In 27 Ländern holt 4Ocean Müll aus dem Meer. Aus dem Plastik entstehen die von dem Startup verkauften Armbänder (am Handgelenk).

Grob gerechnet bleiben uns 10.950 Tage. Oder sollten wir besser sagen: Bleiben den Ozeanbewohnern 10.950 Tage? Denn in 30 Jahren, haben Forscher errechnet, bestimmt der Müll das Leben im Meer. Dann schwimmen mehr Plastikflaschen, Windeln, Strohhalme und allerhand anderer Abfall umher als Fische. Bereits heute landen laut Berechnungen der Vereinten Nationen mehr als acht Millionen Tonnen Müll im Meer – jedes Jahr. Einziger Ausweg: Wir müssen handeln, und zwar jetzt, und zwar schnell – mit möglichen Verboten von Einwegplastikprodukten wie Wattestäbchen oder Strohhalmen, wie die EU plant. Oder mit dem Kauf eines Armbands. Das jedenfalls ist die Idee des US-amerikanischen Startups 4Ocean.

20 Dollar, umgerechnet knapp 17 Euro, kostet das aus durchsichtigen Hartplastik-Perlen und blauem Band gefertigte Unisex-Modell, das Andrew Cooper und Alex Schulze seit nunmehr zwei Jahren in ihrem Online-Shop anbieten. Ein Schmuckstück, ausgerechnet aus Plastik, das gegen die Verschmutzung der Meere helfen soll? Exakt. Denn für jedes verkaufte Accessoire holen die beiden Amerikaner 500 Gramm Abfall aus dem Meer. Das klingt erst mal nach wenig, doch bei einem halben Kilogramm Plastik kommt eine Menge zusammen. Den gewonnenen Abfall nutzen die beiden in Florida aufgewachsenen Gründer wiederum für die Herstellung ihres Schmucks. Dieser besteht nämlich aus recycelten Plastikflaschen (abgesehen vom 4Ocean-Logo auf einem Anhänger aus Stahl).

Zwar wuchsen Cooper und Schulze an der Ostküste der Vereinigten Staaten auf und verbrachten somit mehr Zeit am Meer als viele andere Menschen. Doch erst eine Reise nach Bali sollte sie 2015 auf die Idee zu 4Ocean bringen. „Wir sind surfen gegangen und waren erschrocken angesichts der Mengen von Plastik, die zwischen den Wellen auftauchten“, erzählt Cooper auf der Homepage des Unternehmens. Die Fischer, die sie fragten, wieso niemand etwas gegen den Müll unternehme, zuckten nur mit den Schultern: „Wir werden fürs Fischen bezahlt, nicht für das Beseitigen von Abfall“. Das sollte sich ändern, fanden Cooper und Schulze.

Arbeitsplätze für 150 Menschen weltweit geschaffen

Sie überlegten, wie sie ihren Plan der Müll-Beseitigung in die Tat umsetzen könnten – und kamen auf das Armband. „Durch den Verkauf haben wir das Meer und etliche Küstenabschnitte bereits von mehr als 285.000 Kilo Plastik befreit“, erzählt Cooper weiter. Außerdem, und darauf seien sie mindestens ebenso stolz, hätten sie Arbeitsplätze für 150 Menschen weltweit geschaffen. Anfang Mai eröffneten die Gründer neben ihrem Hauptsitz Baco Raton in Florida ein weiteres Büro in Bali. An den hiesigen Stränden räumen mehr als 25 Mitarbeiter Tag für Tag Müll weg, den sie anschließend waschen und sortieren. Lässt er sich, so wie Glas und Plastik, wieder aufbereiten, geben sie ihn an ein lokales Recycling-Center. Falls dies nicht in Frage kommt, landet der Abfall in einer speziellen Anlage. 

Cooper und Schulze wollen ihre Unterstützer langfristig an sich binden, denn wer einmal ein Armband gekauft hat, erwirbt selten ein zweites, oder? Dafür würden sie sich besondere Aktionen überlegen, wie jetzt im Mai beispielsweise den Wal-Monat. „Denn 69 Prozent der Tiere tragen vermutlich schon Plastik im Magen“, erklärt Schulze. Das Accessoire komme für wenige Wochen nicht nur mit einem einfarbigen Band daher, sondern in einem dunkleren und helleren Blauton. Auch zum Muttertag oder zum World Earth Day gab es limitierte Sondereditionen.

Aber sie wollen Naturfreunde aus aller Welt nicht nur zum Kauf ihrer Accessoires anregen. Wer möchte, unterstützt das Team bei seinen Aufräumaktionen auf der ganzen Welt. Auf ihrer Homepage könnten sich Freiwillige melden, die 4Ocean bei entsprechenden Müll-Sammel-Tagen in ihrer Region benachrichtigt.

Inzwischen hat auch Bali das Problem erkannt: Ende 2017 rief die Regierung den Müllnotstand aus, da inzwischen mehr als 100 Tonnen Abfall täglich an den Stränden des vermeintlichen Urlaubsparadieses landen. Überhaupt, das wissen auch Cooper und Schulze, stamme zwei Drittel des Mülls aus dem asiatischen Raum, aus China, Indonesien, Thailand, Vietnam und von den Philippinen – und ein Ende der Plastik-Produktion scheint derzeit nicht in Sicht. Vielmehr wachse die Nachfrage vor allem im Reich der Mitte. „Schon heute besteht die Nahrung von Meeresschildkröten zu fast 75 Prozent aus Plastik“, erklärt Cooper auf seinem Instagram-Kanal. „Das muss endlich ein Ende haben.“

Foto: 4Ocean