Sieht so die Stadt der Zukunft aus?

Startup-Gründer zeichnen sich vor allem durch zwei Dinge aus: Sie erkennen Nischen und entwickeln neue Produkte. Oder sie optimieren bestehende Systeme, indem sie komplexe Vorgänge vereinfachen. Was viele Gründer eint, ist die Weitsicht, verschiedenartige Systeme zu bündeln. Und genau diese Eigenschaft ist notwendig, wenn man sich mit der Stadt- und Verkehrsplanung der Zukunft beschäftigt.

Eine Stadt gleicht einem lebenden Organismus: Der Verkehr ist das Blut, das den Organismus mit Leben erfüllt. Verkehrssysteme waren bisher relativ einfach. Es gab das Auto und es gab den ÖPNV. Doch die Zahl der Mitspieler hat sich in den letzten Jahren vergrößert. Fahrradfaher fordern immer größeren Raum ein, Dienstleister bieten unterschiedliche Formen des Transportes an. Vom Leihfahrrad, über den E-Roller bis hin zum E-Tretroller – alle verlangen nach mehr Platz, der wegen der Fokussierung der Städteplaner auf das Auto kaum vorhanden ist.

Stadtplaner sind schon heute überfordert

Wer sich heute in einer Stadt von A nach B bewegen möchte, hat mehr als nur eine Möglichkeit. Die Koordination der unterschiedlichen Dienste überfordert die Städte schon heute. New York hatte zum Beispiel gehofft, dass die Zulassung von Ridesharing-Diensten wie Uber oder Lyft langfristig dazu führen würde, dass weniger Autos auf der Straße sind. Doch es trat genau das Gegenteil ein. Wie auch in Seattle griffen die Ridesharing-Angebote nicht das private Auto, sondern den öffentlichen Nahverkehr an. Es ist eben bequemer mit dem Auto zu fahren, als den ÖPNV zu nutzen.

Das Beispiel zeigt, dass sich komplexe Systeme wie der Verkehr nicht einfach verändern lassen, indem man nur an einer Stellschraube dreht. Das Ziel muss lauten, weniger Autos auf der Straße zu haben. Hierfür müssen die Verantwortlichen an unterschiedlichen Stellen ansetzen und überprüfen, wie weit sie sich digitalisieren und dadurch zusammenfügen lassen. Einige Startups haben bereits bewiesen, dass komplizierte oder schwerfällige Vorgänge einfacher gestaltet werden können – Amazon, Paypal, Lieferando oder Zalando sind dafür sehr gute Beispiele. Diese Vorgehensweise lässt sich auch auf die Verkehrsplanung übertragen.

Die autogerechte Stadt ist keine Lösung mehr

Wir benötigen eine komplette Neuorientierung. Die Philosophie der autogerechten Stadt ist überholt und schon lange an ihre Grenzen gestoßen. Was aber noch fehlt, ist eine Idee, wie die Mobilität der Zukunft so gestaltet werden kann, dass sie wie Amazon oder Zalando funktioniert. Einfach, bequem und schnell, ohne dass man sich darüber viel Gedanken machen muss. Dafür sind Gründer genau die richtigen Personen; sie verbinden wirtschaftliches und technisches Denken, um es in neue Bahnen zu leiten. Der Markt, der sich hier für mutige Gründer eröffnen kann, ist gigantisch. 

Die Behörden sind oft zu langsam, sie setzen auf die falschen Methoden oder wissen schlicht nicht genug über die Chancen der Digitalisierung. Da in jeder Stadt unterschiedliche Bedingungen für die Zukunft der Mobilität herrschen, gibt es nicht die eine maßgeschneiderte Lösungen. Städte und Gemeinden geben jedes Jahr Milliardensummen für die Planung und die Umsetzung von Verkehrsinfrastrukturen aus. Es ist an der Zeit, dass dieses Geld vernünftig in die Zukunft der Mobilität investiert wird. Erfahrene Gründer wissen, wie so etwas geht.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Daimler AG