Roman Kirsch hat mit Lesara bereits sein zweites Unternehmen aufgebaut.
Roman Kirsch hat mit Lesara bereits sein zweites Unternehmen aufgebaut.

Es war eine Nachricht, die am Wochenende die deutsche Startup-Szene beschäftigte. Am Freitagmittag musste der viel gefeierte Modehändler Lesara Insolvenz anmelden. Viele freuten sich insgeheim, denn Gründer Roman Kirsch spaltete die Szene mit seinem Auftreten. Auch in den Facebook-Kommentaren von Gründerszene gab es hämische Reaktionen zur überraschenden Krise des Startups. 

Kirsch bot mit seinem selbstbewussten Auftreten reichlich Angriffsfläche. Noch wenige Tage vor der Insolvenzanmeldung pitche er sein Unternehmen selbstbewusst auf der Tech-Konferenz Noah in London. Eine Tatsache, die wohl auch seinen eigenen Investoren missfiel. Erst vor einigen Monaten kam raus, dass er die Umsatzzahlen aufgebauscht hatte. Er handelte sich damit viel kritische Berichterstattung ein. Selbst mit seinen Geldgebern kommunizierte er unzureichend: Einige der Angel-Investoren wussten am Freitagmorgen noch nichts von der drohenden Krise. Als „Verkäufer-Typ“, wie er von vielen bezeichnet wird, präsentierte er sein Unternehmen in der Öffentlichkeit stets als Erfolg – bis zur letzten Minute. 

Der Fall Lesara zeigt, wie nah Erfolg und Verlust beieinander liegen. Bislang ist nicht bekannt, welche tieferliegenden Probleme Lesara in die Krise stürzten. Bestehende Investoren, die kein Geld mehr für eine Brückenfinanzierung nachschießen wollten, sind nur der Auslöser. Das Manager Magazin berichtete von Problemen mit dem Logistikzentrum in Erfurt. Seit der Eröffnung im Sommer sei es dort zu Verzögerungen gekommen, Retouren wurden laut des Berichts nicht korrekt verbucht. Zahlreiche Verbraucher beschwerten sich im Netz darüber. Das Marketing soll in den vergangenen Monaten bereits heruntergefahren und die Märkte in Schweden und Spanien geschlossen worden sein.

Wie kam es zu dem Bruch?

Das sind die Anzeichen einer Krise, bei der sich die Frage stellt: Lag es an der Geschäftsidee oder der Umsetzung? Wegen der – im Vergleich zu beispielsweise Zalando – niedrigen Warenkörbe gilt das Geschäft von Lesara als schwierig. Denn der Versand, die Retourenabwicklung und das Marketing sind teuer.

Doch nur das kann nicht der Grund gewesen sein, die Kosten des Geschäftsmodells sind bekannt. Es muss zu einem Bruch zwischen den bestehenden Investoren und der Geschäftsführung gekommen sein. Denn Geldgeber wie 3L Capital waren erst im Sommer bei dem Berliner Unternehmen eingestiegen. Sie müssen jetzt ihr Millionen-Investment voraussichtlich nach kurzer Zeit abschreiben. Warum sie offenbar kein Vertrauen mehr in das Management-Team um Kirsch hatten und weiteres Geld gaben, um die Insolvenz zu verhindern, ist die entscheidende, ungeklärte Frage dieser Geschichte

Wie auch immer es mit Lesara weitergeht, Häme ist nicht angebracht. Schließlich bangen etwa 350 Mitarbeiter in Berlin, Erfurt und der chinesischen Niederlassung um ihren Job. Kirsch hat innerhalb von fünf Jahren eine Marke und ein E-Commerce-Unternehmen von beachtlicher Größe aufgebaut. Die deutsche Startup-Szene hätte die Erfolgsgeschichte Lesara gut gebrauchen können. Doch Roman Kirsch hat zu hoch gepokert – und nun vorerst verloren.

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Bild: Lesara