Mieter stellen ihr Carsharing-Fahrzeug von Car2Go wird in einer Wohnstraße ab. Die Daimler-Tochter betreibt in Berlin eine Flotte mit 1200 Pkw.

Ein Privatfahrzeug steht heutzutage im Durchschnitt mehr als 23 Stunden am Tag ungenutzt herum. „Carsharing-Autos können bis zu acht private PKW ersetzen und werden zudem bis zu sechs Mal häufiger bewegt“, hält Car2Go dagegen und schlussfolgert: „Weniger parkende Autos brauchen schließlich auch weniger Parkplätze. Diesen Raum können Städte wiederum auf andere Art und Weise nutzen.“

Dennoch werden die Straßen voller. Allein in Berlin ist die Zahl der Pkw von 2008 bis 2018 von 1,1 auf 1,2 Millionen gestiegen. Leere Straßen und freie Parkplätze wird es aber erst dann geben, wenn Menschen sich dazu entschließen, ihre Privatfahrzeuge zu verkaufen. Doch das geschieht nur in sehr geringem Maße. So ist in Berlin die Zahl der Pkw je 1000 Einwohner in den vergangenen zehn Jahren nur leicht von 326 auf 321 gefallen.

Das zeigt: Das eigene Auto ist auch Stadtbewohnern weiter wichtig. Die Menschen legen großen Wert auf das „Versprechen“ ihres Autos, das ihnen uneingeschränkte Mobilität erlaubt. Dieses Versprechen lösen Carsharing-Dienste (noch) nicht ein, auch wenn sie sich wachsender Beliebtheit erfreuen. So ist die Zahl der Car2Go-Kunden in Deutschland auf mehr als eine Million gestiegen – insgesamt registrierte das Unternehmen 2018 einen Nutzerzuwachs von 25 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr.

Das florierende Geschäft ruft weitere Marktteilnehmer auf den Plan: In der zweiten Jahreshälfte 2019 wird auch Volkswagen in das stationsunabhängige Sharing-Geschäft einsteigen und unter seiner neuen Marke WeShare 1.500 Elektro-Golfs und später noch einmal 500 Kleinwagen (vom Typ e-up!) in Berlin stationieren, womit dann mehr als insgesamt 4.400 Carsharing-Autos im stationsunabhängigen, sogenannten Free-Floating-Betrieb in der Hauptstadt verfügbar wären.

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„Motorisierte Bequemlichkeitsmobilität“

In der Studie des Öko-Instituts zu Carsharing in Stuttgart, Frankfurt und Köln stellte sich heraus, dass der Fahrzeugbesitz im zweijährigen Untersuchungszeitraum signifikant gestiegen ist. Die Verkehrsforscher bilanzieren: „Sowohl in Stuttgart als auch in Köln/Frankfurt kommt es in Zusammenhang mit der Nutzung von free-floating Carsharing unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht zu einer Reduktion von Pkw im Straßenraum.“ Zwar begünstige Carsharing die Abschaffung von Pkw, doch erkläre sie diese nicht hinreichend. Oft diene das Teilen von Autos zur Überbrückung einer Lebensphase, in der sich Menschen kein eigenes Auto leisten wollen oder können.

Eine andere Studie zeigt dagegen einen Rückgang bei den Privatwagen. Bei dieser Befragung von Carsharing-Kunden in München gaben 11,6 Prozent der Befragten an, wegen der Nutzung von Sharing in ihrem Haushalt bereits einen Pkw abgeschafft zu haben.

Car2Go zweifelt diese Ergebnisse an und verweist auf eine aktuelle Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), die in den nächsten Monaten veröffentlicht werden soll. Daraus gehe hervor, dass jedes Fahrzeug von Car2go allein in Berlin bis zu 15,8 Privatfahrzeuge ersetze und insgesamt 18.000 Tonnen CO2 pro Jahr durch das Teilen von emissionsneutralen Elektroautos eingespart würden.

Civity, eine Strategieberatung für den Mobilitätssektor, kommt zu einer anderen Interpretation, die sich allerdings auf eine Studie aus dem Jahr 2014 bezieht. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass Free-Floating-Carsharing Mobilitätsbedürfnisse unter fünf Kilometern befriedigt, die auch mit Bus, Bahn oder Fahrrad zu bewältigen wären. Bei dem stationsunabhängigen Modell handelt es sich demnach in einem erheblichen Umfang um „motorisierte Bequemlichkeitsmobilität im Nahbereich“.

Bild: Daimler