Die Porsche-Vorstände (v.l.) Detlev von Platen (Vertrieb, Marketing) und Lutz Meschke (Finanzen, IT) erläuterten die digitale Transformation des Sportwagenherstellers.

Vernetzte Fahrzeuge, elektrische Antriebe, künstliche Intelligenz und automatisiertes Fahren – Autohersteller stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Denn die Ansprüche der Kunden an die individuelle Mobilität ändern sich dramatisch – sowohl an die Technik der Fahrzeuge als auch an Service und Vertrieb. 

Wie der Sportwagenhersteller Porsche die digitale Transformation meistern will, ohne dass das sportliche Fahrerlebnis auf der Strecke bleibt, erläuterten jetzt die Konzern-Vorstände Lutz Meschke (Finanzen, IT) und Detlev von Platen (Vertrieb, Marketing). Porsche will mittelfristig einen zweistelligen Prozentsatz seines Umsatzes mit digitalen Dienstleistungen erwirtschaften.

Elektrifizierung steht im Mittelpunkt

Elektrische Fahrzeuge werden auch für Porsche immer wichtiger – spätestens dann, wenn die Stuttgarter ihren Tesla-Killer „Mission E“ (600 PS, von null auf 100 km/h unter 3,5 Sekunden, Reichweite 500 Kilometer) Ende dieses Jahrzehnts auf die Straße bringen werden. „Für die Elektromobilität werden wir in den nächsten fünf Jahren über sechs Milliarden Euro ausgeben. Darin enthalten sind drei Milliarden in Entwicklungsaufwendungen und drei Milliarden in die Standorte“, sagte Lutz Meschke. „Die Herausforderung sind gewaltig, aber auch die Chancen für uns sind groß.“

Hat sich denn der Porsche-Fahrer so stark geändert, dass Investments in Milliardenhöhe erforderlich werden? „Der Fahrer hat sich nicht geändert“, zeigt sich Detlev von Platen sicher. „Er kauft einen Porsche, weil er immer davon geträumt hat.“ Die Herausforderung werde aber sein, die Historie mit der Zukunft zu verbinden. „Und da spielt die Digitalisierung im Produkt eine wichtige Rolle.“ 

Neue Strategie: Funktionen auf Abruf

Wie für andere Autohersteller sind auch für Porsche Dienstleistungen auf Abruf (Functions on Demand) ein Trend. Der US-Elektropionier Tesla hatte damit begonnen. Das Fahrzeug der Zukunft wird mit einem Hardware-Komplettpaket ausgeliefert. Später kann der Besitzer einzelne Funktionen gegen eine Gebühr freischalten, die sich über Software steuern lassen – für einen Tag, einen längeren Zeitraum oder für immer.

Denkbar ist das für alle Funktionen, die sich per Software steuern lassen: vom Infotainment-System über Laser-Fernlicht bis hin zu Fahrwerkseinstellungen oder einer höheren Motorleistung. So können Hersteller die Wertschöpfungskette verlängern. „Der Kunde muss sich beim Fahrzeugkauf nicht entscheiden, ob er eine Sonderausstattung braucht“, sagt Lutz Meschke. „Es geht auch darum, das Fahrzeug immer frisch zu halten, was ein Vorteil für den Kunden ist.“

 

Flatrate erschließt neue Kundenschichten

Der neue Flatrate-Service Porsche Passport findet im Großraum Atlanta (USA) nach Angaben der Manager unerwartet großen Anklang. Passport-Mitglieder können zwischen 22 Porsche-Modellvarianten auswählen: Zur Arbeit fahren sie zum Beispiel mit einem 911er, für den Wochenendausflug mit der Familie wählen sie einen Macan. Die Flatrates für die komplett versicherten Sportwagen betragen zwischen 2000 und 3000 Dollar pro Monat. 

Die Flatrate erschließt dem Unternehmen neue Kundenschichten. „Wir haben Interessenten angesprochen, die bisher keinen Porsche selbst gefahren sind“, sagte Detlev von Platen. Meistens seien es auch jüngere Leute gewesen. Der Altersdurchschnitt liege zehn Jahre unter dem Durchschnitt von Porsche-Kunden. „Wichtig ist, dass wir verschiedene neue Geschäftsmodelle ausprobieren müssen“, sagte Lutz Meschke. Er schränkt aber ein: „Die Leasingraten sind eher am unteren Ende.“

Geschäftsmodelle für die Ära des autonomen Fahrens

Vor dem Hintergrund des autonomen Fahrens sind solche Experimente wichtig. In den Megacities der Zukunft werden Fahrzeuge effizienter genutzt. Die Zahl der Autos wird sinken. „Dann brauchen wir zusätzliche Geschäftsmodelle außerhalb des reinen Fahrzeugverkaufs.“

Deshalb testet der Sportwagenhersteller verschiedene Mobilitätskonzepte, wie Meschke ausführte. „Dazu gehört dann auch Mobility on Demand.“ Porsche denkt hier etwa an die Luxusversion eines Uber-Taxis und „an Lösungen, die in Richtung Shared Mobility gehen“.

Das Thema autonomes Fahren ist für Porsche heikel. Denn für viele Kunden steht das Fahrerlebnis im Mittelpunkt und weniger die Funktionalität eines Roboter-Taxis. „Es passt auf den ersten Blick nicht auf einen Sportwagenhersteller“, räumte Meschke ein. Und Detlev von Platen stellt klar: „Ein Porsche wird immer ein Gaspedal und ein Lenkrad haben“.

Allerdings: „Teilautonome oder Sicherheits-Komponenten wie Staupilot oder Autobahnpilot sind sicherlich auch für unsere Kunden interessant“, vermutet Meschke, der auch für erlebnisorientierte Premiumanbieter  Nischen sieht.

Bei dieser Frage fällt die Kundschaft in zwei Lager. „Die meisten Fahrer eines 911 brauchen nicht jeden Schnickschnack“, glaubt Meschke. „Aber viele Fahrzeugbesitzer im Bereich Macan, Cayenne, Panamera haben ein anderes Verhältnis zur Digitalisierung.“ Deshalb sei es wichtig, beide Welten zu bedienen. „Wir würden einen Riesenfehler machen, wenn wir uns von der technologischen Entwicklung abkoppeln. Dann wäre Porsche nur noch eine Marke fürs Museum. Und da wollen wir gewiss nicht hin.“

Vorstand träumt vom fliegenden Porsche

Im Gegenteil. Die Sportwagen-Manager wollen in die dritte Dimension. „Da müssen wir uns in der Zukunft offen aufstellen“, sagte Meschke. Und Sportpilot von Platen schwärmte von den Flugdrohnen-Prototypen, wie sie gerade von Volocopter, Lilium oder Airbus entwickelt werden. „Wir haben bei 3D einen Traum. Da bewegt sich was.“ Vielleicht nicht in Stuttgart, aber in den Megastädte der Zukunft in Mexiko oder Brasilien. „Ich kann mir gut vorstellen, dass auch bei Porsche so etwas kommen könnte“, sagte der Vorstand. „Dann aber auf dem Porsche-Weg. Einen Porsche würde man auch selbst fliegen.“ Das Thema Elektromobilität könne das autonome Fliegen zudem erschwinglich machen.

Bild: Porsche