„Die Wachstumsrate wird nicht richtig anerkannt“, sagt Tesla-Chef Elon Musk zu den verlustreichen Quartalszahlen

Eigentlich sind Tesla-Investoren schwer zu schocken. Selbst massiv verfehlte Ziele lassen die Aktie des amerikanischen Elektroautobauers normalerweise nur leicht sinken. Doch mit der Meldung vom späten Mittwochabend hatten die Tesla-Aktionäre offenbar dann doch nicht gerechnet.

Elon Musk hatte schon vor einigen Tagen verkündet, dass im vergangenen Vierteljahr neue Rekordwerte bei der Produktion und Auslieferung von Fahrzeugen erreicht worden seien. Das müsste sich ja eigentlich auch positiv bei Umsatz und Gewinn bemerkbar machen – oder zumindest den Verlust auf ein absolutes Minimum drücken, wenn es schon nicht für schwarze Zahlen reichen sollte.

Doch es kam mal wieder anders: Trotz des Höchstwertes von 95.356 ausgelieferten Fahrzeugen in den vergangenen drei Monaten fuhr Tesla einen Verlust von mehr als 408 Millionen Dollar (366 Millionen Euro) ein. Das war zwar deutlich weniger als noch vor einem Jahr, als Musk ein Minus von fast 718 Millionen Dollar (644 Millionen Euro) vermelden musste. Doch die Investoren hatten einen deutlich geringeren Verlust erwartet. Im nachbörslichen Handel verloren die Papiere von Tesla rund zehn Prozent an Wert.

Elon Musk fühlt sich einmal mehr unverstanden. „Die Wachstumsrate wird nicht richtig anerkannt“, sagte der Vorstandschef. Vergleiche man die Auslieferungszahlen mit denen des gleichen Quartals des Vorjahres ergebe sich ein Plus von rund 80 Prozent. „Das ist der beste exponentielle Graph, den ich je gesehen habe“, sagte Musk. „Es ist schwierig für Menschen, ein exponentielles Wachstum zu spüren, aber Tesla wächst exponentiell.“

Das ändert aber natürlich nichts an der Tatsache, dass der Elektroautobauer noch immer mit jedem einzelnen gebauten Auto einen Verlust einfährt.

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Immerhin kündigt Musk an, dass man im dritten Quartal des Jahres nahe an eine schwarze Null herankommen werde, in den letzten drei Monaten des Jahres soll Tesla dann wieder Gewinn machen. Schon jetzt habe man mit rund fünf Milliarden Dollar (4,5 Milliarden Euro) genug Bargeld zur Verfügung, allerdings stammt der Großteil aus einer Kapitalerhöhung über mehr als 2,4 Milliarden Dollar.

Doch auch im laufenden Geschäft habe man einen Mittelzufluss von mehr als 600 Millionen Dollar verzeichnet. „Tesla finanziert sich inzwischen selbst“, sagte Musk. Das soll auch so bleiben – mit Ausnahme von Phasen, in denen neue Produkte oder Standorte an den Start gehen.

Davon sind in den nächsten Monaten und Jahren einige geplant: Bis Ende des Jahres soll die Gigafactory im chinesischen Shanghai erstmals Exemplare des Model 3 außerhalb der USA produzieren, bis Ende 2020 werde man mit dem Model Y das nächste Modell auf den Markt bringen.

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Auch für Europa will Musk noch in diesem Jahr über einen Standort für eine weitere Gigafactory entscheiden. Auch Deutschland gilt als möglicher Standort für eine Tesla-Fabrik.

Einer wird bei der Eröffnung der neuen Werke nicht mehr dabei sein. Nebenbei erwähnte Musk bei der Präsentation der Bilanzzahlen, dass einer der Tesla-Gründer, JB Straubel, das operative Geschäft verlässt. Straubel war schon vor 16 Jahren bei der Entstehung des Elektroautobauers dabei – im Gegensatz zu Elon Musk, den viele für den Gründer von Tesla halten.

Angeblich war es Straubel, der Musk einst überhaupt zu Tesla holte. In den vergangenen Jahren war er als Chief Technology Officer für die technische Entwicklung zuständig. Künftig werde er nur noch als Berater tätig sein, kündigte Musk an. Es ist der wohl hochkarätigste Abgang in einer ganzen Reihe von Top-Managern, die Tesla in den vergangenen Monaten verlassen haben.

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„Ich werde nicht verschwinden“, beteuerte Straubel zwar. „Das ist kein Mangel an Zuversicht in die Firma.“ Dennoch dürfte der eine oder andere Anleger wohl die Frage stellen, ob Straubel schlicht genug hatte von den ständigen Verlusten. Ein positives Signal ist der Abgang sicher nicht.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Gettyimages /JIM WATSON