tel aviv_smile1Es ist traditionell ein deutsches Metier: Autos produzieren oder Teile für Autos herstellen und liefern. Von diesem Geschäft hängen in Deutschland sehr viele Arbeitsplätze ab. Die Branche ist ein wichtiger Stützpfeiler unserer gesamten Wirtschaft. Eine Studie der Beratungsfirma Roland Berger hat ergeben, dass uns in Zukunft starke Konkurrenz aus Israel erwartet. Denn von den mehr als 5.000 Startups im winzigen Land am Mittelmeer beschäftigen sich circa 500 mit Innovationen für die Automobilindustrie der Zukunft. Obwohl Israel überhaupt keine eigene Autoindustrie besitzt.

1,6 Milliarden Dollar gingen in den mobilen Sektor

Laut Roland Berger wurden in den vergangenen Jahren rund 1,6 Milliarden Dollar in den Smart-Mobility-Sektor in Israel investiert. Das meiste Geld kommt aus den USA. Aber auch China ist genau wie Deutschland unter den Geldgebern. Denn man hat erkannt, dass in Israel das richtige Klima für digitale Kreativität herrscht. Durch die Ausbildung bei der israelischen Armee gibt es eine Vielzahl an Tech-Experten, die nach ihrer Wehrdienstzeit an ihren eigenen Ideen arbeiten. Etwa 30 bis 50 junge Leute werden pro Jahr für eine aufwändige technische Ausbildung in der Armee rekrutiert. Danach gründen sie oft ihr eigenes Startup. Immer häufiger geht es dabei um Elektromobilität, autonomes Fahren und vernetzte Fahrzeuge.

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Auch die großen Player der Branche haben Stützpunkte in Israel aufgebaut, um von der agilen Tech-Startup-Szene zu profitieren. So wird das Land langsam zum Vorreiter und Innovationslabor im Mobilitätsbereich. Eine Entwicklung, die in Deutschland trotz vielfältiger Bemühungen leider noch nicht zu beobachten ist. Auch wenn der Branchenverband Bitkom und das Wirtschaftsministerium jetzt einen Mobility-Hub in der Nähe von München planen.

Deutsche Autohersteller sind inzwischen vor Ort

Durch die Digitalisierung ergeben sich auch bei Zulieferern neue Möglichkeiten. Die Grundlagen dafür werden durch den von der rasanten technischen Entwicklung getriebenen Umbruch gelegt. Wir sind mittendrin. Die Mehrzahl der israelischen Startups arbeitet an disruptiven Geschäftsmodellen. Und in Deutschland sollte man sich genau anschauen, welche unserer bewährten Geschäftsmodelle disrupted werden sollen. Immerhin sind viiele Autohersteller aus Deutschland inzwischen vor Ort, beobachten die Szene, arbeiten mit Startups zusammen oder kaufen sogar Startups.

Von den 500 automobilen Startups in Israel arbeiten 40 Prozent an der sogenannten Smart Mobility. Dazu gehören die Infotainment-Systeme, vernetzte Mobilität, Navigation, automatische Flottenmanager, Parkhilfen und Einbindung von Big Data in die Systeme. 23 Prozent arbeiten an Fahrzeugtechnik, also an Motor, Energieeffektivität oder Sicherheitssystemen. 17 Prozent entwickeln Sensoren und Systeme für autonomes Fahren. Dazu kommen Startups, die sich um Batterien, Speicher, elektrische Autos und Ladestationen kümmern.

Innovation und digitales Talent einverleiben

Israel ist laut der Studie inzwischen zum größten Marktplatz für Tech-Startups geworden. Die überwältigende Mehrheit der 104 gekauften Tech-Firmen ging an ausländische Corporates. Facebook kaufte zum Beispiel Snaptu und face.com. Google investierte im Jahr 2013 1,5 Milliarden Dollar in Waze. Auf diese Weise wollen sich große Unternehmen Innovation und digitales Talent einverleiben. Dabei ist man inzwischen dazu übergegangen, die Startups weiter in Israel arbeiten zu lassen und nicht in Richtung Mutterkonzern zu verpflanzen.

Auch einige deutsche Autohersteller spielen in diesem Spiel um die Vorherrschaft in den Märkten der Zukunft mit. BMW betreibt Technologie-Scouting, Investments (Movit). Daimler tut das auch und eröffnet im ersten Quartal 2017 ein eigenes Technologiecenter in Israel. Außerdem sind noch Volkswagen und Bosch aktiv vor Ort. Die Zeit wird knapp. Experten sagen, dass im Jahr 2025 vollautomatische Elektroautos auf unseren Straßen unterwegs sind. Von wem wird die Ausstattung und Technik stammen? Von deutschen, amerikanischen oder von israelischen Firmen? Es wird ein ganz enges Rennen.

Bild: Getty Images / Ilan Shacham