Egal, welches Magazin man sich heute anschaut – The Verge, Jalopnik oder auch Road & Track – alle sind begeistert vom neuen Softwareupdate, das Tesla in den nächsten Tagen für seine Kunden freigibt. In diesem Update versteckt sich etwas, das Tesla Autopilot nennt. Gemeint ist, dass die Tesla Modelle ab sofort teilautonom fahren können. Teilautonom meint wiederum, dass der Wagen seine eingestellte Geschwindigkeit, den Abstand zum Vordermann einhält, selbstständig der Straße folgt und, im Falle des Tesla, auch die Spur wechseln kann. Elon Musk verkauft diese Technik in den USA, als habe er den die Welt neu erfunden. Dabei sind dies alles Sachen, die ein Mercedes, BMW oder Audi auch schon können. Und zwar seit ein paar Jahren.

 2013 brachte die Mercedes die aktuelle S-Klasse auf den Markt. Ausgestattet mit einer ganzen Armada von Sensoren und Kameras kann man sich in S-Klasse seit knapp zwei Jahren teilautonom durch die Gegend fahren lassen. Der neue Audi Q7, der seit diesem Sommer zu haben ist, geht noch einen Schritt weiter. Er bremst selbständig vor einem Kreisverkehr, passt die Geschwindigkeit auf der Autobahn dank Verkehrszeichenerkennung an und übernimmt bei aktiviertem Stauassistent die Lenkung komplett. Allerdings müssen die Hände am Steuer bleiben, nach 10 Sekunden erfolgt sonst eine akustische Warnung. Die gibt es beim Tesla zwar nicht, allerdings macht Tesla in der Betriebsanleitung und der Pressemeldung klar, dass man die Hände unbedingt am Steuer lassen sollte. Im Land der unbegrenzten Schadenersatzforderungen eine gute Idee. Etwas fahrlässig mutet die PR-Kampagne, dass das Model S nun quasi alleine durch die Gegend rollen kann, dann aber doch an.

Denn die Software und die teilweise nicht mehr ganz taufrischen Sensoren und Kameras des Model S haben ihre technischen Grenzen. Tesla setzt ausschließlich auf die Sensoren und das GPS. Ampeln werden nicht erkannt, ebenso gibt es keine Antwort auf die Frage, ob der Autopilot auch dann arbeitet, wenn die Begrenzungslinien der Strasse nicht sichtbar sind oder ob das System auch in der Nacht im Nebel oder bei starker Gischt funktioniert. Audi setzt zum Beispiel im neuen Q7 auf hochauflösende Karten von Here Maps, die man im Sommer diesen Jahres zusammen mit BMW und Daimler für knapp 2.5 Milliarden Euro gekauft hat. Die Karten lösen in einem Bereich von rund 20 Zentimeter auf und liefern den System zudem weitere Informationen über Wegmarkierungen. Auch fehlen dem Tesla weiter Long-Range-Radar-Sensoren oder die Pre-Sense Technologie, die im Notfall Brems- und Lenkmanöver unterstützen kann.

Auch nicht neu ist die Idee, dass die Sensoren der Autos die Straßen vermessen und die Daten an ein Backend senden, das sie anderen Teslas zur Verfügung stellt. Damit umgeht Tesla das Problem mit ungenauen Kartendaten – jedenfalls dort, wo ein Tesla schon mal unterwegs war. Mercedes macht seit einigen Jahren ähnliches, die dazu gehörigen Cloudserver gibt es ebenfalls. Die neue E-Klasse wird mit diesen Daten arbeiten können.

Eine Sache macht Tesla aber doch besser. Welcher BMW, Toyota oder Audi Fahrer bekommt nachträglich, völlig problemlos per Internet eine derartige Funktionserweiterung seines Fahrzeugs übertragen? Und genau in diesem Punkt zeigt Elon Musk, warum Tesla dann doch wieder eine Nasenspitze voraus ist. Er versteht Autos als digitales Produkt, wie ein Smartphone oder Tablet. Davon sind die anderen Hersteller noch weit entfernt.

Bild: Tesla Motors