Ex-Rennfahrer Nico Rosberg investiert jetzt in Startups.

 

Er ist ein begehrtes Fotomotiv an diesem Abend. Nico Rosberg hat Promi-Status. Bei der Gala zur Verleihung der Green-Tec-Awards am Sonntag, bei dem Studenten, Tüftler und Promis für ihr Engagement beim Umweltschutz ausgezeichnet werden, posiert der Ex-Rennfahrer auf dem grünen Teppich.

2016 wurde der Deutsch-Finne Formel-1-Weltmeister. Hier in München hat der heute 32-Jährige wieder eine Trophäe in der Hand. Die glänzt allerdings nicht gold oder silbern, sondern ist aus Holz – als Symbol für den Umweltschutz, um den es hier gehen soll. Rosberg wird als „Entrepreneur of the Year“ ausgezeichnet.

Ein Umweltpreis für einen Rennfahrer? Die Jury sieht darin keinen Widerspruch. Das liegt an Rosbergs zweiter Karriere. 2016 hat er nach mehr als 20 Jahren den Rennsport an den Nagel gehängt. Seitdem widmet er sich seiner neuen Leidenschaft, wie er sagt: dem Unternehmertum.

Statt beim Autorennen im Kreis der Schnellste zu sein, will er sich in der Mobility-Branche an die Spitze von Innovation und Nachhaltigkeit stellen. Vor rund einem Jahr hat Rosberg ein Investment in die Formel E bekanntgegeben. Die E-Mobilität werde die Welt verändern, ist er überzeugt. Er hat sein Geld in viele bekannte Startups gesteckt.

Gründerszene hat den Ex-Rennfahrer in München getroffen. Zu Beginn sprudelt er gleich los: Erst heute habe er Gründerszene gelesen! Er weiß, wie er Menschen für sich gewinnt. Der Umgang mit der Presse ist für den Medienprofi Routine.

Ein Gründerszene-Fan?

„Ja, ich finde es super spannend zu verfolgen, welche Ideen entwickelt werden. Ich bin zwar selbst noch kein Gründer, aber ich bin da dran. Ein eigenes Startup – das ist mein Traum.“

Was schwebt Dir vor?

Beispielsweise ein Startup im Bereich Ridesharing. Das ist ein riesiger Markt, der da gerade entsteht. Aber deshalb auch schwierig …

Eigentlich kommst Du aus dem Motorrennsport. Warum steckst Du Dein Geld jetzt in junge Unternehmen?

Mobilität ist mein Ding. Und derzeit bietet sich eine einzigartige Chance: Wir stehen am Anfang einer Nachhaltigkeitsrevolution, sogar die Jugend fängt an, über Umweltschutz und Ressourcenverbrauch nachzudenken. Immer mehr junge Leute ernähren sich bewusst, setzen auf umweltfreundliche Fahrzeuge. Die Mobilitätsbranche kann bei dieser Transformation einen großen Beitrag leisten. Wir leben in einer heißen Phase. Und ich wünsche mir, die Zukunft mitgestalten zu können.

Inwiefern helfen Dir dabei Deine Erfahrungen als Rennfahrer?

Bei der Formel 1 konnte ich viele Menschen mitnehmen – auch emotional. Gleiches will ich nun wieder tun: Möglichst viele mitnehmen auf dem Weg in eine nachhaltigere Welt. Das Potenzial ist da, das spüre ich. Das will ich nutzen. Dabei möchte ich nicht nur Entertainer sein, sondern tatsächlich etwas bewegen.

Du hast ja nicht nur in die Formel E investiert, sondern auch in Startups.

Genau, beispielsweise in ChargePoint. Das US-Unternehmen entwickelt Ladestationen für Elektroautos. Leider noch nicht in Deutschland, aber das soll bald kommen. Total begeistert bin außerdem von What3Words, auch da habe ich investiert. Und zuletzt habe ich 50 Prozent einer Engeneering-Firma übernommen. Die hat unter anderem das Fahrwerk für ein autonomes Shuttle von Schaeffler entwickelt. Durch meine Investments lerne ich viele Facetten der Szene kennen.

Als Du den Preis auf der Bühne entgegen genommen hast, wurden außerdem Bilder von Lilium gezeigt, auch da steckt Geld von Dir drin. Warum glaubst Du an das Münchner Gründerteam?

Lilium ist bei der Entwicklung von elektrisch betriebenen Flugtaxis weltweit Vorreiter. Das können wir in anderen Bereichen der Mobilität nicht gerade von deutschen Unternehmen behaupten. Und mal ehrlich: Herkömmliche Helikopter sind ein Desaster. Doch ein System mit elektrischen Flugtaxis – das ist revolutionär. Ich bin überzeugt: Die Flugzeuge von Lilium werden das Fliegen in der Stadt sicherer und günstiger machen und sind obendrein noch emissionsarm.

Nach welchen Kriterien suchst Du Deine Investments aus?

Mittlerweile habe ich viele Bekannte in der Szene. So langsam lerne ich: Die Investoren wissen selbst manchmal nicht, in was für eine Idee sie investieren. Sie setzen vielmehr auf die Menschen dahinter, fragen sich, was diese vorher gemacht haben und wie fähig das Team ist. Danach entscheiden sie, ob sie Geld geben.

Und dieses Vorgehen hast Du Dir abgeschaut?

Ja. Das ist der Weg, den ich auch wähle. Ich setze auf die Menschen und auf das Team. Das ist im Rennsport für den Sieg im Endeffekt ebenfalls entscheidend. Als interessierter Laie kann ich die von Startups entwickelten Technologien im Detail ja gar nicht immer verstehen. Dafür müsste man absoluter Experte sein. Das werde ich nie sein.

Verrätst Du, wie viel Geld Du in Startup investierst hast?

Nein, dazu mache ich keine Angaben. Generell gilt: Als Anleger in der Startup-Szene musst Du das Risiko streuen, dein Geld in viele verschiedene Unternehmen stecken. Schließlich ist jedes Investment hoch riskant. Aber das macht auch den Reiz aus.

Inwiefern?

Das ist ähnlich wie im Rennwagen-Cockpit. Es geht ums Zocken, um den Wettbewerb. Ich merke, dass in der Startup-Szene der gleiche Wettkampfgeist herrscht wie damals auf der Rennstrecke. Gründer und Rennfahrer sind Kämpfer, die alle anderen Konkurrenten abhängen wollen, um der Erste und Beste zu sein.

Was ist die wichtigste Eigenschaft, die es braucht, um einen Wettkampf zu gewinnen?

Durchhaltevermögen! Das ist die Grundvoraussetzung. Und man muss irgendwie ein Draufgänger sein. Teilweise müssen die Gründer aggressiv in einen Markt reingehen, um ihr eigenes Unternehmen hochzufahren.

Letzten Sommer warst Du im Silicon Valley. Dort hast Du Mitarbeiter von Tesla, ChargePoint und anderen Mobility-Unternehmen getroffen. Was hast Du in den USA gelernt?

Dass wir uns in Europa in Acht nehmen müssen. Die sind uns dort sowas von voraus …

Während Deiner Rede auf der Bühne hast Du auch China erwähnt.

Ja, da war vor ein paar Wochen. Das Land hat mich wahnsinnig beeindruckt. Die Chinesen haben Tiefgaragen, in denen alles vollgedonnert ist mit E-Chargern. Jeder Parkplatz. Das zeigt: In China bauen sie zuerst die Infrastruktur – und dann die Autos. In Europa ist das umgekehrt. Das hemmt die Entwicklung. Oka, ich will nicht wissen, was passiert, wenn in China tatsächlich alle Autos gleichzeitig laden. Das wissen die Chinesen vermutlich selber noch nicht. Aber sie tun etwas, um die Umstellung voranzubringen.

Was können die deutschen Hersteller Deiner Meinung nach dagegenhalten?

Die europäischen Player müssen zusammenarbeiten. Ein gutes Beispiel ist die Fusion der Carsharing-Anbieter DriveNow und Car2Go. Gemeinsam stellen BMW und Daimler damit weltweit eine der oder sogar die größte Carsharing-Flotte. Nur so geht das. Alleingänge funktionieren nicht mehr.

Inwiefern treibt die Formel E denn Innovationen voran?

Der Elektromotor, der in der Formel E entwickelt wird, ist ein oder zwei Jahre später in dem Auto, das Du und ich dann kaufen können. Der sportliche Wettbewerb spornt die Hersteller an, immer bessere Technologien zu entwickeln. Dabei treten alle gegeneinander an: BMW, Mercedes, und Co. Das erhöht das Tempo.

Formel-1-Fans bemängeln, Elektroautos sind für den Rennsport zu leise. Das Fahrgeräusch fehlt – und der Geruch nach Benzin.

Ja, das ist tatsächlich schade. Der Geräuschpegel ist ein Teil des Gänsehaut-Gefühls, das Du bei einem Formel-1-Rennen bekommst. Daran werden elektrische Fahrzeuge nie rankommen. Deswegen hoffe ich auch, dass der Formel 1 künftig ein kleiner Platz in der Rennwelt erhalten bleibt.

Während Deiner Dankesrede hast Du begeistert von autonomen Fahrzeugen berichtet: Kürzlich bist Du gegen ein selbstfahrendes Auto angetreten. Die Challenge für Dich und die Technologie: Abbremsen, wenn der Kinderwagen auf der Straße steht. Das Fahrzeug hat Dich geschlagen.

Ja, das war beeindruckend. Klar: Als Rennfahrer bist du schnell, nicht nur beim Tempo auf der Straße, sondern auch bei der Reaktion. Doch die Technik war in diesem Fall besser.

Wenn alle Autos irgendwann selbst fahren, wird Dein alter Berufsstand abgeschafft.

Nein, denn es geht ja um die Gladiatoren, die hinter dem Steuer sitzen. Das wird sich nie ändern. Aber es wird etwas Neues hinzukommen. Genau, wie es jetzt einen Drohnen-Championship gibt, wird auch das Roborace irgendwann größer.

Bisher sind Frauen in der Mobility- und Tech-Szene unterrepräsentiert. Du selbst bist Vater von zwei Töchtern. Eine persönliche Frage: Wünschst Du Dir für Deine Töchter eine Welt, in der Frauen und Männer gleichermaßen an solchen Themen arbeiten?

Klar! Aber da bin ich sicher: Das wird kommen, wir sehen ja schon, dass sich da viel ändert. Persönlich setze ich auf das Prinzip: „Machen lassen“. Das bekomme ich hoffentlich auch hin.

Was genau meinst Du damit?

Ich will meine beiden Töchter bei ihrer Entwicklung nicht in eine Richtung drängen. Sondern ihnen viele Sachen zeigen und dann gucken, in welchen Bereichen sie eine Leidenschaft entwickeln, wo ihre Stärken liegen. Wenn das nach und nach klar wird, möchte ich sie bei eben diesen Dingen unterstützen. So wie ich auch Startups mit Investments unterstütze.

Bild: Getty Images / Hannes Magerstaedt
Videoschnitt: Marco Weimer