Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil

Der Volkswagen-Konzern ist für das Land Niedersachsen ein Segen – offenbar im Guten wie im Schlechten. Im Rahmen der Dieselabgasaffäre muss der Konzern eine Milliarde Euro als Strafe an das Land zahlen. Kurios: Denn damit profitiert ein VW-Gesellschafter von den Strafzahlungen. Zumindest fließt das Geld zu großen Teilen in den Breitbandausbau, wie nun bekannt wurde.

Gemeinsam mit seinem Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sitzt Regierungschef Stephan Weil (SPD) im Aufsichtsrat des Konzerns. Damit sind beide Regierungsmitglieder per Definition für die Kontrolle der Geschäftsführung des Autobauers zuständig. Eigentlich sollten sie in dieser Funktion Dinge wie die Dieselabgasaffäre verhindern – und Strafzahlungen in Milliardenhöhe vom Konzern eigentlich fernhalten.

Aber das ist nicht passiert. Stephan Weil, der das Amt als Aufsichtsrat im Jahr 2013 angetreten ist, zwei Jahre vor Bekanntwerden des Abgasskandals, hat die Aufklärung im Konzern nicht vorangetrieben. Er hat nicht von dem vertraglich festgelegten Vetorecht gebraucht gemacht, als die Luxusrenten und Bonuszahlungen der mittlerweile ausgeschiedenen Top-Manager festgelegt wurden. Und sogar in der heißen Phase des Abgasskandals hat er Volkswagen eine Regierungserklärung dazu zum Gegenlesen gegeben. Eine schonungslose Aufarbeitung sieht anders aus.

Niedersachsen profitiert, Dieselbesitzer gehen leer aus

Geschadet hat es dem Land nicht. Denn auch in den schlechten Zeiten profitiert die Regierung von dem Konzern, der ihr in guten Zeiten Millionen in die Landeskassen gespült hat. Und obwohl es eigentlich gerade nicht gut läuft für den Konzern und dessen Aktionäre, kassiert Niedersachsen nun wieder Geld. Die Strafzahlungen in Höhe von einer Milliarde Euro sollen in den Breitbandausbau, Schulen und Kliniken fließen und damit das Land nach vorne bringen. Dass Niedersachsen profitiert, obwohl die Landesvertreter in ihrer Funktion als Aufsichtsrat versagt haben, ist schwierig nachzuvollziehen.

Und noch eine Tatsache lässt aufhorchen. Niedersachsen, wo Volkswagen seinen Hauptsitz hat, profitiert als einziges Bundesland – die anderen 15 gehen leer aus. Dass in Göttingen, Wolfsburg oder Hildesheim bald schnelleres Internet verfügbar ist, Schulen und Krankenhäuser besser ausgestattet sind, hilft den Besitzern von manipulierten Dieselfahrzeugen, die in anderen Bundesländern leben, wenig. Ihre Fahrzeuge haben in Folge der Affäre massiv an Wert verloren. Doch der VW-Konzern lehnt Entschädigungszahlungen an Autobesitzer bislang ab.

An der Verteilung der Straf-Milliarden wird einmal mehr ein Problem offensichtlich: die Verquickung des Volkswagen-Konzerns mit der Landesregierung. Solange das Land an dem Konzern beteiligt ist, wird es immer wieder Interessenskonflikte wie den jetzigen geben. Zwar regte der jetzige Wirtschafts- und Digitalminister Bernd Althusmann vor seinem Amtsantritt an, lieber einen Experten in den Aufsichtsrat zu setzen. Aber letztendlich blieb alles beim Alten.

Die Verstrickungen zwischen dem Land und Konzern ließen sich lösen. Doch offenbar will das niemand. Warum auch? Schließlich fällt für das Land immer was ab.

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