Die neuen Player am Markt wollen das Image des gewieften Gebrauchtwagenverkäufers loswerden.

Kaum ein Markt in Deutschland macht so viel Umsatz wie der Gebrauchtwagenmarkt. Laut des Kraftfahrzeugbundesamts gab es im Jahr 2017 insgesamt 7,3 Millionen Besitzumschreibungen für PKW und Anhänger. Insgesamt setzt der Markt pro Jahr rund 82 Milliarden Euro um, so die Schätzung des DAT Marktforschungsinstitut.

Die Digitalisierung des Marktes begann schon 1996 durch die Gründung von mobile.de. Doch die mittlerweile zum Ebay-Konzern gehörige Plattform setzte lange Zeit auf reine Anzeigen. Eine Servicelücke entstand, die von einigen Startups ausgenutzt wurde. Dabei verfolgen die neu gegründeten Unternehmen unterschiedliche Strategien. Die Geschäftsmodelle sind allerdings ähnlich: Sie kaufen einen Gebrauchtwagen günstig ein und verkaufen ihn dann mit Aufschlag weiter.

Auto1 ist Branchenprimus

Der mit Abstand größte Anbieter auf diesem Markt ist das Berliner Unternehmen Auto1. Dessen bekannteste Plattform ist wirkaufendeinauto.de. Das Prinzip von Auto1 ist einfach: Über Vertragswerkstätten kaufen sie Privatpersonen das Fahrzeug ab. Das Auto wird geprüft und geht dann an den Wiederverkauf an andere Gebrauchtwagenhändler. Das Geschäft brummt deswegen, weil Auto1 eine Lücke erkannt hat. Da man nie so recht weiß, wie der Vorbesitzer mit dem Auto umgegangen ist, unterzieht Auto1 die Fahrzeuge einer Prüfung.

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Mittlerweile wird das 2012 gegründete Unternehmen mit 2,9 Milliarden Euro bewertet und verkauft hunderttausende  Gebrauchtwagen pro Jahr. Der Umsatz lag 2016 bei mehr als 1,5 Milliarden Euro. Im Internet gibt es diverse Berichte von vermeintlichen Kunden, die behaupten, dass Auto1 einen viel zu niedrigen Preis für das Auto geboten habe. Auch gab es Beschwerden von Gebrauchtwagenhändler, dass einige Fahrzeuge mit nicht dokumentierten Mängeln geliefert worden seien. Zahlreiche Klagen gegen Auto1 folgten.

Das bremste den Erfolg des Startups aber nur wenig. Nachdem der japanische VC SoftBank satte 460 Millionen Euro in das Unternehmen gesteckt hat, ist man liquide genug, um es auch mit der asiatischen Konkurrenz aufzunehmen.

Drei deutsche Alternativen zum Marktführer

Ganz konkurrenzlos ist Auto1 nicht. Zum einen gibt es im europäischen Ausland lokale Konkurrenten, zum anderen wollen sich weitere deutsche Unternehmen ein Stück vom Kuchen sichern. Dazu gehört zum Beispiel die Neugründung Heycar. Die VW-Tochtergesellschaft Volkswagen Financial Services hat die Online-Plattform für gebrauchte Autos Ende vergangenen Jahres gelauncht.

Die Berliner arbeiten laut eigener Aussage mit renommierten und erfahrenen Gebrauchtwagenhändler zusammen. Im Unterschied zu Auto1 schränkt Heycar das Angebot allerdings ein. Es werden nur Fahrzeuge angeboten, die nicht älter als acht Jahre sind und weniger als 150.000 Kilometer auf dem Tacho haben. Eine Garantie bietet Heycar nicht, dafür aber die Möglichkeit, es mit den Verkäufern selbst auszuhandeln.

Die gerade mal sechs Monate alte Plattform habe sich laut eigener Angaben bereits auf dem Markt etabliert. So sollen 220.000 Gebrauchtwagen im Angebot sein, heißt es vom Unternehmen. Wie viele davon dann allerdings auch über die Plattform verkauft wurden, wurde bisher nicht bekannt gegeben.

Aus dem Inkubator der Allianz stammt das Startup Abracar. Privatkäufer können über Abracar ihr Fahrzeug verkaufen, ohne sich allerdings um den Verkauf selber kümmern zu müssen. Die Prüfung des Auto, Inserate und Preisverhandlungen übernimmt das Startup. Im Grunde genommen übernimmt das Unternehmen also wie Makler bei einem Hausverkauf die gesamte Abwicklung und kassiert dafür eine Provision von bis zu maximal 999 Euro. Zahlen gibt es vom Unternehmen noch keine. Aber vor allem andere Gebrauchtwagenhändler dürften an diesem Service interessiert sein.

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Einen anderen Weg ist das Startup pkwnow.de gegangen. Statt sich mit Privatkunden zu beschäftigten, hat das in Lüdenscheid ansässige Unternehmen eine Auktionsplattform für Geschäftskunden aufgemacht. Hierüber bieten Gebrauchtwagenhändler auf Fahrzeuge, die sie interessieren und dann weiterverkaufen wollen. Das laut des Gründers Rick Cebulla komplett privat finanzierte Unternehmen verkauft dabei aber nicht nur hochwertige Gebrauchtwagen, sondern auch Autos, die nur für den Export bestimmt sind.

Beim Export handelt es sich um Fahrzeuge, die entweder beschädigt sind, oder mit denen man keine großen Gewinne mehr auf dem deutschen Markt erwirtschaften lassen. Leider gibt es keine genauen Statistiken zum Export von Gebrauchtwagen, aber Experten schätzen, dass rund 700.000 Fahrzeuge pro Jahr verschifft werden. Hauptabnehmer sind einige Länder in Afrika und in Asien. Die Zahlen können aber deutlich höher liegen, weil stillgelegte Fahrzeuge gar nicht mehr erfasst werden, aber dennoch in den Export gehen.

Dass die Margen beim Verkauf ins Ausland deutlich geringer sind, ist die eine Sache. Dennoch gibt es auch hier Startups, die sich auf diesem Markt betätigen. Eines davon ist das von Rocket gegründete Unternehmen Carmudi. Das in Berlin gegründete Unternehmen hat seit 2013 in drei Finanzierungsrunden immerhin 40 Millionen Euro eingesammelt. Das Unternehmen konzentriert sich vor allem auf dem asiatischen Markt, weil sich dort gerade eine neue Mittelschicht etabliert. Für sie ist das Auto weiterhin ein wichtiges Statussymbol.

Wie geht es weiter?

Der Gebrauchtwagenmarkt ist umkämpft, was angesichts der Umsätze kaum verwundert. Zwar rechnet man damit, dass der Markt in den nächsten Jahren vor allem in Großstädten etwas schrumpfen wird, aber die Verluste sollten sich im Rahmen halten.

Wachstumspotenzial besteht definitiv noch für den Export von Gebrauchtwagen. Da nach und nach Elektrofahrzeuge in den nächsten zehn Jahren die Straßen erobern werden, dürfte sich auf dem Gebrauchtwagenmarkt ein Überangebot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor finden lassen. Da diese dann in Europa kaum mehr zu verkaufen sind, wird man sie vor allem in Asien und Afrika auf den Markt werfen. Für Startups öffnet sich hier ein sehr großer Markt.

Bild: Getty Images / Bruce Ayres