Unternehmer und Visionär Elon Musk lässt kein Fettnäpfchen aus. Trotzdem bleibt er auf Erfolgskurs.

Noch im Frühjahr 2018 sah es schlecht für Tesla aus: Die Produktion des Tesla 3 verschob sich immer wieder, weil man mit Qualitätsproblemen zu kämpfen hatte. Die von Elon Musk bevorzugte vollautomatische Produktionsanlage versagte – am Ende mussten die Autos in einem Zelt auf dem Firmengelände zusammengebaut werden. Hinzu kam ein fulminanter Angriff einiger Short-Seller, die darauf gewettet hatten, dass der Aktienkurs des Unternehmens kollabieren würde.

Diese Attacke der Anleger brachte Musk derartig auf die Palme, dass er einen mittlerweile berühmt gewordenen Tweet verfasste, in dem er ankündigte, Tesla von der Börse zu nehmen. Das brachte ihm Ärger mit der US-Börsenaufsicht ein, die er dann auch noch beleidigte. Am Ende kostete ihn die Sache viel Geld und seine Macht im Unternehmen wurde – zumindest auf dem Papier – beschränkt.

Doch dann ging es wieder bergauf

Ein Jahr später sieht alles anders aus. Das Unternehmen hat endlich mal wieder einen Gewinn erzielt. Der Tesla 3 verkauft sich gut und mit dem Mini-SUV Tesla Y geht demnächst ein weiteres, wichtiges Modell an den Start. Hinzu kommt, dass Elon Musk letzte Woche mitgeteilt hat, dass er eine neue Gigafactory bei Berlin bauen will. Er greift damit die deutsche Autoindustrie frontal an.

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Von den großen Autoherstellern lacht jedenfalls keiner mehr über Tesla. Entweder schweigt man die Marke tot oder man redet anerkennend von einem interessanten Gegner aus den USA. Tatsächlich verstehen die Manager langsam, wie komplex die Herstellung eines E-Autos sein kann und wie wichtig die Kontrolle über die Herstellung der gesamten Komponenten ist. Dazu gehören sowohl die Batterie als auch die Software.

Bei den Batterien hat zumindest Volkswagen schon einen neuen Weg eingeschlagen und plant eine eigene Produktion der Zellen in Salzgitter. Bei BMW verdichten sich die Gerüchte, dass man zusammen mit BASF, Varta, dem französischen PSA-Konzern und dem Akkuhersteller Saft eine Batteriezellenfabrik aufbauen will.

Auch bei der Software, dem eigentlichen Kernstück der Autos von Tesla, hat ein Umdenken eingesetzt. Statt die Programmierung auszulagern, baut man dann jetzt doch lieber selber. Daimler werkelt fleißig am eigenen MBUX System, VW hat bestätigt, dass ein Betriebssystem „Volkswagen OS“ gebaut werde, das von allen Marken im Konzern eingesetzt werden soll.

Was Tesla den Deutschen voraus hat

Aber beide Unternehmen sind noch meilenweit von dem entfernt, was Tesla heute schon kann. Man muss erst einmal so weit kommen, zeitgleich an Hunderttausenden Fahrzeugen Software-Updates durchzuführen, die auch das halbautonome Fahren betreffen. Während Tesla seinen Kunden mal eben etwas mehr Akkuleistung kostenlos per Update zur Verfügung stellt, muss man bei BMW 110 Euro pro Jahr zahlen, wenn man Apple Carplay nutzen will.

Nicht viel besser sieht es bei den Autos aus. Die deutsche Autoindustrie hat sieben Jahre benötigt, um mit dem Porsche Taycan dem Tesla S etwas Gleichwertiges entgegenzusetzen. Allerdings zu einem Preis, der deutlich höher liegt. Volkswagen hofft, dass man ab Mitte 2020 mit dem ID.3 einen Tesla 3 Konkurrenten anbieten kann. Wer hier das Rennen gewinnt, ist noch offen.

Denn sowohl Porsche als auch Volkswagen müssen auch erst beweisen, dass die Autos ausgereift sind. Bisher hatten die deutschen Hersteller wenig Glück. Audi musste einen großen Teil der ausgelieferten e-tron zurückrufen, weil der Akku undicht war. Bei Mercedes wurden alle EQC zurückgerufen, weil ein Bolzen brechen und das Getriebe blockieren könnte. Der gesamte Antriebsstrang musste ausgewechselt werden.

So einfach, wie sich das einige Hersteller gedacht haben, ist es nicht, Tesla zu überragen. Das Wissen, wie man einen guten Benziner oder Diesel baut, reicht eben alleine nicht aus, weil die digitalisierten Elektroautos eine komplett andere Herangehensweise verlangen. Tesla hat weiterhin einen beeindruckenden Vorsprung vor der Konkurrenz.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Getty Images / South China Morning Post / Kontributor