Jörg Rheinboldt ist Geschäftsführer des neuen Accelerators APX. Er leitete bereits den früheren Accelerator Axel Springer Plug and Play.

Das Medienhaus Axel Springer und der Sportwagenhersteller Porsche gehen mit einem neuen Accelerator an den Start. Die beiden Geschäftsführer Jörg Rheinboldt und Henric Hungerhoff erklären im Interview mit Gründerszene und NGIN Mobility, für welche Startups sie sich interessieren und warum, was sie außer Kapital zu bieten haben und wer die ersten Gäste in dem neuen Accelerator APX in Berlin-Kreuzberg sind.

Was bedeutet der Name des neuen Accelerators, APX?

Henric Hungerhoff: APX ist einerseits eine Wortschöpfung, die sich aus den Anfangsbuchstaben der Gesellschafter sowie einem phonetischen „X“, das Zeichen für Neues, Unbekanntes, ableitet. Der Apex ist außerdem der Scheitelpunkt einer Kurve, wo der Rennfahrer vom Bremspedal aufs Gas wechselt, um aus der Kurve heraus zu beschleunigen. Dieses Bild finden wir passend.

Henric Hungerhoff (Foto) leitet den Accelerator gemeinsam mit Jörg Rheinboldt.

Warum habt ihr den neuen Accelerator gestartet?  

Rheinboldt: Axel Springer Plug and Play wird sich nach Investitionen in über 100 Startups auf das Wachstum und die darauffolgenden Exits der Portfolio-Unternehmen konzentrieren. Während unser Partner, das Plug & Play Tech Center, verstärkt Kooperationen mit größeren Unternehmen anstrebt, wollen wir weiter in Startups investieren und ihnen dabei helfen, erfolgreich zu werden und externe Investoren zu finden.

Wie kam der Kontakt mit Porsche zustande?

Rheinboldt: Porsche hatte uns zu einer Strategiekonferenz eingeladen. Dort haben wir darüber gesprochen, auf welche Weise Startups von Unternehmen und Unternehmen von Startups profitieren können. Wir stellten fest, dass wir ähnliche Ziele verfolgen und haben dann beschlossen, das gemeinsam zu machen.

Wo liegt die Schnittmenge des Medienhauses Springer und des Sportwagenherstellers Porsche?

Rheinboldt: Porsche und Axel Springer geht es darum, digitale kundenzentrische Geschäftsmodelle zu finden und zu unterstützen. Beide Unternehmen wollen ganz bewusst an Innovationen partizipieren, die über ihre derzeitigen Geschäftsfelder hinausgehen.

Hungerhoff: Beides sind Familienunternehmen und halten unternehmerische Werte hoch. Die beiden Gründer waren technologiebegeistert. Porsche hat sich den Sportwagen gebaut, den es noch nicht gab. Axel Springer mit der Bild ein neuartiges Medium erfunden, das den Markt erobert hat.

In welche Startups investiert ihr?

Hungerhoff: Wir investieren Industrie übergreifend. Und legen großen Wert darauf, dass wir den Startups bestmöglich helfen können. Besonders in den Bereichen Lifestyle, Mobilität, Medien, Reisen, Finanzen- und Versicherungstechnologie, Gesundheit und Marktplätze ist unser Netzwerk stark.

Porsche ist auf diesem Gebiet mit der Startup-Autobahn und diversen Beteiligungen ja schon sehr aktiv, wie harmoniert der neue Accelerator mit den anderen Porsche-Aktivitäten?

Rheinboldt: Wir glauben, dass sich das ergänzt und gegenseitig befruchtet. Genauso ist das auch auf der Seite von Axel Springer. Da sind wir im Accelerator ja auch nicht die Einzigen, die sich mit Startups beschäftigen.

Wie sehen die Rahmenbedingungen bei Euch aus?

Hungerhoff: Es gibt zwei Deals, den Pre-Seed-Deal, bei dem wir 25.000 Euro investieren und fünf Prozent der Firma bekommen, und den Seed-Deal in der Form eines Wandeldarlehens über bis zu 100.000 Euro, wenn das Startup bereits eine Finanzierungsrunde über mindestens 250.000 Euro abgeschlossen hat. Die Höhe unserer Beteiligung hängt dabei von der Höhe der Bewertung der nächsten Finanzierungsrunde ab.

Rheinboldt: Beim Pre-Seed-Deal erwarten wir, dass die Startups bei uns im Büro sind. Das Programm dauert einhundert Tage. Die Startups können weitere 3 Monate bei uns bleiben. Sie bekommen dann nicht mehr eine so intensive Betreuung, können aber weiter unsere Infrastruktur und Netzwerke nutzen. Der Seed-Deal setzt demgegenüber nicht voraus, dass die Startups zu uns in die Markgrafenstraße ziehen. Sie können – müssen es aber nicht.

Wann startet ihr und wie?

Rheinboldt: Wir haben uns in den letzten Wochen schon mit vielen spannenden Gründern getroffen und uns an drei Firmen beteiligt, die inzwischen bei uns eingezogen sind. Ein wesentlicher Unterschied zu Axel Springer Plug and Play: Wir machen nicht mehr drei feste Programme im Jahr, sondern ermöglichen Startups, jeden Monat bei uns anzufangen.

Warum bietet ihr keine festen Batches mehr an?

Rheinboldt: Wir haben gemerkt, dass man in einen Trott kommt, wenn man in Batches arbeitet. Die Auswahl der Startups wird qualitativ besser, wenn das alles nicht so gedrängt ist. Manchmal passt den Startups auch das starre Timing nicht. Letztlich ist es irrelevant, in welcher Reihenfolge Gründer an unserem rollierenden Programm teilnehmen. Die individuelle Betreuung und Vorbereitung auf kommende Finanzierungsrunden der Startups sind sowieso nicht an die drei Monate gekoppelt.

Wie schnell erhalten Gründer eine Zu- oder Absage?

Hungerhoff: Die erste Reaktion gibt es innerhalb weniger Tage. Der Prozess dauert von der Bewerbung bis zum Einzug in der Regel vier bis sechs Wochen.

Rheinboldt: Wir geben relativ schnell Nachricht, ob wir eine Idee spannend finden. Danach gibt es einen Pitch und danach entscheiden wir, ob wir investieren.

Was bietet ihr außer Kapital?

Rheinboldt: Wir sind für Gründer wertvoll, die von unseren Netzwerken profitieren können. Wir wollen Abkürzungen bieten, durch die sie schneller zu ihren Zielen kommen.

Hungerhoff: Wir schauen mit unseren Mitarbeitern – eine sehr heterogene, internationale Truppe – sehr genau nach den individuellen Bedürfnissen der Gründer. Welcher Mentor und welcher Unternehmer ist zu welchem Zeitpunkt der richtige Ansprechpartner?

Rheinboldt: Außerdem haben wir uns in den vergangenen fünf Jahren oft gefragt, nach welchen Kriterien Investoren über frühe Investments in Firmen entscheiden.

Welche sind das?

Rheinboldt: Da geht es um die Frage, ob Gründer eine Produkt- und Vertriebsstrategie haben, inwiefern sie sich Gedanken über die Finanzierung gemacht haben und wie sie ihr Geschäftsmodell weiterentwickeln können. Und generell in der frühen Phase von Strartups darum, wie gut das Team aus ihren Ideen Hypothesen formulieren und diese in die Realität umsetzen kann.

Warum ein Wandeldarlehen für den Seed-Deal?

Rheinboldt: Wir wollen keine Bewertungsdiskussion führen. Für das Wandeldarlehen erhält APX einen Rabatt in der nächsten Finanzierungsrunde.

Wie bewertet ihr den aktuellen Markt? Gibt es eine Investmentblase?

Rheinboldt: Es ist gerade viel Geld im Markt. Gute Investoren gucken weiter sehr genau, wem sie ihr Geld geben. Es hat aber einen Schwung Frühphaseninvestoren gegeben, die recht locker sitzende Investments gemacht haben. Wir registrieren außerdem das zunehmende Interesse amerikanischer Investoren in Berlin. Ich glaube, dass der Investorenmarkt auch im Frühphasensegment internationaler wird.

Nehmt ihr Startups ohne Produkt auf?

Rheinboldt: Wir wollen eine klare Vorstellung, wie das Produkt aussieht und einen Zeitplan, nach dem das Produkt im ersten Drittel des Programms klickbar wird.

In welche Startups habt ihr schon investiert?

Rheinboldt: Flowletics, Powerplace und Streetkickers. Flowletics kümmern sich um deinen Flow State.

Flow State? Das habe ich noch nie gehört.

Rheinboldt: Das ist der Status, in dem man Höchstleistungen erbringen kann und sich gut dabei fühlt. Diesen Flow State kann man beim Sport, beim Arbeiten und für ein balanciertes Leben gut brauchen. Die Gründer haben auf wissenschaftlicher Grundlage eine App gebaut, die dabei hilft, zum richtigen Zeitpunkt in diesen Zustand zu kommen und für sich selber besser zu verstehen, wie man den Flow State erreichen kann.

Was noch?

Hungerhoff: Powerplace bietet einen Algorithmus-as-a-Service, ein B2B-Geschäftsmodell. Das Tool hilft zum Beispiel Mobility- oder Retail-Kunden zu erkennen, wo welche Produkte nachgefragt werden.

Rheinboldt: Die Software analysiert große Datenmengen und versucht daraus zu lernen. Sie können etwa aus Instagram-Daten analysieren, was gerade wo gegessen wird. Sie haben auch eine Anwendung für das Management von Taxi- oder Carsharing-Flotten. Powerplace trifft damit Vorhersagen, wann wo welche Ressourcen gebraucht werden.

Bliebe noch Nummer Drei.

Hungerhoff: Das ist Streetkickers. Mit der App können Amateur-Kicker ihren individuellen Trainingsfortschritt mit einer App messen und den persönlichen Trainingsplan verbessern. Die App soll auch Gamification-Elemente oder einen virtuellen Trainer enthalten. Nicht nur wegen der anstehenden WM ist das ein spannendes Thema.

Das waren zwei B2C- und ein B2B-Startup. Was ist Euer Fokus?

Rheinboldt: Wenn wir an eine Idee glauben und überzeugt sind, den Gründern helfen zu können, dann investieren wir, egal ob es sich um ein B2B- oder B2C-Modell handelt.

 
Bild: APX; Hinweis: Axel Springer ist Gesellschafter der Business Insider Deutschland GmbH, dem Medienhaus von Gründerszene. Weitere Informationen zu Business Insider findet ihr hier: www.businessinsider.de/informationen/impressum