Voi hatte Mitte März aus Sicherheitsgründen seine gesamte E-Scooter-Flotte aus dem Verkehr gezogen.
Voi hatte Mitte März aus Sicherheitsgründen seine gesamte E-Scooter-Flotte aus dem Verkehr gezogen.

Nach mehr als zwei Monaten im unfreiwilligen Winterschlaf kehren die E-Scooter-Startups langsam auf Deutschlands Straßen zurück. Der Corona-Lockdown hat ihnen hart zugesetzt. Bereits in den ersten Tagen sackten die Umsätze um bis zu 80 Prozent ab, es folgten Massenentlassungen und Kurzarbeit. Während einige Branchenanalysten bereits die ersten Pleiten prognostizieren, erwartet der Deutschlandchef des schwedischen E-Scooter-Anbieters Voi, Claus Unterkircher, eine schnelle Erholung im Zuge der Lockerungen. „Nach der Krise werden sich deutlich mehr Menschen auf E-Scootern bewegen“, sagt Unterkircher im Gespräch mit Business Insider. 

Angesichts der Infektionsgefahr würden viele Menschen auf Verkehrsmittel umsteigen, in denen sie die Abstandsregeln besser einhalten können. Der Trend zur Individualmobilität habe sich auch in der Übergangsphase vor dem Lockdown gezeigt, so Unterkircher. „Die Auslastung unserer Flotte ist zu Beginn der Krise noch gestiegen. Fahrten waren im Schnitt 15 bis 20 Prozent länger, was auf einen Umstieg bei längeren Wegen hinweist.“ Erst mit den Ausgangsbeschränkungen sei die Nachfrage massiv zurückgegangen.

E-Scooter kehren zurück auf die Straßen

Voi hatte Mitte März aus Sicherheitsgründen seine gesamte E-Scooter-Flotte aus dem Verkehr gezogen. Die US-Konkurrenten Lime, Jump und Bird stellten den Betrieb ebenfalls vorübergehend ein. Allein die Elektroflitzer des Berliner Startups Tier Mobility und des niederländischen Anbieters Dott waren noch hier und da auf deutschen Straßen zu sehen.

Während die E-Scooter von Lime schon seit ein paar Tagen wieder im Stadtbild deutscher Metropolen zu sehen sind, will Voi schrittweise bis Anfang Juni mit der maximalen Flottengröße zurückkehren. Bisher sind die Roller wieder in Karlsruhe, Lübeck, München, Augsburg, Aachen und Hamburg unterwegs. Mit der Rückkehr sollen auch die Geschäftsgebiete in nahezu allen Städten größer werden, um noch mehr Wohngebiete abzudecken, so der Voi-Deutschlandchef zu Business Insider. Zudem soll es Rabatte geben.

Für den Wiederaufbau fehlt teilweise das Personal

Trotz allem Optimismus bleibt offen, ob die Branche die Verluste der vergangenen Wochen wieder wettmachen kann, zumal jetzt das Personal fehlt. Voi hatte in Deutschland Kurzarbeit angemeldet und nach eigener Aussage keine Mitarbeiter entlassen, allerdings gab es weltweit einen Stellenabbau und Kündigungen. Der Berliner Anbieter Tier hatte zwischenzeitlich rund 60 Prozent seiner Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt.

Damit geht es der Belegschaft immer noch besser als den US-Konkurrenten Bird und Lime, die aufgrund knapper Kassen zu Massenentlassungen übergegangen sind. Lime kündigte noch im April knapp 13 Prozent seiner Mitarbeiter. Bei Bird musste sogar 30 Prozent der Belegschaft gehen. Die Massen-Videokonferenz via Zoom, in dem die 406 Mitarbeiter von ihrer Entlassung erfahren haben, gilt mittlerweile als Negativbeispiel für schlechtes Personalmanagement. In der Videokonferenz bekamen die Mitarbeiter nur ein vorgelesenes Statement zu hören, eine Bildübertragung oder gar persönliche Worte von Bird-Chef Travis VanderZanden gab es nicht.

Konsolidierung schreitet fort

Auch nach den Massenentlassungen ist die Krise für einige Startups noch nicht überwunden. Unterdessen schreitet die Konsolidierung im Markt fort. Nachdem Bird bereits im Januar den deutschen Konkurrenten Circ geschluckt hatte, haben sich jetzt die Uber-Tochter Jump und das US-Startup Lime zusammengetan. Uber überlässt die E-Scooter und E-Bikes von Jump dem einstigen Konkurrenten und beteiligt sich als führender Investor in einer 170 Millionen Dollar schweren Finanzierungsrunde an Lime, wie Anfang Mai bekannt wurde. Zuvor hatte das Investigativportal „The Information“ über die Notfinanzierung berichtet, die den Unternehmenswert angeblich um bis zu 80 Prozent drücken soll.

 

Dieser Artikel erschien zuerst auf Business Insider Deutschland.
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Bild: Getty Images / Chesnot