Solche Bilder sollten schleunigst der Vergangenheit angehören.

Je länger sich die Aufklärung des Diesel-Skandals in der Autoindustrie hinzieht, desto deutlicher wird, wie tief dieser Sumpf eigentlich ist. Laut eines Berichts des Spiegels (Printausgabe) soll nun auch der neue VW-Chef Diess frühzeitig davon gewusst haben, dass es bei VW ein Problem gibt. Diess kam erst 2015 zu VW und bisher dachte man, dass er von den Vorkommnissen im Konzern nichts gewusst haben kann. Doch Akten sollen belegen, dass er schon im Juli 2015 an einer Sitzung teilgenommen hat, in der es um das Thema ging.

VW bestätigt dies, doch heißt es dazu: „Darüber hinaus lässt sich der konkrete Inhalt der Besprechung – bei der Martin Winterkorn und Herbert Diess anwesend waren – nicht mehr vollständig rekonstruieren, da die Erinnerungen der anwesenden Personen teilweise voneinander abweichen.“ Offensichtlich gab es kein Protokoll für diese wichtige Sitzung. Böse Zungen behaupten, dass das Fehlen des Protokolls kein Zufall sei. Im Fall Diess geht es darum, ob er schon im Juli 2015 die Aktionäre hätte benachrichtigen müssen.

Beschönigung bei den Messwerten

Parallel tauchte letzte Woche die Meldung auf, dass Mercedes rund 700.000 Fahrzeuge mit Dieselmotor zurückrufen muss, weil diese die Auflagen nicht erfüllen. Offenbar geht es bei den zur Frage stehenden Motoren nicht um eine „Betrugssoftware“, sondern um eine etwas zu kreativ ausgelegte Meinung, bei welchen Außentemperaturen die Abgasreinigung wie vorgeschrieben funktioniert. Die Hersteller haben hier Freiräume, denn wenn es zu kalt wird, kann die Abgasreinigung den Motor schaden. Bei einigen der kritisierten Hersteller funktioniert die Reinigung offenbar nur zwischen 20 und 35 Grad Celsius. Ober- und unterhalb dieses Fensters wird die Abgasreinigung teilweise oder komplett abgeschaltet.

Der ganze Irrsinn in Sachen Abgasreinigung wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass der Abgastest nach NEFZ-Norm die Realität auf der Straße nicht mal ansatzweise wiedergab. Der Diesel war also nur dann sauber, wenn er im Labor bei perfektem, angenehmen Sommerwetter im Leerlauf tuckerte. Zwar ändert der neue Verbrauchszyklus WLPT die Lage ein wenig, aber die genehmigten Abschaltungen außerhalb der Temperaturfenster berührt er nicht.

Dass man den Skandal um die Dieselmotoren aufklärt, ist die eine Sache. Wer gegen Gesetze verstoßen hat, muss sich mit einer Anklage auseinandersetzen. Die Konzerne haben zehn Jahre lang um den Skandal herumgetrickst. Und es ist absurd zu glauben, dass es in den Konzernen niemanden geben soll, der davon etwas gewusst hat. Es wird wohl kaum ein gelangweilter Mechatroniker am Band an der Software gedreht haben, auch wenn die Konzerne das gerne so verkaufen würden.

Die Lösung heißt Hybrid

Dass es so nicht weitergehen kann, ist klar. Bis Elektrofahrzeuge allerdings die Mehrzahl der Autos auf den Straßen ausmachen, werden noch mehr als zehn Jahre vergehen. Daher halten die Hersteller den Diesel für „unverzichtbar.“ Was einfach nicht stimmt. Sowohl in der Umweltliste des VCD als auch beim Ecotest des ADAC finden sich in den Top-Positionen neben den E-Autos auch die Hybridfahrzeuge von Toyota.

Die Technologie des Hybrids hat Toyota schon Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts eingeführt. Und zwanzig Jahre später verkauft uns die Industrie immer noch, dass man nur mit dem Diesel die EU-Richtwerte einhalten kann. Angesichts der Sachlage fragt man sich: Reicht es nicht langsam mit solchen Aussagen?

Es wird Zeit, dass man dem Diesel in Fahrzeugen unter drei Tonnen Leergewicht den Garaus macht. Wenn der Schock des Dieselskandals nicht dazu geführt hat, dass die Industrie bei ihren neuen Modellen umdenkt, dann muss das vielleicht auf anderem Wege erfolgen. Ein Wegfall der Steuerbegünstigung wird oft genannt, doch damit straft man all jene Fahrer ab, die lange den Versprechungen der Industrie geglaubt haben. Besser wäre es, eine Umweltsteuer auf jeden neu verkauften Diesel zu erheben und gleichzeitig die Steuervorteile für E-Autos, Hybride und Plugin-Hybride zu verbessern. Dann wird der Kunde sehr schnell die Entscheidung für die Konzerne treffen.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

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