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Endlich wieder gelöst: Stefan und Anne Lemcke, die Gründer des Gewürz-Startups Ankerkraut.
Endlich wieder gelöst: Stefan und Anne Lemcke, die Gründer des Gewürz-Startups Ankerkraut.
Ankerkraut

Dieser Artikel erschien zuerst am 14. August 2020 und hat besonders viele Leserinnen und Leser interessiert. Daher veröffentlichen wir ihn erneut.

 Anne und Stefan Lemcke mit ihren Kindern am Tegernsee.

Am Ende entscheiden sich die Gründer für EMZ Partners. Stefan Lemcke und die Ankerkraut-Gesellschafter treffen sich erneut mit dem Team des französischen Finanzinvestors, diesmal in einem Hotel. „Innerhalb einer Stunde haben wir die Eckdaten ausgehandelt. Und einen Handschlag gemacht. Es fühlte sich gut und richtig an“, sagt der Gründer. EMZ wird 20 Prozent von Ankerkraut erwerben, für eine mittlere zweistellige Millionensumme. Die Gründer werden danach noch 51 Prozent der Anteile halten, der Rest teilt sich auf die bisherigen Teilhaber sowie CFO Schwoch und CMO Haas auf. Sie kommen als Neugesellschafter dazu.

Stufe 11: Kaufvertrag am Tegernsee

Familie Lemcke macht Urlaub am Tegernsee. Wobei: „Urlaub“ ist es für die Eltern nicht. Es müssen der Kaufvertrag und das Shareholders Agreement erstellt werden. Darin steht, welche Rechte und Pflichten beide Parteien haben. Alle Eventualitäten werden notiert – und, was die Folgen sind. Zum Beispiel, dass EMZ Partners die Mehrheit von Ankerkraut übernehmen darf, wenn der Umsatz unter eine bestimmte Schwelle sinkt. „Es ist ähnlich wie einen Ehevertrag abzuschließen“, sagt Anne Lemcke. „Den unterschreibst du – und dann verschwindet er hoffentlich tief in irgendwelchen Schubladen.“ Insgesamt werden es 300 Seiten Vertrag inklusive Anhang.

Stufe 12: Es wird ernst – der Notartermin

Jetzt fehlen nur noch die Unterschriften. Dazu müssen die Parteien zum Notar, den der Käufer aussuchen darf, denn er muss ihn bezahlen. In den Tagen vor dem Termin steht das Telefon bei Ankerkraut nicht still. Rechtsanwälte beider Seiten wollen doch noch kurzfristig Änderungen treffen.

Der Notartermin ist um neun Uhr morgens. Zunächst sprechen nur die Anwälte mit dem Notar – einer von Ankerkraut, vier von EMZ Partners. Eine Stunde später stoßen das Ankerkraut-Team und die Vertreter von EMZ dazu. Lemcke denkt, es werde eine schnelle Sache: unterschreiben und fertig. Doch allein das Vorlesen des Vertrags dauert, zudem diskutieren Notar und Anwälte über einzelne Textpassagen. „Ein ewiges Hin und Her“, sagt Lemcke. Um 17:30 Uhr glaubt er, sie seien fertig. Doch Freigeist-Partner Marc Sieberger möchte alle Anhänge noch einmal lesen. Stefan Lemcke kann nicht mehr. Der verantwortliche Partner von EMZ, Klaus Maurer, geht mit ihm vor die Tür, die beiden trinken ein Bier.Danach ist es soweit: Er darf unterschreiben.

Dieser Prozess nennt sich Signing und ist Schritt eins des Vertragsabschlusses. Schritt zwei, das sogenannte Closing, ist erst dann gegeben, wenn das Geld bei den Verkäufern ankommt. Laut Lemcke kann das einige Woche dauern – unter anderem, weil das Kartellamt den Einstieg von EMZ prüfen muss.

Und jetzt – Champagner für alle?

Nach dem Signing gehe alle Beteiligten zusammen essen, auch Anne Lemcke und die Kinder sind dabei. Was an diesem Abend passiert, geht an Stefan Lemcke vorbei wie im Traum – jede Menge Wein auf leeren Magen sei Dank. „Am nächsten Morgen wusste ich nicht mal mehr, was es zu essen gab. Dabei gab es ein Sechs-Gänge-Menü.“ Auch die Kinder merken, dass ihre Eltern gelöst sind. 

Die 130 Angestellten informiert das Gründerpaar, bevor es sich an die Presse wendet. „Viele Mitarbeiter freuen sich für uns, einige sehen es kritisch. Aber es ist unsere persönliche Entscheidung“, sagen sie. Danach fährt die Familie in den Urlaub. Die Angestellten formulieren in dieser Zeit eine E-Mail mit zahlreiche Fragen zum Einstieg von EMZ Partners. Die Gründer versuchen, alles zu klären. Ende des Jahres werde es einen Bonus für alle geben, sagen sie.

Die Millionensumme für die Gründer landet in wenigen Wochen auf Stefan Lemckes Konto. „Da habe ich schon fast Angst vor“, sagt er. „Mir haben andere Gründer, die schon Exits hinter sich haben, geraten: Mach langsam. Überlege dir, was du wirklich willst. Das nehme ich mir auch zu Herzen.“ Ein Teil der Summe geht allerdings direkt weiter – an die M&A-Firma, die involvierten Steuerberater und Anwälte.

Erleichternd ist der Exit-Erlös für Anne und Stefan Lemcke durchaus. „Wir können jetzt risikolos weitermachen. Wir brauchen uns nie wieder Sorgen um Geld machen“, sagen sie. Ein Grund, bei Ankerkraut aufzuhören, ist es für sie nicht – noch nicht. „Viele sagen, wenn sie so viel Geld hätten, würden sie an den Strand ziehen und nie wieder arbeiten. Aber so ticken wir nicht.“ Gönnen tun sie sich erst mal nichts. „Wir haben gesagt, wir trinken mal eine Flasche Champagner, wenn der Deal durch ist. Aber selbst das haben wir nicht gemacht“, meint Anne Lemcke.

„Wobei“, sagt Stefan Lemcke grinsend: „Vielleicht kaufe ich mir irgendwann einen Sportwagen.“ Ein bisschen mehr Freizeit will er sich einräumen. Später vielleicht einen Flug- und einen Bootsführerschein machen. Denn in einigen Jahren, sagt er, kann er sich vorstellen, nicht mehr Chef, sondern nur noch Inhaber zu sein.

Hier könnt ihr euch den Artikel anhören:

Bilder: Ankerkraut
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