Der Musiker Jan Delay wird in diesem Jahr auf der Cebit auftreten

Dass die weltgrößte IT-Messe Cebit nicht mehr so ist wie früher, erkennen Besucher schon aus der Ferne. Zum ersten Mal zeigt sich auf der Messe ein Riesenrad mit 40 Kabinen und 60 Meter Höhe, mit dem SAP auf sich aufmerksam macht.

Doch im Grunde soll eigentlich alles anders sein. Nach Jahren des Niedergangs ziehen die Veranstalter die Notbremse – und drücken zugleich auf Reset. Intern sprechen die Messemacher von einen „Revolutionskonzept“.

Tatsächlich geht es um das Überleben der Cebit, die in diesem Jahr vom 11. bis 15. Juni stattfindet. Von der einstigen Riesenveranstaltung ist nur noch ein Schatten übrig geblieben. Um die Jahrtausendwende lockte die Cebit bis zu 800.000 Besucher an. Unternehmen wie Nokia stellten in Hannover ihre Weltneuheiten vor.

Doch die Besucherzahlen fielen schnell. Seit 2008 sind sie noch einmal um mehr als die Hälfte eingebrochen. Im vergangenen Jahr zählte die Cebit nur noch etwa 200.000 Gäste.

Nach dem Rekord im Jahr 2001 gehen die Besucherzahlen stetig zurück

Starke Konkurrenz auch in der eigenen Stadt

Die IT-Messe muss sich neu verorten. Denn sie kämpft gegen andere attraktive Großveranstaltungen, darunter die Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, die Mobilfunkmesse MWC in Barcelona und die Internationale Funkausstellung (Ifa) in Berlin.

Zuletzt hatte sie auch Konkurrenz in der eigenen Stadt. Immer mehr IT-Unternehmen ziehen es vor, auf der Hannover Messe zu zeigen, wie sie die Industrie vernetzen. Dabei war die Cebit 1986 aus dieser Veranstaltung hervorgegangen.

Bei ihrem neuen Konzept hat sich die Cebit auch bei der Digitalkonferenz South by Southwest (SXSW) in Austin im US-Bundesstaat Texas umgesehen. „Europas führendes Business-Festival für Innovation und Digitalisierung“, beschreibt sich die Cebit neuerdings selbst.

Geschäft und Spaß vermischt

Zwar wird es auch weiter Messehallen und Stände geben. Doch das Drumherum ist nicht wiederzuerkennen. Geschäft und Spaß sollen sich vermischen. DJs und Bands treten auf zehn Bühnen auf. Unter dem Expo-Dach gibt es eine Art Campus.

Sogar in der Innenstadt von Hannover soll die Cebit zu spüren sein. Auf dem zentralen Platz Kröpcke können die Hannoveraner auf 120 Sofas und unter Palmen die wichtigsten Vorträge im Livestream verfolgen. Dort gibt es zum Messefinale auch ein Abschlusskonzert.

Auf dem Messegelände selbst werden die bisherigen Konferenzen zu Talkshows mit Querdenkern, Visionären, Bloggern und Experten. SAP zeigt seine Exponate in den Riesenradkabinen.

Vodafone lädt Gäste in den VR-Dome ein, in dem sie durch eine Virtual-Reality-Brille verschiedene Stufen der Industrialisierung erleben und am Ende sogar über die Mondoberfläche laufen. Beim VR-Ausflug gibt es einige Überraschungen wie Windstöße und Gerüche.

Keine Angst vor dem Scheitern

Intel lässt allabendlich für fünf Minuten 300 Drohnen für eine Lichtshow in den Himmel steigen. Die Tech-Branche hat inzwischen einiges zu zeigen, darunter auch selbstfahrende Autos und Roboter.

Unternehmen veranstalten eine Art Speeddating, um Nachwuchskräfte zu finden und für sich zu werben. Sogar vor FuckUp-Nights schreckt die Cebit nicht zurück. Dort berichten Gründer offen vom Scheitern ihrer Unternehmen.

Mit dem neuen Konzept will die Cebit 25- bis 35-Jährige als neue Zielgruppe erreichen. „Das sind die neuen Mitarbeiter und Digitalentscheider der Zukunft“, sagt Cebit-Chef Oliver Frese. Dass die Messe nicht mehr im März mit seinem Schneeregen stattfindet, sondern im wärmeren Juni soll dabei wesentlich helfen.

Auch Facebook kommt nach Hannover

„Wir haben es geschafft, die Unternehmen von einem komplett neuen Konzept zu überzeugen“, sagt Frese. Die Messe rechnet mit bis zu 2800 Ausstellern, darunter bis zu 400 Start-ups. Dabei sind Unternehmen und Organisationen wie HP, Huawei, IBM, Salesforce, die Fraunhofer-Gesellschaft, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Automobilclub ADAC.

Mit LG und Oracle gibt es auch einige Rückkehrer, die für einige Zeit der Cebit ferngeblieben waren. Erstmals ist auch Facebook in Hannover vertreten, dessen Tochter Oculus zum ersten Mal in Deutschland seine VR-Brille Oculus Go zeigt.

Nicht alle Unternehmen lassen sich auf das neue Cebit-Konzept ein. Microsoft wird in diesem Jahr nicht dabei sein. Der Konzern war jedoch auf der Hannover Messe vor vier Wochen vertreten. Auch die Telekom hat ihr Engagement deutlich verkleinert.

Dafür vergrößert sich Vodafone in Hannover. „Als langjähriger Aussteller auf der Cebit erwarten wir das neue Messekonzept mit viel Spannung“, sagt Hannes Ametsreiter im Gespräch mit WELT. „Veränderungen bringen Innovationen. Das treibt die Entwicklung in der gesamten Telekommunikationsbranche an und damit sicher auch die Entwicklung der Cebit.“

Dieser Artikel erschien zuerst bei WELT.

Bild: Thomas Niedermueller/getty Images; Infografik: WELT