spacex_muskDas Zeitalter der wiederverwendbaren Raketen hat begonnen. Die Idee des Multiunternehmers Elon Musk, dass sich künftig Raketen wie Flugzeuge nach dem Motto „Landen, inspizieren, auftanken, Neustart“ einsetzen lassen, ist jetzt bewiesen. Erstmals ist eine Falcon-9-Raketenstufe, die bereits vor einem Jahr geflogen ist, erneut erfolgreich in den Weltraum gestartet.

Sie hat dabei den TV- und Internetsatelliten SES-10 des europäischen SES-Konzerns ausgesetzt. Anschließend ist die Stufe wie vor einem Jahr aus dem All zurückgekehrt und automatisch auf einer schwimmenden Meeresplattform vor der Küste Floridas gelandet.

Milliardär Musk, der auch an der Spitze des Elektroautoherstellers Tesla steht, sprach unmittelbar nach dem Aufsetzen von einem „unglaublichen Tag“, nicht nur für seinen Raumfahrtkonzern SpaceX, sondern für die gesamte Raumfahrtbranche. Es sei eine große Revolution gelungen. Es habe 15 Jahre gedauert, um diesen Punkt zu erreichen, sagte der 45-Jährige.

Und Elon Musk legt direkt nach dem Erfolg die Latte noch ein wenig höher. Auf Twitter gibt er als nächstes Ziel aus, dass die Neustarts der Raketen 24 Stunden nach der Landung möglich sein sollen. Damit wäre ein regelmäßiger Flugverkehr ins Weltall denkbar.


Die Wiederverwendbarkeit von Raketen ist ein Schlüsselbaustein für den Erfolg der Raumfahrtfirma SpaceX samt künftiger Flüge zum Mond und Mars. SpaceX-Chefin Gwynne Shotwell betonte kurz vor dem Abheben der Rakete noch einmal, wie wichtig sanfte Landungen und anschließende Neustarts der gleichen Rakete sind. „Einwegmissionen zum Mars haben keinen Sinn“, sagte sie. Die Satellitenbetreiber als Kunden der Raketen können nun auf billigere und kurzfristigere Raketenstarts hoffen.

SpaceX nennt wiederverwendete Raketen „erprobt“

Die erst 2002 gegründete US-Raumfahrtfirma hatte in einem ersten Schritt die sanfte Landung von aus dem All zurückkehrenden Raketenstufen auf Plattformen im Meer oder auf Land entwickelt. Das klappte erstmals im Dezember 2015. Nun ist der historische Schritt gelungen, dass eine Raketenstufe, die bereits im All war und zurückflog, erneut gestartet wurde: Mit den gleichen neun Triebwerken, die schon einmal den extremen Belastungen ausgesetzt waren, hob die Rakete um 18.27 Uhr Ortszeit auf dem Weltraumbahnhof in Cape Canaveral in Florida in den wolkenlosen Himmel ab.

 

Skeptiker sahen darin im Vorfeld ein großes Risiko, während SpaceX die Sichtweise umdrehte und die Rakete als „weltraumerprobt“ einstufte. Der große europäische Satellitenbetreiber SES mit Sitz in Luxemburg vertraute auf das Technik-Know-how von SpaceX und wurde für seine pionierhafte Einstellung belohnt.

Jeff Bezos verfolgt ähnliche Pläne

SES hat allein bei SpaceX in diesem Jahr vier von insgesamt sieben Starts gebucht. Für zwei weitere Starts kann erneut die Variante „Gebrauchtrakete“ genutzt werden. SES spricht von einem Rabatt bei den Startkosten. Deren genaue Höhe wird aber nicht genannt. Der Start war jedenfalls versichert.

Aufmerksam dürfte auch der Amazon-Gründer Jeff Bezos den historischen Flug bei SpaceX verfolgt haben. Bezos hat mit seiner eigenen Raumfahrtfirma Blue Origin ebenfalls Pläne für große wiederverwendbare Raketen. Sie sollen ähnlich wie bei SpaceX auf einem allerdings fahrenden, unbemannten Meeresschiff landen.

Blue Origin gelang schon mehrmals ein erneuter Start samt sanfter Landung einer kleineren wiederverwendbaren Rakete. Allerdings flog sie, bislang unbemannt, nur bis an die Grenze zum Weltraum in gut 100 Kilometer Höhe und kehrte wie ein Hoch-runter-Aufzug wieder zurück. Mit dieser Rakete sollen Weltraumtouristen angelockt werden. Nach den Raumfahrtkategorien sind die Blue-Origin-Missionen kein technisch anspruchsvollerer orbitaler Flug wie bei SpaceX.

Erste Raketenstufe soll zehn Starts aushalten

Noch hat SpaceX keine Kalkulation vorgelegt, wie viel die Inspektion sowie der Austausch verschlissener Teile an der wiederverwendbaren Raketenstufe tatsächlich kostet und ob die sonst übliche Wegwerfmentalität bei Weltraumraketen nicht doch billiger ist. Die jetzt wiederverwendete Raketenstufe wurde vier Monate vor dem Neustart inspiziert, und wenn nötig, wurden Teile ersetzt.

Zumindest ist jetzt der Beweis erbracht, dass auch Gebrauchtraketen nochmals erfolgreich abheben können. Angeblich könnte die erste Stufe der Falcon-9-Rakete zehn Mal und mehr wiederverwendet werden.

Der Hersteller des 5,3 Tonnen schweren SES-Satelliten, die Raumfahrtsparte von Airbus, rechnete offensichtlich mit keinem Fehlschlag. Schon Stunden vor dem Start wurde bei YouTube von Airbus ein Video über einen erfolgreichen Start veröffentlicht. Der Satellit soll nun Kunden in Mittel- und Südamerika mit TV-Kanälen, Internet und Datendiensten versorgen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Getty Images / NASA