Die Bonavi-Gründer Markus Ott (26, links) und Niklas Ott (28) schieben den Kinderwagen nur zu dienstlichen Zwecken.
Die Bonavi-Gründer Markus Ott (26, links) und Niklas Ott (28) schieben den Kinderwagen nur zu dienstlichen Zwecken.

Wenn Eltern es besonders gut mit ihrem Nachwuchs meinen, kaufen sie ihnen den VW GTI für bis zu 1.000 Euro noch vor dem ersten Geburtstag. Gemeint ist ein Kinderwagen im Design des gleichnamigen Automodells. Mit Buggys in entsprechenden Preisklassen sind Autohersteller wie Volkswagen oder Mercedes auch in die Beförderung von Babys, Schnabeltassen und Windeln eingestiegen.

Schließlich sind Eltern eine zahlungsfreudige Kundengruppe: Allein 2017 gaben sie 2,5 Milliarden Euro für die Ausstattung ihrer Babys und Kleinkinder unter drei Jahren aus. Ein Plus von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Branche profitierte unter anderem von steigenden Geburtenzahlen.

Markus und Niklas Ott gingen 2016 ins Baby-Business. Die Brüder gründeten damals die The Happy Baby Company GmbH. Unter dem Namen Bonavi vertreiben sie heute online ein einziges Kinderwagen-Modell. Damit stehen sie in einer Reihe mit anderen Babyartikel-Startups wie Lillydoo (Windeln) oder Das Boep (Cremes).

Anfangs investierten die Ott-Brüder ihr Erspartes, dann holten sie mehrere Gesellschafter aus dem Bekanntenkreis in die Firma. Beraten werden sie nach eigenen Angaben von einer Hebamme. Markus Ott gründete vorher unter dem Dach der Frankfurter Bettzeit GmbH das Matratzen-Startup Emma mit. Über Umsatz, Verkaufszahlen und Margen schweigen die Geschäftsführer, die rund 20 Mitarbeiter beschäftigen. Beide studierten an der European Business School (EBS).

Markus, wie kommt man als kinderloser Mann Anfang 20 darauf, Kinderwagen zu verkaufen?

Zu meiner Zeit bei Emma (ein Startup, das Matratzen anbietet, Anm. d. Red.) wurde eine Matratze für Kinder und Babys entwickelt. Damals hatten wir auch schon eine Kooperation mit Kinderwagenherstellern im Kopf. Als ich dann bei Emma ausgestiegen bin, haben Niklas und ich uns das Thema noch einmal genauer angesehen und festgestellt, dass im Kinderwagensegment vieles verbesserungswürdig ist: Lieferzeiten von manchmal 16 Wochen und Preise über 1.000 Euro. Da haben wir gesagt: Das probieren wir jetzt zu ändern.

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Euer Privatleben ist trotzdem weit weg vom Produkt. Woher nehmt ihr eure Baby-Ideen?

Ganz am Anfang haben wir zu zweit einen leeren Kinderwagen durch Berlin geschoben. Wir wollten herausfinden, wie es ist, im Alltag über Kopfsteinpflaster oder den vollen Kurfürstendamm zu rollen. Dabei haben wir jede Menge komische Blicke geerntet. Aber was tut man nicht alles für einen guten Eindruck? Dadurch, dass wir ohne Zwischenhändler an unsere Kunden verkaufen, bekommen wir außerdem direktes Feedback von ihnen. Und auf Facebook oder Instagram fragen wir auch aktiv, etwa nach Farbwünschen.

Wer sind eure Kunden? Über das Design eines Kinderwagens dürften sich vor allem Leute Gedanken machen, die schon alles andere haben.

Wir haben es nicht auf die obersten zehn Prozent abgesehen, sondern die breite Masse. Anfangs dachten wir, wir würden vor allem Leute aus der Stadt anziehen. Stattdessen kommen auch viele unserer Kunden aus ländlichen Gegenden.

Knapp 800 Euro kostet euer neuestes Modell – 100 Euro mehr als der Vorgänger. Womit rechtfertigt ihr den Preisaufschlag?

Wir haben das Feedback unserer Kunden umgesetzt: eine breitere Frontachse, größere Reifen. Dann haben wir unter anderem den Regenschutz erneuert. Vorher war er aus Plastik, man konnte ihn deshalb nicht platzsparend zusammenfalten. Jetzt verwenden wir Regenjacken-Stoff. Diese Teile sind in der Produktion teurer, daher mussten wir reagieren.

Ihr lasst eure Wagen in China produzieren. Wieso?

Es gibt dort Standorte, die auf Babyartikel spezialisiert sind. Die einzelnen Firmen sind gut aufeinander abgestimmt und die Prozesse laufen reibungslos. Alles unter Aufsicht von Prüforganisationen wie dem TÜV Süd. 2018 waren wir etwa acht Mal selbst vor Ort.

Euer Konkurrent Angelcab fertigt in Deutschland. Auf der Firmenwebseite können Nutzer Farben und Muster ihrer Kinderwagen zusammenstellen. Ist das auch ein Konzept für euch?

Klar ist es niedlich, wenn mein Kinderwagen ein rosa Verdeck hat. Am Ende entscheidet sich ein Großteil der Leute aber doch für klassische Farben: grau, schwarz und blau. Das ist ähnlich wie in der Autoindustrie.

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Gibt es sonst noch Überschneidungen zum Auto? Kinderwagen scheinen in manchen Kreisen immer mehr zu Statussymbolen zu avancieren.

In unserer Gründungszeit haben wir uns oft in Babymärkten umgesehen und beraten lassen. Man bekommt von den Kinderwagen-Firmen dicke Kataloge mit Modellen, Farben und Reifen. Das erinnert schon etwas an die Autoindustrie. Wir versuchen aber, unser Startup nicht als Super-High-End-Marke zu positionieren, sondern im gehobenen Mittelfeld.

Habt ihr vor, technische Spielereien in nachfolgende Modelle zu integrieren? Längst gibt es Konkurrenzmodelle, an denen Eltern ihre Smartphones laden können. Und wie wäre es mit einem Elektroantrieb?

Da gibt es einige Ideen. Die meisten Eltern wollen ihre Kinder aber nicht von Geburt an mit Technik überladen. Die Nachfrage danach ist auf Kundenseite noch überschaubar. Gleichzeitig schließen wir nicht aus, eines Tages auch mal technischer zu werden.

Viele Matratzen-Startups arbeiten nach demselben Prinzip wie ihr: reine Online-Verkäufe, keine Zwischenhändler, höchstens eine Handvoll „One-fits-all“-Größen und ein einfaches Preismodell. Haben Firmen Erfolg, die Verbrauchern die Entscheidung abnehmen?

Bis zu einem gewissen Grad auf jeden Fall. Es gibt Kunden, die sagen, dass ihnen das Angebot zu groß ist. Dabei suchen sie nur ein Produkt, das funktioniert und zu ihnen passt. Da kann es helfen, ein bestehendes Überangebot einzudampfen. 

Die niederländische Kinderwagen-Marke Bugaboo wurde 1996 ebenfalls als Familienunternehmen gegründet – von Max Barenbrug und dessen ehemaligem Schwager. Doch die beiden zerstritten sich heftig. Heute gehört die Firma der Investmentfirma Bain Capital. Verkracht ihr euch auch mal?

Eigentlich gar nicht. Das haben wir noch nie gemacht. Das Schöne daran, mit einem Geschwisterteil zu gründen ist, dass du sehr ehrlich sein kannst. So kommst du schnell zum Punkt und bist lösungsorientiert. Mit Kollegen und Mitarbeitern ist das so direkt nicht möglich. Außerdem kann man sich blind aufeinander verlassen. Es ist schon schwierig genug, eine Firma aufzubauen. Wenn es dann auch noch Schwierigkeiten im Gründerteam gibt, lenkt das zu sehr vom eigentlichen Geschäft ab.

Wie sieht es bei euch eigentlich mit der Kinderplanung aus?

Grundsätzlich wird das auch für uns jeweils ein Thema werden. Aktuell haben wir aber schon ein Baby, um das wir uns kümmern müssen: Bonavi. Erst wenn das etwas größer geworden ist, werden wir über andere Babys nachdenken.

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Bild: Bonavi