Für das anstehende Jahrzehnt sind die Weichen bereits gestellt – und zwar Richtung nachhaltigere Mobilität.

In einer Dekade kann viel passieren. Wer hätte Mitte 2015 gedacht, dass einer der größten Autohersteller der Welt seine Käufer betrogen hat und die Aufdeckung des Dieselskandals die gesamte deutsche Autobranche in eine unerwartete Krise manövriert? Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass ein kleiner Hersteller von E-Autos in Zukunft die etablierten Unternehmen vor sich hertreiben wird? Und wer wäre auf die Idee gekommen, dass schon jetzt die ersten vollautonomen Taxi unterwegs sind?

In den vergangenen zehn Jahren wurde das analoge Auto zu einem digitalen Endgerät entwickelt. Es folgte der Wandel in den Städten, wo immer mehr Mobilitätsdienste zur Verfügung stehen. Unternehmen wie Emmy, Miles oder Tier Mobility gab es vor zehn Jahren schlichtweg nicht. Heute prägen Sharing-Roller, -Autos und -Tretroller das Bild unserer Innenstädte mit. Und sie tragen tatsächlich dazu bei, dass es weniger Autoverkehr gibt.

Die Mobilitätswende wurde in den 2010er Jahren gestartet, und es waren vor allem Startups, die diesen Wandel vorangetrieben haben. Kein einziger Autohersteller oder Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs ist auf die Idee gekommen, elektrische Tretroller oder elektrische Motorroller für die Stadt zu entwickeln und diese auf die Straße zu bringen. Junge, mutige Unternehmen waren es.

Tesla war sicher die Überraschung des vergangenen Jahrzehnts. Dass das Team um Elon Musk, das – wie er selbst sagt – beim Start des Unternehmens keinerlei Ahnung von der Autobranche hatte, es in nicht mal ganz zehn Jahren geschafft hat, zum führenden Anbieter für Elektroautos zu werden, ist auch in der Rückschau fast unglaublich. Wie konnte eine ganze Industrie eine derartige Revolution verschlafen?

Nach den Investitionen muss Geld verdient werden

Aber natürlich gilt für Tesla wie auch für andere neue Unternehmen aus dem Bereich der Mobilität: Im neuen Jahrzehnt werden sie mit anderen Aufgaben konfrontiert. Denn nach Jahren der fast ungebremsten Investitionen erwarten die Anleger auch, dass endlich Geld verdient wird. Tesla muss seine Schulden abbauen und dauerhaft schwarze Zahlen schreiben. Auch der Wachstumskurs von Elon Musk wird irgendwann sein Ende erreicht haben. Die Frage ist, wie finanziell gefestigt diese Unternehmen dann aufgestellt sind.

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Auch für andere Startups werden es interessante Jahre. Die Entwicklungen im Bereich des autonomen Fahrens sind enttäuschend, weil es nicht so schnell vorangeht, wie man sich erhofft hatte. Aber gerade dieser Bereich wird in den nächsten zehn Jahren exponentiell wachsen, und es besteht die Chance, dass autonomes Fahren die gesamte Mobilität noch weiter auf den Kopf stellt.

Aber auch in der Industrie wird sich viel ändern. Der Zusammenschluss von Fiat-Chrysler und dem Peugeot-Opel Konzern zeigt, in welche Richtung es weiter gehen wird. Die großen Namen werden näherrücken, weil sie unter Kostendruck geraten sind. Ob ein Unternehmen wie BMW, dessen Mobilitätsstrategie komplett versagt hat, am Ende des kommenden Jahrzehnts noch unabhängig ist? Ob Daimler sich noch weiter gesundschrumpft und mit BMW eine Allianz sucht? Ausgeschlossen ist das nicht.

Volkswagen wichtigster Player

Schon das Jahr 2020 wird wohl zeigen, wie sich die Elektromobilität entwickelt. Volkswagen ist der wichtigste Player in diesem Bereich, denn ab Sommer 2020 kommt der neue ID.3 auf den Markt – das Auto, das VW zufolge „Der Golf unter den E-Autos“ sein will. Dann wird sich zeigen, ob und wie die Bevölkerung die E-Mobilität annehmen wird. VW wird sehr viel Geld ins Marketing stecken und hoffen, dass das Thema der Reichweitenangst schnell vergessen ist.

Dass die Elektromobilität das bestimmende Thema der nächsten zehn Jahre sein wird, ist kaum zu bezweifeln. Der Wandel dorthin wird auch große Chancen für neue Startups bieten, die sich in diesem neuen Markt ansiedeln. Ob es Ladeservices sind oder andere Dinge – der Technologiewandel hat dafür gesorgt, dass mutige Gründer erfolgreich sein können.

Es wird sich also auch in den nächsten zehn Jahren viel tun in Sachen Mobilität. Die Veränderungen werden schnell kommen, und sie werden das Bewusstsein der Menschen nachhaltig verändern. Wir waren und sind Zeuge einer technologischen Revolution.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Getty Images / Steve Christo – Corbis / Kontributor