Die Konkurrenz auf dem Taximarkt wächst, immer mehr Anbieter drängen auf den Markt. Doch Johannes Mewes gibt sich selbstbewusst. „Grundsätzlich befürworten wir Wettbewerb“, sagt der Mytaxi-CPO im Interview mit NGIN Mobility. Sein Bruder Niclaus Mewes hatte Mytaxi im Jahr 2009 zusammen mit dem Cousin Sven Külper gegründet. 2014 stieg der Automobilhersteller Daimler bei dem Dienst ein, mittlerweile gehört die App fast vollständig dem Stuttgarter Konzern. Bundesweit arbeiten derzeit 18.000 Fahrer für den App-Anbieter, ein Plus von 4.300 gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt ist Mytaxi in über 70 Städten und in elf europäischen Ländern verfügbar.

Immer wieder steht Mytaxi in der Kritik – vor allem die Provisionsmodelle und Rabattaktionen lösen Unmut aus. Zuletzt entstand durch einen Zeit-Artikel der Eindruck, Mytaxi wolle sich dazu nicht äußern. Ein Missverständnis, wie sich herausstellte. Wir haben noch einmal genauer nachgefragt. Johannes hat mit uns über frühere Fehler und über die Strategie für 2018 gesprochen – und verraten, mit welchen Konzepten sich das Unternehmen gegen neue Wettbewerber behaupten will. 

Johannes, im Dezember habt ihr Mytaxi Match eingeführt, bei dem sich zwei Fahrgäste ein Taxi teilen und dadurch Kosten sparen können. Wie läuft’s?

Wir wickeln in Hamburg derzeit zehn Prozent der aktuellen Bestellungen über Mytaxi Match ab und konnten eine neue Zielgruppe adressieren. Indem wir ein günstigeres Angebot schaffen, erreichen wir auch diejenigen, für die Taxifahren vorher keine Option war. Die höchste Nachfrage besteht – erwartungsgemäß – am Wochenende. Derzeit erreichen wir eine Matching-Rate von über 20 Prozent. Das heißt, dass bei mehr als jeder fünften Fahrt tatsächlich zwei Personen, die eine ähnliche Reiseroute haben, zusammengeführt werden.

Seid ihr damit zufrieden?

Wir sind da ganz ehrlich, die kritische Masse haben wir in Hamburg zum Beispiel noch nicht erreicht. Bisher ist die Anzahl der abgewickelten Fahrten noch nicht so hoch, um daraus Aussagen über das künftige Angebot ableiten zu können. Für eine solide Datenbasis, auf deren Grundlage wir unseren Algorithmus verbessern können, benötigen wir noch mehr Kunden und Fahrten. Erst dann werden wir entscheiden, in welchen Hamburger Stadtteilen wir das Angebot weiter ausrollen werden. Denkbar wäre auch, das Angebot zeitlich oder geografisch einzuschränken oder eine einstündige Bestellung im Voraus zur Voraussetzung zu machen. Zum jetzigen Zeitpunkt nur so viel: Wir werden Mytaxi Match in Kürze auch in weiteren Städten anbieten, im Gespräch sind Berlin und München – dann vielleicht mit einer Erweiterung wie beispielsweise einem Shuttle-Service.

Was genau plant ihr?

Zusätzlich zu Pkws könnten wir auch Großraumwagen einsetzen, die mehrere Reisende mit einer ähnlichen Route zusammenführen und zu ihrem Ziel bringen. Je mehr Fahrer sich ein Fahrzeug teilen, desto günstiger wird die Fahrt für den Einzelnen.

Mit einem solchen Angebot seid ihr nicht die Einzigen: Eine ganze Reihe von Anbietern haben Shuttle-Services angekündigt. Wie wollt ihr euch von Wettbewerbern wie Moia in Hamburg unterscheiden?

Mytaxi Shuttle wäre im Prinzip nichts anderes als ein Sammeltaxi. Wir haben allein in Hamburg über 2.000 angeschlossene Fahrer, eine Flotte mit weit mehr als 1.500 Taxis und viele Großraumtaxis auf der Straße. Unsere Mitbewerber wollen ihren Service mit hunderten von Neufahrzeugen starten. Da stellt sich die Frage: Warum noch mehr Fahrzeuge, wenn diese bereits da sind? Außerdem finden wir: Für alle Beteiligten sollten die gleichen Konditionen gelten. Grundsätzlich befürworten wir Wettbewerb. Wann allerdings ein neuer Service wie „Shuttle“ gelauncht wird, wird aktuell noch evaluiert.

Setzt ihr bei der Einführung eines solchen Angebots auf die Zusammenarbeit mit Partnern?

Aus Kundensicht sind grundsätzlich Konzepte interessant, die Mobilität von Tür-zu-Tür bieten. An solchen Konzepten arbeiten auch Flug- und Bahngesellschaften. Mit einigen sind wir im Gespräch.

Eure Wettbewerber werben teilweise mit umweltfreundlichen E-Autos. Die herkömmliche Taxiflotte ist kaum elektrifiziert. Gibt es da Pläne?

Auch wir bieten eine Buchungsoption in der App an, über die Reisende ein umweltfreundliches Taxi buchen können. Indem wir die Fahrgäste in den bereits vorhandenen Fahrzeugen bündeln, wollen wir insgesamt die Anzahl der Fahrzeuge auf der Straße reduzieren und verbessern damit die Ökobilanz. Der Umstieg und die Aufrüstung auf E-Autos oder andere umweltfreundliche Antriebstechnologien ist etwas, das sicher die gesamte Automobilbranche heute sehr stark umtreibt.

Wie steht es um eure Expansionspläne für dieses Jahr? Bisher seid ihr in elf EU-Ländern aktiv.

Wir expandieren laufend weiter in neue Städte, Manchester und Edinburgh stehen zum Beispiel schon auf unserem Plan. Generell liegt der Fokus bei uns auf Europa.

In einigen Ländern habt ihr bereits dort ansässige Wettbewerber übernommen, wie Clevertaxi in Rumänien. Was ist eure Strategie dahinter?

Wir haben einen sehr lokalisierten Ansatz und versuchen, unser Produkt an die jeweiligen Kunden, die Taxifahrer und an die Städte anzupassen. Das braucht Zeit. Die Übernahme von Wettbewerbern, die den Markt bereits kennen, ist deshalb eine Möglichkeit für uns, das Wachstum zu beschleunigen.

Ein anderes Thema: die Vergütung der Taxifahrer. Die Fahrer müssen eine Provision in Höhe von sieben Prozent an Mytaxi zahlen. Wie ist das zustande gekommen?

Wir haben eine Umfrage unter den Fahrern gemacht, wie viel Prozent angemessen sind. Die Zahlungsbereitschaft lag im Durchschnitt sogar bei bei fast neun Prozent. Wir haben uns auf Basis der Umfrage für die sieben Prozent entschieden. Entscheidend war dabei, wieder Ruhe ins Gewerbe zu bringen. Generell setzen wir auf eine enge Zusammenarbeit mit unseren Fahrern. Das Feedback von ihnen war und ist uns enorm wichtig.

Also war das zuerst eingeführte Marktplatzmodell rückblickend ein Fehler?

Ja. Aber wir haben daraus gelernt. Nur so können wir besser werden. Unser Ziel war damals, in Zeiten hoher Nachfrage ausreichend Touren anbieten zu können. In solchen Zeiten sollten die Fahrer die Möglichkeit bekommen, weniger Geld an uns bezahlen zu müssen. Doch das hat eben nicht wie gewünscht funktioniert.

Was macht ihr heute, um trotzdem in Zeiten hoher Nachfrage genügend Touren wegzufahren?

Unter anderem haben wir ein Gold-Silber-Bronze-Programm eingeführt. Die Fahrer, die in starken Zeiten die Touren wegfahren, bekommen dann entsprechend auch in nachfrageschwachen Zeiten mehr Touren.

Heute steht ihr noch mit Euren Rabattaktionen in der Kritik. Viele Taxifahrer und -kunden haben damit ein Problem, denn eigentlich gelten Festpreise in der Branche. Warum haltet ihr trotzdem daran fest?

Solche Aktionen sind für uns ein Marketinginstrument, wie es auch in anderen Branchen eingesetzt wird. An diesen Kanal glauben wir nach wie vor – und haben deshalb auch Revision eingelegt. Außerdem steht die Taxibranche vor großen Herausforderungen, viele Wettbewerber drängen in den Markt. Dementsprechend wollen wir unseren Kunden attraktive Angebote bieten. Absolutes Must-Have bei solchen Aktionen ist aber immer: Der Fahrer erhält am Ende den Preis, der auf dem Taxameter steht. Dafür stehen wir ein und tragen die Kosten für eine solche Marketing-Aktion. Dabei halten wir uns selbstverständlich an die bestehende Taxitarif-Ordnung.

Bild: Mytaxi