Trägt gern Süßes am Ohr: Schmuckdesignerin Alina Abegg

Entwürfe aus einer anderen Welt machten sie erfolgreich: Gleich mit ihrer ersten Schmuckkollektion rund um Aliens und Planeten wurde Alina Abegg bekannt. Die 29-Jährige arbeitet nach einer Station in London seit drei Jahren von Berlin aus; gerade hat sie ihre zweite Linie vorgestellt.

Auf Ringen sowie an Ketten und Ohrringen finden sich dieses Mal Motive aus der Welt der Süßwaren. Zum Beispiel Lakritzschnecken und Schmuckstücke mit Steinen, die an Pfefferminzbonbons erinnern. Ihr günstigster Ring kostet 390 Euro, der teuerste rund 8000. Ketten liegen bei durchschnittlich 3000 Euro.

Gründerszene hat Abegg in ihrer Wohnung, die auch gleichzeitig als Showroom dient, in Berlin-Mitte besucht und nach ihren Anfängen in der Branche, ihren Kunden sowie den Herausforderungen ihres Startups gefragt. Aktuell verkauft Abegg ihre Entwürfe über ihren eigenen Onlineshop und Internet-Boutiquen wie Luisaviaroma, will aber auch in den USA noch stärker vertreten sein. Ihr Traum? Ein eigener Laden. Und, dass ihr Schmuck „für immer“ bleibt.

Dein Schmuck – vom Alienkopf bis zum Lollipop-Ring – ist sehr außergewöhnlich und teuer. Warum kaufen Kunden bei dir?

Gerade weil der Schmuck so besonders ist. Ich würde nicht sagen, dass er teuer ist, sondern dass er einen besonderen Wert hat. Ich arbeite mit den besten Steinhändlern und -schleifern zusammen. Meine Kunden verstehen mein Produkt; ihnen ist es egal, ob ein Logo darauf ist oder nicht. Sie kaufen den Schmuck vor allem wegen der Ästhetik und weil sie den Witz und Humor dahinter verstehen. Auf der anderen Seite sind ihnen auch Qualität und Individualität des Produkts sehr wichtig. 

Deine Ringe eignen sich wegen der Optik wahrscheinlich weniger als Eheringe. 

Ich habe viele Kundinnen zum Beispiel aus den USA, Deutschland, aber inzwischen auch aus Japan, die sich selbst beschenken. Zum Beispiel weil sie etwas in ihrem Leben erreicht haben. Eine Produzentin, die einen Film abgeschlossen hat, hat sich bei mir einen Ring gekauft. Manche Frauen haben auch mit ihrem Freund Schluss gemacht und gönnen sich etwas. Es sind bei mir also weniger Männer Kunden, die etwas für ihre Partnerin kaufen.

 

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Wie bist du überhaupt auf Schmuck gekommen?

Ich interessiere mich schon seit meiner Kindheit für Edelsteine. Zuerst habe ich in London Mode-Business studiert. Während meines Studiums habe ich allerdings gemerkt, dass ich mich immer mehr für Schmuck interessiere. Zwar gibt es viel Konkurrenz. Aber ich wollte es unbedingt ausprobieren! Also bin ich nach New York gegangen und habe am Gemological Institute of America in New York einen Intensivkurs absolviert. Seit der ersten Stunde dort habe ich gemerkt: Das ist es! Es war wie eine innere Berufung. Direkt danach habe ich mein Label gegründet – was Vor- und Nachteile hatte.

Da du die Vor- und Nachteile erwähnst: Gründer, die in der Schmuckwelt Fuß fassen wollen, brauchen ein hohes Startkapital. Woher kam deins?

Ich habe Unterstützung von zu Hause bekommen. Und klar, es ist ein großes Investment, vor allem bei der ersten Kollektion, für die ich 18-Karat-Gold verwendet habe. Aber ich habe auch keinen Lagerbestand. Das Meiste ist Made-to-Order (Erst wenn der Kunde kauft, wird das Schmuckstück produziert, d. Red.). 

Kaufst du Gold, Edelsteine et cetera auch in Antwerpen, dem internationalen Zentrum für die Branche ein oder wie gehst du vor?

Gold kaufe ich direkt in Pforzheim. Dort arbeite ich mit einem vertrauenswürdigen Partner zusammen, von dem ich ausschließlich recyceltes Gold beziehe. Meine Steine kaufe ich beispielsweise auf Messen, etwa der Tucson Gem Show in Arizona ein. Hauptsächlich arbeite ich aber mit meinen Händlern und Schleifern aus Idar-Oberstein zusammen; an dem Ort werden meine Steine von Hand geschliffen.

Idar-Oberstein Die Stadt in Rheinland-Pfalz mit rund 30.000 Einwohnern gilt als wichtigstes Zentrum für den Handel mit Schmuck und Edelsteinen in Deutschland. Seit 500 Jahren kommt die Branche dort zusammen.

Wie oft entwirfst du neue Kollektionen?

Gerade habe ich meine zweite Kollektion entworfen. Die erste ist drei Jahre her. Damals habe ich sehr langsam angefangen, weil ich keine Kontakte in die Schmuckbranche hatte. Ich wusste auch noch nicht, wie es mit dem Großhandel läuft. Ganz am Anfang hatte ich acht Produkte. Da hieß es gleich: Du brauchst eine größere Kollektion, um dich präsentieren zu können. Mit der zweiten Kollektion habe ich natürlich wesentlich mehr Erfahrung. 

Wie bist du denn ohne Kontakte vorgegangen?

Grüße aus einer anderen Welt: der „Alien 51 Ring“

Eine Familienfreundin war eine Mentorin für mich. Ich hatte aber zu Beginn nicht mal einen Goldschmied, denn ich entwerfe ja nur. Ich bin also auf Messen gegangen, um zum Beispiel Steinhändler zu treffen. So habe ich nach und nach mein Team aus Freelancern aufgebaut. Heute arbeite ich mit einem Goldschmied zusammen, Steinhändlern, einer Beraterin für das Geschäftliche, jemanden für Social Media, Personen für den Verkauf und PR.

Welche Rolle spielen die sozialen Medien für dein Label?

Social Media ist super wichtig! Gerade, weil ich wie gesagt anfangs keinen Namen hatte. Über die sozialen Medien hat sich viel aufgebaut, allein durch die Follower. Die meisten meiner Verkäufe passieren dadurch, dass mich Menschen dort anschreiben. 

Wie steht es um den Kontakt mit Einkäufern von Läden, in denen du deinen Schmuck sehen möchtest?

Ich würde gerne im Dover Street Market verkaufen, einem Concept Store, den es zum Beispiel in London und Tokio gibt. Das wäre super. Vor allem bei Einkäufern ist es aber sehr schwer, überhaupt eine Antwort auf eine Mail zu bekommen. Ein Treffen zu vereinbaren ist der schwierigste Teil. Da läuft dann schon alles über Connections. 

Für Außenstehende ist es schwer nachzuvollziehen, wie dein Arbeitsalltag aussieht. Deine erste Kollektion liegt schon eine Weile zurück, trotzdem musste das Geschäft dazwischen laufen. 

Natürlich habe ich Monate, in denen ich nichts verkaufeAber in der Weihnachtszeit zum Beispiel lief das Geschäft besonders gut. Insofern war es ein gutes 2019. Außerdem verdoppeln sich die Zahlen jedes Jahr. Ich bin noch lange nicht da, wo ich sein möchte, aber das allein ist auch nicht meine Motivation. In keinem kreativen Bereich sollte die Wirtschaftlichkeit die Priorität sein.

Und wie sieht dein Arbeitsalltag genau aus? Es ist ja schwer zu sagen: Heute von 9 bis 12 Uhr bin ich kreativ.

Seitdem ich die Firma gegründet habe, ist Kreativität in meinem Alltag selten, was sehr schade ist. Hauptsächlich bin ich mit allen anderen Sachen beschäftigt außer dem Design an sich. Aber ich versuche, das immer mehr einzubauen. Zwei Tage die Woche will ich mir Zeit nehmen fürs Kreative, obwohl oft etwas dazwischen kommt. Viele Einfälle sind aber ohnehin spontane!

Wie lange dauert es von der Idee bis zum Produkt?

Eine Kollektion dauert schon ziemlich lange, oft ein Jahr oder sogar anderthalb. Gerade erweitere ich meine Candy-Kollektion, weil sie so gut ankommt. Das dauert dann nur einen Monat, weil die Grundideen schon stehen. Da werde ich nur mit anderen Steinen arbeiten. 

Wie stehst du zu möglichen Investoren?

Eventuell, es kommt natürlich auf den Investor an. Es muss passen, weil ich keinen Investor haben wollen würde, der die Schmuckbranche nicht versteht und der immer nur pusht, dabei aber das Gestalterische nicht nachvollziehen kann. Ich möchte meine kreative Freiheit nicht verändern. 

Bild: Alina Abegg