Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt es besonders viele Airbnbs.

„Verdien‘ dir als Gastgeber in Berlin bis zu 1.472 Euro pro Monat dazu.“ Das Versprechen von Airbnb klingt lukrativ. Muss es auch, denn wer in Berlin eine Wohnung über die Internetplattform anbieten möchte, muss seit 1. August tief in die Tasche greifen – oder bereit sein, Gesetze zu brechen.

Wie andere Touristenmagneten in Europa will auch die deutsche Hauptstadt das Geschäft mit illegalen Ferienwohnungen bekämpfen. Helfen soll das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz. So holprig wie der Name über die Zunge geht, verläuft auch die Umsetzung.

Zunächst die Fakten: Ab sofort dürfen Unterkünfte generell nur noch in Abstimmung mit den Behörden angeboten werden. Eine Genehmigung kostet 225 Euro und ist nötig, wenn mehr als 49 Prozent der Wohnfläche vermietet werden. Dazu zählen also sämtliche Zweit- und Ferienwohnungen und ein Teil der sogenannten Home-Sharing-Angebote. Doch auch wer nur sein halbes Zimmerchen mit Luftmatratze anbieten möchte, muss – wenn auch kostenfrei – den Behörden sein Vorhaben mitteilen und eine Registrierungsnummer erhalten. Darüber hinaus dürfen Zweitwohnsitze nur noch an 90 Tagen im Jahr vermietet werden, zuvor waren es 180 Tage. Bei Verstößen drohen Strafen bis zu 250.000 Euro.

Die Umsetzung läuft so, wie man es von den Berliner Behörden erwartet hätte. Chaotisch, umständlich, mit langen Wartezeiten – und das, obwohl 25.000 Unterkünften auf Airbnb nur rund 800 Anmeldungen bei den Ämtern gegenüberstehen. Für die Registrierung verlangt mancher Bezirk zudem umfangreiche Nachweise. Die „Berliner Morgenpost“ sprach mit einem Gastgeber, der dem Bezirksamt Mitte auch eine Bestätigung des Arbeitgebers über Abwesenheitszeiten oder eine Buchungsbestätigung des Urlaubs vorlegen sollte.

„Studenten auf Urlaubssemester keine Steine in den Weg legen“

„Gastgeber sind abgeschreckt“, bemängelt Airbnb-Sprecher Julian Trautwein. Seit Inkrafttreten des Gesetzes verzeichne Airbnb in Berlin einen „leichten Rückgang der Inserate“. Der Ablauf der Registrierung sei uneinheitlich („komplett wahllos“) und verfehle sein Ziel, Home Sharing einfacher und zugleich transparenter für die Behörden zu machen.

Beim Senat gibt man sich gelassen – schließlich ist das übergeordnete Ziel, die Zahl der Ferienwohnungen zu begrenzen. „Berlin will nicht den Studenten Steine in den Weg legen, die ein Urlaubssemester machen“, sagt Petra Rohland, stellvertretende Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, „aber Berlin will das Geschäftsmodell mit vielen Ferienwohnungen nicht.“ Und wenn am Ende die Bürokratie abschreckt, wird dieses Ziel ja auch erreicht.

Eine Rechtsverordnung fehle zwar noch, erklärt Rohland. Diese Verordnung soll für die Bezirksämter festlegen, welche Nachweise angefordert werden dürfen. Die einzelnen Bezirke dürften aber auch später die Anträge unterschiedlich hart prüfen – Reinickendorf hätte schließlich einen anderen Touristenandrang als Mitte. Und Wartezeiten seien bei Inkrafttreten einer solchen Gesetzesänderung „nichts Ungewöhliches“ und zu erwarten gewesen. Viele Gastgeber und Airbnb selbst hätten sich zu spät gekümmert, immerhin gebe es seit April eine Übergangsphase.

Airbnb buhlt um Aufmerksamkeit der Stadt

Berlin wuchs zuletzt um 40.000 Menschen pro Jahr, neuer Wohnraum ist knapp. Die Betreiber ungenehmigter Ferienwohnungen ausfindig zu machen, war bislang ein schwieriges bis unmögliches Unterfangen. „Damals hat sich Airbnb nicht kooperativ gezeigt“, bemängelt Rohland. Wenn die Stadt versuchte, Namen und Adressen der Anbieter herauszufinden, sei sie verlässlich mit Hinweis auf den irischen Firmensitz abgeblitzt.

Nun haben die Behörden den Spieß umgedreht. Plötzlich muss sich der Milliardenkonzern aus San Francisco um die Aufmerksamkeit der Stadt und seiner Kunden bemühen. Airbnb schaltet Anzeigen auf allen Kanälen und entsendet seinen „globalen Politikverantwortlichen“ zum zuständigen Staatssekretär nach Berlin.

Bild: Getty Images / Matthias Makarinus

Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt es besonders viele Airbnbs.

Der Internetriese ist schnell dabei, seine Bedeutung für den Wohnungsmarkt klein zu reden. 1,92 Millionen Wohnungen hat Berlin, rund 25.000 Unterkünfte zählt Airbnb nach eigenen Angaben für die Hauptstadt – das mache weniger als zwei Prozent aus. Allerdings entfallen viele dieser Wohnungen auf wenige angesagte Stadtteile, in denen es ohnehin schon eng ist. Wer in den Plattenbauschluchten von Neu-Hohenschönhausen wohnt, ärgert sich selten über den berauschten Feiertouri, der die gesamte Nachbarschaft bis zum Morgengrauen nervt.

Knapp 50 Prozent der angebotenen Unterkünfte liegen laut Airbnb in nur drei Bezirken: Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Charlottenburg. Auch wenn der Konzern betont, dass 82 Prozent der Hotelbetten in denselben drei Stadtteilen liegen – Hotels sind selten so nah am genervten Einheimischen dran wie die „Home Sharer“. Hinzu kommt, dass Hotelzimmer vergleichsweise wenig Wohnraum wegnehmen.

„Portal mit entgegengesetzten Interessen“

Airbnb blitzte beim Senat mit dem Vorschlag ab, eine digitale Registrierungsschnittstelle einzurichten – wohl aus „Unkenntnis der konkreten Modelloptionen“, so Geschäftsführer Alexander Schwarz. Ein Gespräch mit der Senatsverwaltung legt die Vermutung nahe, dass nicht unbedingt Unkenntnis eine Zusammenarbeit verhindert. „Airbnb ist ein Portal mit entgegengesetzten Interessen. Da ist es von Vornherein schwierig, eine Übereinkunft zu finden“, sagt Petra Rohland von der Senatsverwaltung. Bedenken über den Datenschutz seien da nur eine Komponente.

Der Senat betont, dass durch das Gesetz in den vergangenen vier Jahren 8.000 Wohnungen dem Markt zurückgeführt werden konnten. Ob dabei Airbnb Umsatzeinbußen erlebt, oder sich der mietpreiswuchergeplagte Berliner ohne Zuverdienst seine Wohnung in Citylage nicht mehr leisten kann, scheint nebensächlich.

Auch wenn Berlin versichert, den Grundgedanken des „Home Sharings“ unterstützen zu wollen – letztlich wird das Gesetz wohl auch jene verschrecken, die sich ein kleines Zubrot während ihrer Ferien hinzuverdienen wollten. „Home Sharer haben jetzt mehr Möglichkeiten“, sagt Rohland zwar. Doch extra zum Amt zu rennen, nur um für zwei Ferienwochen eine Genehmigung zu bekommen, um dann vielleicht 700 Euro mit der Vermietung einzunehmen, von denen nach Abzug der Anmeldegebühr, der eigenen Nebenkosten und Miete grob überschlagen 75 Euro übrig bleiben, scheint unverhältnismäßig.

Wirklich lohnen tut sich die Vermietung bald oft nur für jene, die es zumindest semi-professionell betreiben. Für den Studenten im Urlaubssemester wird das nicht gelten.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

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