Die Ex-Berater Julius Köhler, Nicolaus Schefenacker und David Nothacker (von links) haben Sennder gegründet.

Das Transportlogistik-Startup Sennder schließt sich mit dem französischen Konkurrenten Everoad zusammen. Im Rahmen der strategischen Übernahme wächst das Team des Berliner Unternehmens auf insgesamt 350 Mitarbeiter. Diese würden künftig an sechs Standorten in Europa arbeiten, sagt Sennder-Mitgründer David Nothacker gegenüber Gründerszene.

Sennders organisiert den Transport von Waren für Unternehmen. Aufträge gibt das Startup an kleine Familienunternehmen oder Frachtführer weiter und verdient an der Vermittlung. Das Berliner Startup wurde 2015 gegründet und konnte bislang mehr als 100 Millionen Euro von Investoren einsammeln.

Am Anfang wollten David Nothacker und seine Mitgründer Julius Köhler und Nicolaus Schefenacker alles über eine App abwickeln – doch ganz so einfach funktionierte es in vielen europäischen Märkten nicht, wie die Gründer schnell herausfanden. Also entwickelten sie eine komplexere Lösung. „Aber wir schicken auch manchmal Handys an die Fahrer raus, in einigen Ländern ist das Geschäft stärker App-basiert als in anderen.“

„Die Verhandlungen haben wir per Videokonferenz geführt“

Die Corona-Krise habe das Unternehmen bislang wenig belastet, sagt David Nothacker. Auch, weil der in der Krise boomende E-Commerce noch immer einen großen Teil des Geschäfts für die Berliner Firma ausmacht. So musste Sennder zum Beispiel nicht auf Kurzarbeit zurückgreifen, alles habe sich aus dem Homeoffice gut managen lassen.

Auch die Finanzierung konnten die Gründer nach eigener Aussage problemlos in den Lockdown-Monaten durchführen. Zwar seien die Gespräche schon vor Corona angestoßen worden, erklärt Gründer Nothacker. „Die Verhandlungen haben wir allerdings per Videokonferenz geführt.“

Mit Everoad kommen rund 100 neue Mitarbeiter zu Sennder. Nothacker hofft dabei auf geringe Komplikationen beim Zusammenschluss. Die Firmenkulturen würden gut zusammenpassen. „Der Everoad-Gründer Maxime Legardez war bei Rocket Internet und hat ein ähnliches Mindset wie wir.“ Zunächst soll die französische Marke als „Everoad bei Sennder“ weitergeführt werden. Dann werde aber zunehmend die deutsche Marke in den Vordergrund rücken.

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Vom 100 Personen starken französischen Team sollen zum Beispiel die Bereiche Tech und Data mit denen in Berlin zusammengelegt werden. Der Bereich Operations bleibe allerdings in Paris. Bislang hatte Sennder in dem Land noch keine Niederlassung, das französische Geschäft wurde von Deutschland aus betreut, erklärt Nothacker. Machte es zuvor etwa zehn Prozent der gesamten Umsätze aus, werde sich der Anteil nach dem Merger auf rund ein Drittel belaufen. Neben dem deutschen Heimatmarkt sei unter anderem Italien und Spanien wichtige Länder, so der Sennder-Gründer.

Marktführerschaft und eine Milliarde Umsatz als Ziel

Nothacker sieht das LKW-Transportgeschäft aufgrund der unterschiedlichen nationalen und regionalen Gegebenheiten als „Continental Play“. Etwa seien in den USA, wo Firmen wie Uber Freight dominieren, viele Trucker Einzelunternehmer, während in Europa oftmals sogenannte Dispatcher die Aufträge an einzelne Fahrer weiterleiteten. Auch werde die Ware unterschiedlich vorfinanziert. Aus diesem Grund sei es weniger das Ziel von Sennder, über den Atlantik zu expandieren. Stattdessen stehe die Marktherrschaft in Europa auf dem Plan.

Die wichtigsten Finanzierungsrunden von Sennder im Überblick:

  • August 2015 und Mai 2016: Erstes Kapital von den Business Angels Lodovico Brioschi und Neil Bearden sowie vom US-amerikanischen Dynamo Fund bringt Sennder auf den Weg.
  • Juli 2017: Mit einem Millionenbetrag steigt der schwedische Lkw-Hersteller Scania bei Sennder ein.
  • Juni 2018: Die Flixbus-Gründer Jochen Engert, Daniel Krauss und André Schwämmlein sowie Project A Ventures, Holtzbrinck Ventures, Dynamo Venture Capital und der Altinvestor Scania Growth Capital stellen eine achtstellige Summe bereit.
  • April 2019: Der prominente Investor Accel aus dem Silicon Valley setzt auf das Berliner Logistikunternehmen. 30 Millionen Dollar umfasst die Runde, an der sich auch Altinvestoren beteiligen.
  • Juli 2019: Unter anderem von Lakestar bekommt Sennder noch einmal 70 Millionen Dollar.

„Zusammen mit dem neuen französischen Part wollen wir bis 2024 einen Jahresumsatz in Höhe von einer Milliarde Euro erzielen“, sagt Nothacker. Dafür soll es weitere Zukäufe geben. „Wir schauen uns auch Old-School-Player an“, sagt er. Diese seien günstig zu haben und könnten mit der Technik von Sennder digital aufgerüstet werden. Um das angestrebte Wachstum zu finanzieren, stellt Nothacker auch eine neue Finanzierungsrunde in Aussicht. Derzeit sei diese für September 2021 geplant. „Vielleicht auch schon früher, wenn es der Markt hergibt.“

Bild: Sennder