Wechselte vor sechs Jahren von Ebay zu Turo: CEO Andre Haddad

Zuletzt sah es so aus, als würde sich der Peer-to-Peer Carsharing-Markt, also der Verleih des eigenen Autos an andere private Autofahrer, hierzulande konsolidieren: Das holländische Startup SnappCar schluckte im Zuge seines Deutschlandstarts den Rivalen Tamyca, der französische Mitbewerber Drivy übernahm bereits 2015 Autonetzer.de.

Jetzt wagt sich ein neuer Player auf den schwierigen Markt. Nachdem das US-Unternehmen Turo im vergangenen Jahr nach Großbritannien expandierte, folgt jetzt der Markteintritt in Deutschland: Ab heute ist die Plattform des 2009 ursprünglich in San Francisco gestarteten Startups auch hierzulande aktiv. Über die Plattform können private Autobesitzer ihr Fahrzeug an Fremde verleihen.

Beim Start in Deutschland hat der Dienst einen starken Partner an seiner Seite: den Stuttgarter Autobauer Daimler, der sich im Herbst im Zuge einer Finanzierungsrunde in Höhe von 92 Millionen US-Dollar an der Plattform beteiligte. Insgesamt hat Turo bereits knapp 200 Millionen Euro Risikokapital eingesammelt, darunter von renommierten VCs wie Kleiner Perkins, August Capital and Google Ventures.

Das eigene Auto wird zur Geldmaschine

Daimler hatte Ende 2016 einen ähnlichen Dienst unter dem Namen Croove gestartet, der in den Städten München und Berlin getestet wurde. Dessen Nutzer sollen mit dem Turo-Deutschland-Start integriert werden, auch die früheren Croove-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden übernommen, heißt es. Turo-CEO Andre Haddad sieht in dieser Strategie einen Vorteil: Damit müsse man in Deutschland nicht bei Null anfangen, sagt er im Gespräch mit NGIN Mobility und Gründerszene. Geleitet wird das Deutschland-Team künftig von Marcus Riecke, der den Turo-CEO noch durch den früheren gemeinsamen Job bei Ebay kennt.

Wer sein Fahrzeug über die Plattform anbietet, habe die Möglichkeit, die laufenden Unterhaltskosten des eigenen Autos zu finanzieren, erklärt Haddad.  Die in den USA gesammelten Daten zeigten: Im Schnitt sei eine Vermietung von neun Tagen pro Monat ausreichend, um die laufenden Kosten zu decken. Für Reisende biete das Peer-to-Peer-Carsharing eine Alternative zu den Angeboten herkömmlicher Autovermieter wie Avis, Sixt oder Europecar. In der Regel ließen sich im Vergleich mit den etablierten Firmen bis zu 35 Prozent der Kosten sparen.

Auch Daimler soll profitieren

Insbesondere Luxus-Autos würden oft über die Plattform ver- und entliehen, so CEO Haddad. Ein Beispiel: Ein Tesla-Besitzer aus San Francisco habe während eines Jahres 40.000 US-Dollar mit seinem Model X verdient. Dass insbesondere hochpreisige und Luxus-Fahrzeuge bei den Turo-Nutzern beliebt sind, hat wohl auch Investor Daimler von dem Konzept überzeugt: Über das private Carsharing könne der Autobauer prinzipiell seine Fahrzeuge einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, die Mercedes-Besitzer verdienten über die Plattform zusätzlich Geld – und könnten damit noch mehr Mercedes-Fahrzeuge kaufen, kommentiert Haddad.

Derzeit ist Turo nach eigenen Angaben in 5.500 Städten aktiv, hat rund fünf Millionen Kunden weltweit und listet mehr als 200.000 auf der Plattform registrierte Fahrzeuge. CEO Haddad glaubt: In der Bundesrepublik stecke das Peer-to-Peer-Carsharing noch in den Kinderschuhen. Zwar gebe es bereits Wettbewerber, aber noch habe sich kein Unternehmen als Marktführer etabliert.

Neben Snappcar und Drivy kämpft auch das aus der Sendung DHDL bekannte Getaway um Marktanteile. Im Unterschied zu dem Rivalen aus den USA hat das Berliner Startup eine App entwickelt, mit dem sich das Auto automatisch aufschließen lässt. Autovermieter und -mieter müssen keinen Treffpunkt für eine persönliche Übergabe vereinbaren, wie bei Turo üblich. 

Turo plant, seine Expansion in den kommenden Monaten fortzusetzen. Welches Land als nächstes folgen soll, wollte der CEO jedoch noch nicht verraten. Allerdings: Neben Daimler hat sich mit der SK Group in der letzten Runde auch ein Investor aus Südkorea beteiligt. Wenn der Hauptsitz der Investoren ein Indiz für den nächsten Markteintritt ist, dürfte Asien ganz oben auf der Liste stehen.

Bild: Turo