Nach einem kurzen Smart-Home-Ausflug ist Sebastian Ballweg wieder in die Automobilbranche zurückgekehrt

Spanisch lernen und Tango tanzen. Dafür flog Sebastian Ballweg 2015 nach Argentinien. Vorher hatte er sein Carsharing-Startup Autonetzer für eine unbekannte Summe an den französischen Carsharing-Dienst Drivy verkauft. Autonetzer galt damals als deutscher Marktführer in dem noch relativ neuen Segment, Drivy als europäischer – entsprechend groß war das Medieninteresse an der Übernahme. Autonetzer-Mitgründer Markus Gößler wechselte nach der Übernahme als Geschäftsführer der Sparte Autoteile- und Reifenvergleich zu Check24. Um Ballweg dagegen wurde es ruhig.

Nach Südamerika sei er gegangen, um den Kopf frei zu kriegen, erzählt er heute im Gespräch mit NGIN Mobility und Gründerszene. Sieben Monate verbrachte er dort, um „Abstand zu gewinnen von der turbulenten Phase“. Sich von „seinem Baby zu verabschieden“, sei für ihn nicht einfach gewesen, wie Ballweg sagt. Nach seinem Uni-Abschluss hatte er sieben Jahre als Einkäufer bei Daimler gearbeitet, die darauffolgenden fünf Jahre Autonetzer gewidmet. Nach seiner Rückkehr aus Argentinien folgte dann ein vorläufiger Branchenwechsel.

Erst Autos, dann Zimmerpflanzen

2016 stieg Ballweg beim Stuttgarter Pioniergeist-Inkubator ein und wirkte bei der Entwicklung eines Bewässerungssystems für Zimmerpflanzen mit. Bei einer Kickstarter-Kampagne sammelte die Hardware im Frühjahr 2017 an die 34.000 Euro von 661 Unterstützern ein und überschritt das Finanzierungsziel um 4.000 Euro. Zur Serienproduktion der Anlage kam es trotz der Crowd-Unterstützung aber nie, da sich der Inkubator-Partner und Motorgeräte-Hersteller Stihl dagegen entschied, den Prototypen weiterzuentwickeln.

Für Sebastian Ballweg blieb es bei diesem kurzen Ausflug in die Smart-Home-Welt. Erst zehn Monate war er beim Inkubator beschäftigt, als er sich im vergangenen Oktober wieder selbstständig machte. In Konzernen gibt er seitdem Innovations-Coachings. Sein Ein-Mann-Unternehmen hat er Ideenschmiede21 getauft.

In die Automobilbranche habe er nach dem Autonetzer-Exit eigentlich nicht mehr zurückkehren wollen, erzählt Ballweg – „weil sich irgendwann alles nur noch um dieselben Themen dreht“, wie er sagt. Dann habe ihn ein befreundeter Münchner Ladeinfrastruktur-Investor aber doch für E-Autos begeistern können. „Ich habe gleich wieder Feuer gefangen“, so Ballweg.

Vergangene Woche ist er nun mit der Plattform E-mobile.jetzt gestartet, auf der sich Laien über E-Autos informieren können. Dazu klicken sie sich durch einen Fragebogen, beantworten, ob sie eher gemächlich oder sportlich fahren, mit dem Auto auch mal in den Urlaub wollen und wie viel Platz sie brauchen. „Ich möchte den Nutzern in einfacher Sprache erklären, auf welche Aspekte es ankommt, ohne in Details abzuschweifen“, so Ballweg.

Doch der studierte Wirtschaftswissenschaftler und Diplom-Kaufmann wird es mit Image-Problemen aufnehmen müssen, die E-Autos aus Sicht vieler Kritiker noch anhaften: geringe Reichweite, unzuverlässige Batterien, schlechte Ladeinfrastruktur. Auch preislich befinden sich Elektroautos für viele Verbraucher außerhalb ihres Budgets.

Verantwortungsbewusstsein wecken

Ballweg will es trotzdem probieren. Nutzer sollen über seine Plattform später auch beraten werden, Angebote für E-Autos erhalten und sie letztlich kaufen. Geld hat der Gründer so noch nicht verdient, bisher alles aus eigener Tasche finanziert. Es gehe ihm aber auch eher um das große Ganze, erklärt er: „Ich finde: Wenn man im Januar bei 20 Grad im Café sitzen kann, ist es an der Zeit, das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung zu wecken.“ Vor einem knappen Jahr ist Ballweg Vater geworden. „Da denkt man noch einmal bewusster darüber nach, was mit unserem Planeten passiert“, so Ballweg.

Noch hat die Plattform des Gründers Projektcharakter und Ballweg stemmt die Seite zusammen mit Freelancern im Alleingang. Er glaubt aber, dass die neue Webseite mit den Wurzeln seiner Startup-Karriere zusammenhängt: „Elektroautos und autonomes Fahren werden zu großen Änderungen führen. Dann werden auch Dienstleistungen wie Carsharing eher eine Chance haben.“ Jeder zweite Verbraucher stand dem Konzept laut einer Studie des Mineralölkonzerns Aral im vergangenen Jahr noch skeptisch gegenüber. Ein echter Carsharing-Durchbruch lässt noch auf sich warten. Ballweg hat dafür auch eine Erklärung: „So schnell wie mit dem iPhone auf dem Handymarkt wird es nicht funktionieren. Dafür hängen die Deutschen zu sehr an ihrem Auto.“

Bild: Sebastian Ballweg