Mercedes-Benz und Bosch starten in San Jose einen automatisierten Mitfahrservice mit S-Klasse-Fahrzeugen (hier noch mit Security Driver). autonom
Mercedes-Benz und Bosch starten in San José einen Mitfahrservice mit automatisierten S-Klasse-Fahrzeugen (hier noch mit Sicherheitsfahrer).

Mobilitätsdienstleister müssen noch viel Überzeugungsarbeit leisten, damit das automatisierte und autonome Fahren zum Erfolg wird. Eine Studie des Vereins deutscher Ingenieure (VDI) zeichnet ein von Skepsis, Unwissenheit und Misstrauen gezeichnetes Bild, das Menschen in Deutschland von der neuen Technologie haben.

So überwiegt die Angst vor Hackerangriffen in den Augen der Befragten den möglichen Sicherheitsgewinn. Acht von zehn Studienteilnehmern glauben, Kriminelle könnten sich des selbstfahrenden Autos bemächtigen und die Insassen in Gefahr bringen – genährt von einzelnen Meldungen über schwere Unfälle. Knapp die Hälfte glaubt, die Sicherheit auf den Straßen sinke durch autonome Autos. 73 Prozent der Menschen unter 30 gehen hingegen davon aus, dass die Zahl der Unfälle durch selbstfahrende Wagen sinken wird. Ein ähnliches Bild gibt es von der Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs: Zwei Drittel der Bevölkerung sind gegen fahrerlose Busse und Bahnen.

Mehr Sicherheit durch Fahrassistenten

Dieser Skepsis hält Lutz Eckstein, Direktor des Instituts für Kraftfahrzeuge der RWTH Aachen, entgegen: „Autonome Fahrzeuge können gleichzeitig in alle Richtungen schauen und vorausschauend fahren.“ 91 Prozent der Unfälle in Deutschland sind laut VDI auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen. Andere Studien belegen dem Verband zufolge, dass die Unfallzahlen durch den Einsatz von Fahrassistenten wie Antiblockiersystemen (ABS) Stabilitätsprogrammen (ESP) oder Abstandstempomaten gesunken sind.

Eckstein regt sogenannte Living Labs an: Labore, in denen die neue Technologie erfahrbar gemacht wird. „Akzeptanz entsteht mit dem erlebbaren Nutzen“, sagt der Autoexperte, der neben seiner Tätigkeit als Forscher und Hochschullehrer der VDI-Gesellschaft für Fahrzeug- und Verkehrstechnik vorsitzt. Aber auch die Städte sind seiner Meinung nach gefragt und sollten die erforderliche Infrastruktur schaffen. „Hier bleiben noch viele Potenziale liegen“, sagt Eckstein.

Ein Geschäftsmodell für Städte

Autonomes Fahren bietet Städten nach Meinung des Experten Chancen: „Automatisierte Shuttles als Ergänzung zum ÖPNV werden zeitnah zu einem attraktiven Baustein der urbanen Mobilität“, sagt Eckstein. Städte könnten mit den Daten, die von autonomen Fahrzeugen gewonnen werden „digitale Zwillinge“ ihrer urbanen Verkehrslandschaft entwickeln. Solche Datensammlungen lassen sich vermarkten und könnten sich zu einem neuen Geschäftsmodell für Städte entwickeln. Logistikunternehmen, die ihre Flotten effizienter steuern könnten, seien hier mögliche Abnehmer. Städte könnten mit den Daten auch selbst Mobilitätsplattformen schaffen. „Sie sind hier in einer hervorragenden Position“, so Eckstein.

Lest auch

Solche selbstfahrenden Shuttles könnten auch für den ländlichen Raum besser mit öffentlichem Nahverkehr versorgen. Nach Meinung des Verkehrsexperten ist dafür nicht einmal flächendeckendes 5G-Netz erforderlich. „Shuttles müssen auch ohne Kommunikation sicher fahren können“, sagt er. Sie bräuchten nur präzise und aktuelle Karten. Diese kann der Bordcomputer des autonomen Fahrzeugs dann mit den Daten der Laser- und Radarsensoren sowie der Kameras und den gespeicherten Regeln vergleichen und Fahrentscheidungen treffen. Solche Karten müssen nach Ecksteins Worten nicht in Echtzeit bereitgestellt werden.

Autonome Shuttles machen Mobilität billiger

Ein kritischer Faktor sind die Kosten. Assistenzsysteme und autonome Fahrzeuge werden anfangs sehr teuer sein. „Doch hier entstehen Skaleneffekte“, sagt der Professor. „Wenn sich die Stückzahl verzehnfacht, halbiert sich der Preis.“ Langfristig würden durch autonomes Fahren die Kosten der Mobilität sinken. „Ein Shuttle, das 24 Stunden im Einsatz ist, ersetzt vier Kraftfahrer. Das sind pro Jahr 120.000 Euro Personalkosten“, rechnet der Experte vor. Dass dies soziale Probleme verursacht, erwartet er nicht. „Heute lernt fast keiner mehr den Beruf des Berufskraftfahrers.“

Lest auch

Bild: Daimler