Eigentlich ist man bei Tesla wie bei den meisten Startups verschwiegen, wenn es um konkrete Zahlen geht. Doch seit vergangenem Donnerstag gibt sich Gründer und Chef Elon Musk plötzlich ungewohnt gesprächig. Immer wieder teilt er über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, wie viele Exemplare des neuen Model 3 bereits „bestellt“ worden seien. Die letzte Zahl stammt vom Sonntag: 276.000 Exemplare des neuen Models in nur drei Tagen.

Eine beeindruckende Zahl, schließlich hat Tesla bislang in den vergangenen vier Jahren zusammen nur etwa 107.000 Autos weltweit ausgeliefert. Da stellt sich die Frage, wie verbindlich die Bestellungen eigentlich sind, die da derzeit bei Tesla eingehen.

Auf den ersten Blick wirkt die Sache ziemlich fix: Es reicht nicht, einfach nur seine Daten auf der Webseite einzutragen, sondern man muss je nach Region sofort 1.000 Euro oder 1.000 Dollar bezahlen, um auf der Warteliste für ein Model 3 zu landen. Eine „Anzahlung“ sei das, sagt eine Sprecherin für Tesla in Deutschland. Die Summe werde später mit dem Kaufpreis des Tesla 3 verrechnet. Der soll 35.000 Dollar (rund 31.000 Euro) kosten, aber frühstens Ende 2017 ausgeliefert werden.

Geld kann jederzeit zurückgefordert werden

Tesla-Chef Musk verwendet auf Twitter stets das englische Wort „order“, was sich nur mit „Bestellung“ übersetzen lässt. Doch wer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen liest, stellt fest, dass man gar keine Bestellung, sondern lediglich eine „Reservierung“ abschließt. Unter Punkt 3 der Bedingungen heißt es: „Während diese Reservierung Ihnen Priorität bei der Belieferung innerhalb Ihrer Region zusichert, begründet sie keinen Kauf und keine Bestellung eines Fahrzeugs.“

Dafür müsse man erst eine weitere Kaufvereinbarung abschließen, wenn die tatsächliche Produktion des gewünschten Autos kurz bevorstehe. „Bis Sie diese Kaufvereinbarung eingehen, kann Ihre Reservierung jederzeit abgebrochen werden, in diesem Fall wird Ihre Reservierungszahlung vollständig erstattet.“ Tatsächlich ist der Vorgang also völlig unverbindlich, das Geld kann jederzeit zurückgefordert werden.

Man habe auch bei den Vorgängermodellen S und X dieses Verfahren gewählt, sagte eine Tesla-Sprecherin. Wie viele Reservierungen dann tatsächlich auch zu Bestellungen geführt haben, teile das Unternehmen nicht mit. Sollte eine Reservierung abgebrochen werden, erstatte Tesla die 1.000 Euro innerhalb kurzer Zeit. Für den Autobauer ist die Anzahlung natürlich trotzdem eine angenehme Sache, schließlich bekommt er ein zinsloses Darlehen seiner potenziellen Kunden. Bei 276.000 reservierten Exemplaren sind das immerhin mehr als 276 Millionen Dollar.

Doch Musk macht noch eine weitere Rechnung auf in seinen Tweets – und die ist keineswegs garantiert: „180.000 Model-3-Bestellungen in 24 Stunden. Verkaufspreis mit durchschnittlicher Zusatzausstattung wahrscheinlich 42.000 Dollar, heißt etwa 7,5 Milliarden Dollar an einem Tag“, schrieb er bereits am Freitag. Doch das stimmt nur, wenn tatsächlich aus jeder Reservierung auch eine Bestellung würde. Das ist aber extrem unwahrscheinlich.

Subventionen in den USA knapp

Vor allem in den USA dürften viele potenzielle Kunden wieder abspringen, bevor das Model 3 geliefert wird. Das hat einen einfachen Grund: Wer in den Vereinigten Staaten derzeit ein Elektroauto kauft, bekommt eine staatliche Förderung von mindestens 7.500 Dollar, die von der Einkommensteuer abgezogen wird. Doch diese Subvention wird nur so lange gezahlt, bis der Hersteller des Elektroautos 200.000 Exemplare mit der Förderung verkauft hat. Dann ist Schluss.

Viele amerikanische Model-3-Käufer werden daher wohl leer ausgehen. Denn Tesla nähert sich bereits der Schwelle von 200.000 Fahrzeugen. Bis Ende 2016 sollen bis zu 197.000 Teslas insgesamt verkauft worden sein, schätzt das Unternehmen selbst. Nun werden die nicht alle in den USA zugelassen, etwa die Hälfte seines Umsatzes macht Tesla in den Vereinigten Staaten.

Das würde bedeuten, dass dort Ende dieses Jahres bereits die Hälfte der Förderung in Anspruch genommen wurde. Doch die Produktion und Auslieferung des Model 3 beginnt erst Ende 2017. Steigert Tesla auch im kommenden Jahr wieder seinen Absatz der bestehenden Modelle S und X, könnte die Subvention bereits auslaufen, kurz nachdem das erste Model 3 geliefert worden ist.

Doch dann könnte für viele potenzielle Käufer die Rechnung nicht mehr aufgehen, sodass ein Auto mit herkömmlichem Verbrennungsmotor günstiger als ein Elektrofahrzeug ist. Hinzu kommt, dass bislang nicht klar ist, ob man das Model 3 an den Ladestationen von Tesla kostenlos wieder mit Strom betanken kann. Auch das könnte sich beim Kostenvergleich negativ auswirken.

Auf Twitter auf das Subventionsproblem angesprochen, schreibt Musk: „Unser Produktionsplan sollte ermöglichen, dass eine große Zahl von Nicht-X/S-Kunden die Förderung bekommt.“ Wie das genau gelingen soll, schreibt er nicht. Da ist Tesla wieder ganz verschwiegenes Startup.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Welt.

Bild: Tesla Motors