Moritz von Grotthuss und Sascha Klement lieben die Wege abseits asphaltierter Straßen. Mit ihrem Startup Bareways wollen sie Umgebungsdaten sammeln und an die Industrie verkaufen

Auf Google Maps ist Verlass, um sich durch die Stadt oder besiedelte Landkreise navigieren zu lassen. Wer schon mal abseits asphaltierter Straßen gefahren ist, könnte die Erfahrung gemacht haben, dass es mehr braucht als eine Wegbeschreibung.

Etwa: Wie ist die Beschaffenheit eines Waldwegs bei Regen, wenn es steil bergauf geht? Solche Umgebungsdaten werden von großen Mapping-Diensten wie Google, Tomtom oder Here in der Regel nicht mit einbezogen. Dabei haben Autohersteller für ihre Sensorik und Fahrassistenzen durchaus Interesse an solchen Daten. Vor allem, da der Absatz von SUVs und anderen geländetauglichen Fahrzeugen weiter steigt.

Mit KI zur Echtzeit-Einschätzung

Das Lübecker Startup Bareways zapft verfügbare Daten-Quellen von Wetterdiensten, Meldestellen und Straßenbehörden an und korreliert diese Informationen mit Höhenmodellen und anderen Faktoren, um eine verlässliche Einschätzung für eine Streckenbeschaffenheit zu erstellen.

Dahinter steckt ein klassischer Machine-Learning-Ansatz: „Wenn man an Ort A weiß, wie sich dort die Witterung verhält, so lässt sich einschätzen, wie es an einem vergleichbaren Ort B sein könnte“, erklärt von Bareways-Mitgründer Moritz Grotthuss. Das 2019 gegründete Unternehmen will ein „Big-Data-Mapping fürs Land“ erstellen, also für abgelegene Orte.

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Für die Idee haben die Lübecker nun weitere 636.000 Euro eingesammelt, wie Gründerszene vorab erfuhr. Lead-Investor ist Fabian von Kuenheim mit seiner Beteiligungsfirma NBR Technology Ventures, außerdem eingestiegen sind die Mittelständische Beteiligungs GmbH Schleswig-Holstein (MBG) sowie drei weitere Business Angels. Im Juli vergangenen Jahres startete das Startup mit einer Million-Runde. Unter anderem ist German Autolabs-Gründer Holger Weiss von Beginn an investiert.

Hinter Bareways stecken Exit-erprobte Gründer

Von Grotthuss und sein Mitgründer Sascha Klement sind keine Unbekannten der Branche: 2017 haben sie ihre Gestensteuerungs-Startup Gestigon an den französischen Autozulieferer Valeo für einen zweistelligen Millionenbetrag verkauft.

Mit ihrem neuen Startup befinden sie sich nach eigenen Angaben im engen Austausch mit Autoherstellern und Zulieferern. Das Business Modell zielt darauf ab, Lizenzen für die Big-Data-Auswertungen an Mapping-Dienste, Autohersteller und Zulieferer zu verkaufen, etwa um Fahrassistenzsysteme wie eine Differentialsperre zu verbessern. Derzeit sind zehn Mitarbeiter für das Startup tätig.

Erst B2C, dann B2B

Im ersten Schritt wird dafür eine App aufgelegt, die eine Navigation für den nichturbanen Raum bietet, Routenvorschläge für herausfordernde Wege geben soll und dafür Umgebungsdaten wie Wetterinformationen und Höhendaten mit einbezieht. Ziel sei es, den Algorithmus zu trainieren und zu sehen, worauf Fahrerinnen und Fahrer Wert legen.

Die App soll im Frühjahr 2021 erscheinen, sagt von Grotthuss. Im zweiten Schritt werde dann das B2B-Geschäft mit den gesammelten Daten vorangetrieben. Bareways beginnt mit der Datensammlung in der Dach-Region, will dann nach Nordeuropa und in die USA gehen. Über 100 Terabyte an Daten habe man schon gesammelt, so der Gründer.

Das Thema Mapping fürs Land ist auch für Logistik-Unternehmen spannend. So zum Beispiel für die Deutsche Bahn und Daimler, die in das Londoner Startup What3Words investiert haben. Das Startup erstellt Adressen aus drei Wörtern, um die Navigation für Lieferanten zu erleichtern.

Bild: Bareways / Lisa Pawlows