In den 70er-Jahren wurde mit einer aufwändigen Plakatkampagne für die damals umstrittene Anschnallpflicht geworben.

Verbraucher in Deutschland sind skeptisch, was das autonome Fahren betrifft. Das geht aus der repräsentativen Mobility-Studie des Digitalverbandes Bitkom hervor.


Nur jeder zwölfte Deutsche ist demnach bereit, das Lenkrad seines Autos völlig aus der Hand zu geben und der künstlichen Intelligenz das Fahren zu überlassen. Allerdings wünschen sich drei Viertel der Menschen, dass das Auto in bestimmten Situationen selbstständig fährt: beim Ein- und Ausparken (65 Prozent) oder im Stau (54 Prozent). Doch im fließenden Verkehr fängt die Skepsis an: Auf der Autobahn würden nur 28 Prozent der Deutschen das Lenkrad gerne aus der Hand geben, auf Landstraßen nur 18 Prozent und in kritischen Situationen würden nur 17 Prozent der Autofahrer der Technologie vertrauen. 

Die Mobilitätswirtschaft hat neben vielen anderen Herausforderungen ein Kommunikationsproblem. Autofahrer vertrauen nur Technologien, die sie kennen und vertrauen gelernt haben – etwa das Piepen des Abstandsassistenten beim Einparken. „Die Betreiber von digitalen Testfeldern könnten einen ,Tag des offenen Testfeldes‘ einführen, damit Verbraucher sich angucken und im wahren Wortsinn erfahren können, wie automatisiertes Fahren funktioniert“, sagt Mario Sela, Bereichsleiter Mobility beim Bitkom. Damit könne die Skepsis ausgeräumt werden. Grundsätzlich glaubt er: „Es ist eine Frage der Zeit, bis sich Assistenzsysteme durchsetzen.“

Auch bei Einführung der Anschnallpflicht gab’s laute Proteste

Alles schon mal da gewesen – denken Ältere angesichts der Ressentiments gegenüber der neuen Technologie. Deutsche Autofahrer reagierten 1976 geradezu hysterisch auf die Einführung der Anschnallpflicht und fühlten sich durch den Gurt ihrer Freiheit beraubt. Selbst die damals steigende Zahl der Unfalltoten brachte die Menschen nicht zur Vernunft.

Irrationale Befürchtungen, man könne im verunglückten Auto verbrennen oder ertrinken, machten die Runde. Eine mehrere Millionen Mark teure Werbekampagne wurde aufgesetzt. Die Verkehrswacht stellte Gurtschlitten auf schiefen Ebenen in Fußgängerzonen, auf denen sich Menschen von der Sinnhaftigkeit  des Anschnallens  überzeugen konnten. Erst als der Verstoß mit 40 Mark (umgerechnet etwa 20 Euro) geahndet wurde, begann die Front der um ihre Autofahrer-Freiheit gebrachten Gurtverweigerer zu bröckeln.

Ähnlich irrationale Gründe begleiten auch die Diskussion um das autonome Fahren. 78 Prozent haben Angst vor technischen Problemen, 63 Prozent vor Hackern. Immerhin glauben 60 Prozent der Bundesbürger, dass selbstfahrende Autos mehr Sicherheit für Fahrzeuginsassen oder andere Verkehrsteilnehmer bringen. Doch einzelne Unfälle stellen die Technologie immer wieder infrage – wie zuletzt der Tesla-Crash an einem Autobahn-Abzweig oder der tödliche Uber-Unfall mit einer Fußgängerin.

Trotz solcher Rückschläge: „Autonomes Fahren ist eine Schlüsseltechnologie für das Mobilitätssystem der Zukunft“, sagt Sela. Er will das nicht nur den individuellen Autoverkehr beschränkt wissen. „Dazu gehören auch Busse, Bahnen und Lkw.“ Und es erfordert eine Infrastruktur: „Die Revolution der Mobilität wird nur dann zum Erfolg, wenn wir die dafür erforderliche Verkehrs-, Energie- und Breitband-Infrastruktur schaffen“, erläutert Sela.

Neue Autohersteller gewinnen Vertrauen

Diese Revolution der Mobilitätswirtschaft wirft auch die Frage auf, wer die Player der Zukunft sein werden. Überraschende Erkenntnis der Studie: Jeder Dritte, der sich heute schon vorstellen kann, ein autonomes Auto zu kaufen, würde dazu am ehesten zu einem neuen Autohersteller wie Tesla (30 Prozent) oder einem Digitalunternehmen (3 Prozent) gehen. 36 Prozent würden hier einen deutschen Hersteller bevorzugen.

Bild: Deutscher Verkehssicherheitsrat/ Grafiken: Michel Penke