussendlich nicht hingefallen ist, hat Hövding ihm anstandslos einen neuen Helm gegeben. Auch das fand ich super.

Eine Freundin von mir ist kürzlich tatsächlich mit dem Fahrrad hingefallen und auch bei ihr hat der Hövding funktioniert und Schlimmeres verhindert. Sie hat den Helm nicht komplett ersetzt bekommen, schließlich ist sie ja tatsächlich gestürzt. Aber immerhin hat sie einen neuen Hövding für 100 Euro weniger (199 Euro) im Rahmen des sogenannten Crash-Replacement-Programms der Firma erhalten.

Fazit: Auch wenn ich selbst noch nie einen Unfall hatte und den Hövding deswegen in keiner Extremsituation getestet habe, bin ich bisher sehr zufrieden mit dem Produkt und dem Service. Auch von Freunden habe ich bisher nur Positives gehört. 

Bild: Hövding