Am Tag des IPO wurde ein Plakat mit dem Schriftzug des Mobilitätsdienstleisters an der New Yorker Börse aufgehängt.
Am Tag des IPO wurde ein Plakat mit dem Schriftzug des Mobilitätsdienstleisters an der New Yorker Börse aufgehängt.

Die Börsengänge von Lyft und Uber kann man, zumindest im Moment, getrost als schwierig bezeichnen. Beide Unternehmen konnten den Preis der Aktie nicht halten und gerieten schnell unter Druck. Ein Grund dafür ist auch, dass die Analysten das Geschäftsmodell der Firmen zunehmend kritisch bewerten, weil sich die Kosten für die Fahrer nach oben entwickeln. Das passiert vor allem in der EU, wo sich beide Unternehmen mit dem herrschenden Arbeitsrecht mehr als schwer tun.

Enges Korsett für Fahrer

Uber und Lyft versuchen, sich weiterhin als reine Vermittlungsplattformen für Fahrdienstleistungen zu präsentieren. Sie argumentieren, dass sie den Privatleuten, die mit ihrem privaten PKW Taxifahrten anbieten, nur die Vermittlung ermöglichen. Man habe aber nichts mit deren Arbeit als Fahrer zu tun. 

Dabei sperren Uber und Lyft ihre angeblich so freien Fahrer in ein sehr enges Korsett. Wer die Vermittlungstätigkeiten beider Dienste in Anspruch nehmen möchte, der muss sich einigen Regeln unterwerfen, die weit in die Entscheidungen eines vorgeblich völlig freiberuflichen Mitarbeiters eingreifen. Weder können die Fahrer die Fahrpreise bestimmen, noch können sie ihren Lohn frei verhandeln. Zwei Merkmale, die eigentlich zum Leben eines Freelancers gehören. 

Höhere Preise vor dem Börsengang

Uber verweist immer wieder darauf, dass die Fahrer viel Geld verdienen können. Das verlockende Angebot stellt sich aber oft als nicht nachhaltig heraus, wie Reuters herausgefunden hat. So hat Uber auch in anderen Ländern vor dem Börsengang die Fahrpreise erhöht, diese Mehreinnahmen aber nicht an die Fahrer weitergegeben. Zwar hat Uber in der letzten Zeit in bestimmten Ländern den Fahrern eine Kranken- und Unfallversicherung angeboten, das geschah aber erst, nachdem der Protest der Fahrer auch in den USA überhandgenommen hatte. An der Sichtweise, dass die Fahrer alle Freiberufler sind, hat das nichts geändert.

Uber kann seine aktuellen Preise aber nur anbieten, wenn die Lohnkosten niedrig sind. Was auch einer der Gründe ist, warum Ridehailinganbieter massiv in die Entwicklung der autonomen fahrenden Autos investieren. Kann man den angestellten Fahrer loswerden, spart man rund 50 bis 60 Prozent der Betriebskosten. Doch bis autonome Taxen in Städten zugelassen werden, wird es noch etliche Jahre dauern. Selbst wenn die Technologie mittlerweile große Fortschritte macht, die Gesetzgebung ist längst nicht so weit.

Clinch mit EU programmiert

Dazu kommt, dass die EU im letzten Monat die Arbeitsschutzregeln für Mitarbeiter verschärft hat. Sie richten ausdrücklich gegen Plattformanbieter wie Uber und Lyft. Dabei geht die EU nicht so weit wie ein Gericht in England, das Mitarbeitern von Ridehailinganbietern einen Mindestlohn und bezahlten Urlaub zugesprochen hat. Aber auch die neuen Regeln der EU stören das Geschäft beider Unternehmen, die zugeben, dass sie nur dann in die schwarzen Zahlen kommen, wenn die Fahrer eben nicht wie Angestellte behandelt werden.

Der Druck auf Uber und Lyft, vernünftige Zahlen abzuliefern, ist nach dem Börsengang weiter gestiegen. Aber wie nachhaltig ist ein Geschäftsmodell für die Gesamtwirtschaft, wenn nur die Unternehmen verdienen, nicht aber die Fahrer? So richtig die Idee einer Anpassung des Personenbeförderungsgesetzes durch den Bundestag auch ist, gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass es Mindeststandards im Arbeitsrecht für die Fahrer gibt. Was wiederum Unternehmen wie Uber und Lyft nicht gefallen wird.

Viele Alternativen haben beide Firmen nicht. Entweder verzichtet man auf den EU-Markt, was den Investoren nicht gefallen wird. Oder man geht das Risiko ein, über Jahre in Europa kaum bis keine Gewinne zu machen. Die Rettung für beide kommt erst dann, wenn autonome Taxen flächendeckend eingeführt werden können. Ob die Investoren so viel Geduld haben?

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Getty Images / DON EMMERT