Mit den drei aktuellen iPhones geht Apple neue Wege.

Dieses Mal durfte die Apple Watch zuerst ins Rampenlicht. Als Konzernchef Tim Cook am Mittwoch auf dem neuen Campus des Unternehmens im kalifornischen Cupertino zum wichtigsten Apple-Event des Jahres auf die Bühne kommt, gibt er dem Produkt den Vortritt, für das er sich besonders verantwortlich fühlt. „Die Apple Watch ist nicht die Nummer eins unter den Smartwatches“, sagt er. „Sie ist die Nummer eins unter den Uhren überhaupt. Punkt.“

Man muss das glauben, denn Apple veröffentlicht dazu keine Verkaufszahlen. Doch das Wachstum der gesamten Wearables-Sparte, zu der neben der Watch auch die AirPod-Ohrhörer und die Beats-Kopfhörer gehören, ist mit 60 Prozent dort, wo Cook sie sich wünscht. Und das in einer Produktkategorie, die es vor drei Jahren praktisch noch nicht gegeben hat. Der Jahresumsatz damit hat die Zehn-Milliarden-Dollar-Marke gerade überschritten.

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Die neue Apple Watch Series 4 ist dünner als der Vorgänger, hat aber ein Display, das um ein Drittel größer ist als beim Vorgängermodell. Ihr Lautsprecher ist 50 Prozent lauter und der Prozessor deutlich schneller geworden. Mit ihren eingebauten Sensoren erkennt sie Stürze und kann dann im Notfall Hilfe rufen, indem eine SOS-Nachricht abgesetzt oder ein Anruf gestartet wird.

Apple Watch jetzt auch mit EKG-Funktion

Apple nutzt in der neuen Uhr die Pulsmessung auch, um den Träger zu warnen, wenn das Herz nicht so schlägt, wie es sollte. Zum ersten Mal hat Apple in seine Uhr sogar ein Elektrokardiogramm (EKG) eingebaut, mit dem die Herztätigkeit elektronisch noch genauer erfasst werden kann als mit der bisherigen optischen Messung. Dazu muss der Nutzer eine App auf der Uhr öffnen und seinen Finger für einige Zeit auf die Krone an der Seite legen. Für diese Messung hat Apple sogar die Zulassung der amerikanische Behörde für Lebens- und Arzneimittel FDA bekommen. Zuerst wird diese Funktion daher nur Nutzern in den USA zur Verfügung stehen. Später soll sie aber auch in anderen Ländern verfügbar sein.

Dass Apple nun den Börsenwert von einer Billion Dollar übertroffen hat, verdankt der Konzern aber nicht seiner Uhr. Gut 60 Prozent seines Umsatzes macht das Unternehmen mit dem iPhone. Hier kämpft Apple inzwischen in einem gesättigten Markt. Die Zahl der verkauften iPhones nimmt kaum noch zu. Selbst Apple-Nutzer halten immer länger an ihren Geräten fest, bis sie sich ein neues Modell kaufen.

Trotzdem gelingt es Apple, den iPhone-Umsatz zu steigern, in den vergangenen neuen Monaten sogar um 15 Prozent. Der Hersteller macht dafür einfach seine Geräte teurer. Am Mittwoch hat das Unternehmen nun drei neue Modelle vorgelegt, die den Durchschnittspreis noch einmal in die Höhe treiben werden. Das große iPhone XS Max wird in Deutschland mit dem größten Speicher 1649 Euro kosten – und ist damit auch das teuerste iPhone, das Apple je verkauft hat. Mit 6,5 Zoll hat es auch das größte Display, das je in einem iPhone verbaut wurde. Es schrammt damit knapp an einem Tablet vorbei.

Das Max-Modell ist eine große Version des iPhone XS mit seinem 5,8 Zoll großem Display, das nun das iPhone X ablösen wird. Die Oled-Displays dieser Geräte nehmen die gesamte Vorderseite ein. Beide Modelle haben auf der Rückseite eine Doppelkamera und lassen sich per Gesichtserkennung entsperren. Ein noch einmal deutlich leistungsfähigerer Prozessor macht die Modelle schneller und verbessert einige Foto- und Videofunktionen. Beide Modelle sind nun endgültig wasserdicht nach dem IP68-Standard.

iPhone XR soll iPhone 8 ablösen

Mit dem iPhone XR hat Apple aber noch ein drittes Modell vorgestellt, das jedoch auf der Rückseite nur eine Kamera und auf der Vorderseite kein OLED-Display sondern ein kostengünstigeres LED-Display hat, das sich jedoch auch über das gesamte Geräte zieht und 6,1 Zoll misst. Doch auch dieses Modell wird teurer sein als der iPhone 8-Vorgänger. Während die Xs-Modelle zu einem großen Teil aus Glas gefertigt sind, ist das Gehäuse des iPhone XR aus Aluminium gebaut.

Zum ersten Mal haben die neuen iPhone-Modelle eine Dual-Sim-Funktion, so dass Nutzer diese Geräte mit zwei unterschiedlichen Mobilfiunkanschlüssen und Telefonnummern betreiben können. Eine Sim kann dabei wie bisher mit einem kleinen Mobilfunkchip belegt werden.

Die andere Sim ist eine sogenannte eSim, die fest in das Gerät eingebaut und per Software aktiviert wird. Dies wird jedoch noch nicht von allen Mobilfunknetzbetreibern angeboten. Nach den Zahlen des Marktforschers Canalys werden fast 70 Prozent aller verkauften Smartphones inzwischen mit Dual-Sim-Funktion verkauft. Besonders in China seien diese Geräte besonders beliebt. Dort wird Apple seine iPhones auch mit zwei Steckplätzen für physische Sim-Karten anbieten.

Größere Smartphones bedeuten mehr Ausgaben für Apps

Mit den größeren Displays in den neuen iPhone verfolgt Apple zwei Ziele. Zum einen kann der Hersteller damit den Verkaufspreis steigern. Zum anderen aber geben Nutzer großer Smartphones auch mehr Geld für Apps und Dienste aus, die auf den Geräten laufen, darunter auch für Spiele oder Videos.

Nach Angaben des Marktforschers Kan­tar World­panel nutzen Besitzer von Smartphone mit größeren Displays deutlich mehr Apps und konsumieren auch häufiger Videos als Nutzer kleinerer Displays. Apple baut rund um seine iPhone-Sparte auch ein Dienste-Geschäft aus, das bereits eines der am schnellsten wachsenden Bereiche des Konzerns ist.

Das Service-Geschäft legte in den vergangenen neuen Monaten um ein Viertel auf gut 27 Milliarden Dollar zu. Nach Angaben von Apple werden derzeit 1,3 Milliarden iPhones und andere Geräte mit dem iOS-Betriebssystem genutzt.

Die Analysten von Morgan Stanley gehen davon aus, dass Apple pro Gerät und Jahr etwa 30 Dollar mit Apps, Musik, Videos und iCloud-Speicherplatz verdient. In den kommenden fünf Jahren werde die Service-Sparte für 60 Prozent des Umsatzwachstums bei Apple stehen. Zum Vergleich: In den vergangenen fünf Jahren sei das iPhone für 86 Prozent des Umsatzwachstums verantwortlich gewesen.

Kommt bald der Video-Streaming-Dienst?

Damit könnte es Apple gelingen, sich etwas unabhängiger vom Verkauf der Hardware zu machen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Beobachter erwarten jedoch, dass Apple schon bald einen Video-Streaming-Dienst startet. Der iPhone-Hersteller gibt bereits viel Geld für Inhalte aus, die ihm dann exklusiv zur Verfügung stehen.

Auch über eine Art Netflix für Medientitel wird immer wieder spekuliert. Mit seinem 2015 gestarteten Musikstreaming ist Apple bereits erfolgreich unterwegs. Berichten zufolge soll Apple in den USA den bisherigen Marktführer Spotify aus Schweden bereits eingeholt haben. Zuletzt hatte Apple den Musikerkennungsdienst Shazam übernommen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt Online.

Bild: Getty Images / VCG