Tesla führt beim autonomen Fahren und der Softwareentwicklung. Das sieht jetzt auch VW-Chef Herbert Diess ein.
Tesla führt beim autonomen Fahren und der Softwareentwicklung. Das sieht jetzt auch VW-Chef Herbert Diess ein.

Es war damals auf den ersten Blick kein schlechter Deal für Daimler. 2009 kaufte der Konzern für rund 50 Millionen Dollar Anteile an Tesla. 2014 veräußerte man sie zum Gegenwert von 780 Millionen Euro wieder. Daimler sei der einzige Hersteller, der mit der Elektromobilität Geld verdient habe, sagte der damalige CEO Dieter Zetsche. Allerdings verlor der Konzern durch den Deal auch den Zugang zu den elektrischen Antrieben von Tesla, die man zum Beispiel in der B-Klasse verbaute. Ebenfalls verloren ging der Austausch auf der Software-Ebene. Genau dieses Know-how fehlt nun schmerzlich.

„Tesla-Fahrzeuge funktionieren wie ein neuronales Netz“

Tesla ist nicht einfach ein Autohersteller. Das US-Unternehmen ist vor allem ein Software-Entwickler. Während bei traditionellen Herstellern der Antrieb und der Innenraum im Fokus der Entwicklung stehen, hat Tesla mit der Software eine weitere Ebene hinzugefügt. Dabei geht es nicht nur um schicke Apps auf dem Display im Fahrerraum, sondern um die Integration aller durch die Software gesteuerten Elemente eines Fahrzeugs. Dazu gehört natürlich auch das teilautonome Fahren.

Manager aus der Autoindustrie haben Tesla lange nicht als Gegner ernst genommen und verspottet. Doch das hat sich geändert. Volkswagen-Chef Diess hat laut der Automobilwoche nun zugegeben, dass Tesla bei der Softwareentwicklung meilenweit vor dem eigenen Unternehmen liegt. „500.000 Teslas funktionieren als neuronales Netz, das kontinuierlich Daten sammelt und dem Kunden im 14-Tages-Rhythmus ein neues Fahrerlebnis bietet“, wird Diess zitiert. 

Kein anderer Hersteller kann dies im Moment leisten. Zum einen hat man weniger untereinander vernetzte und teilautonome Fahrzeuge auf der Straße als Tesla. Statt wie die Kalifornier auf Daten von hunderttausenden von Fahrzeugen zurückgreifen zu können, müssen die anderen Hersteller auf eine kleine Flotte von Testfahrzeugen und Simulationen setzen.

Nur wenige Updates pro Jahr

Weiterhin sind alle Herstellern derzeit nicht in der Lage, umfangreiche und vor allem sicherheitsrelevante Updates per Funk in kurzer Folge an die Kunden auszuliefern. Während Tesla-Besitzer mehrere Updates pro Jahr erhalten, schaffen die deutschen Hersteller gerade mal ein oder zwei große Updates pro Jahr.

Der Teufelskreis für viele Hersteller ist, dass man weiter an Boden verliert, je länger man hinterher hinkt. Die Panik, vor allem der deutschen Autobauer, ist nachvollziehbar und führt zu bisher kaum für möglich gehaltenen Denkmodellen.

Daimler ist mit dem Multimedia-System MBUX schon recht weit, BMW hängt hinterher und VW hat erst im letzten Jahr beschlossen, dass man alle Fahrzeuge des Konzerns auf ein gemeinsames Betriebssystem stellen will (VolkwagenOS, geplant 2025). Jetzt tauchen Berichte auf, wonach einige Hersteller ein gemeinsames System entwickeln wollen. Quasi ein DeutschlandAG-System. Aber die komplette Neuentwicklung eines Betriebssystems, das zudem auf alle Modelle der Hersteller passt, dürfte Jahre dauern.

Der Vorsprung, den sich Tesla über die Jahre erarbeitet hat, wird sich nicht leicht aufholen lassen. Die Vernetzung der Fahrzeuge untereinander vor allem für das autonome Fahren wird immer wichtiger und auch die vernetzten Angebote für die Nutzer sind ein zunehmend wichtiges Kaufargument. Tesla wird daher noch eine lange Zeit in Sachen Software die Führung inne behalten.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Getty Images / Carsten Koall