Nach der Pandemie können sich für Startups neue Geschäftsfelder auftun.

Ein Fachbeitrag von Patrick Ruess. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Stadtsystemgestaltung am Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO).

Menschenleere Fußgängerzonen, Straßen und Bahnen: Wo sich normalerweise Menschen dicht aneinanderdrängen, war es in den vergangenen Wochen ruhig. Das war nicht nur ein Problem für Geschäfte, sondern auch für Startups, die ihre Kunden nicht mehr erreichen konnten. Vor allem Mobility-Unternehmen litten und leiden unter dem Nutzerrückgang. Dabei kann die Pandemie auch eine Chance für Jungfirmen sein. Weil die Städte sich langfristig verändern werden, ergeben sich neue Anwendungsfelder in der Stadt von morgen.

Mehr Raum für Mikromobilität

Städte weltweit haben den Lockdown genutzt, um ihre Infrastruktur zugunsten von Rad- und Fußverkehr auszubauen. In erster Linie sollten Ausweichmöglichkeiten zum ÖPNV geschaffen werden. Langfristig sollen einige der Maßnahmen beibehalten werden, um den motorisierten Verkehr dauerhaft zu reduzieren. In Mailand wurden solche Pläne bereits öffentlich gemacht, viele weitere Städte wollen folgen. Was nach Corona bleiben könnte, ist deutlich mehr Raum für Mobilität abseits des Autos und damit auch für Anbieter von Leihrädern, E-Scootern oder ähnlichen Fortbewegungsmitteln.

Mehr Akzeptanz für kontaktloses Bezahlen

Das Corona-Virus hat Nutzer an das kontaktlose Bezahlen beispielsweise per NFC-Chip auf der Girokarte oder im Smartphone herangeführt. Das ist in erster Linie ein Fintech-Thema, bietet aber auch zahlreiche noch nicht ausgeschöpfte Anwendungsfälle in der Stadt. So könnten ÖPNV- oder Park-Tickets, die zwar am Automaten gekauft werden, kontaktlos und digital bezahlt werden. Die Transaktion kann über NFC oder per QR-Codes geschehen. Für den Kauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen und Ausstellungen sowie für das Begleichen von Gebühren von Behördengängen könnte zudem Bluetooth Low Energy (kurz: BLE, Technologie, mit der sich Geräte untereinander verbinden lassen) genutzt werden.

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Mehr Offenheit für die Digitalisierung in der Verwaltung

In städtischen Verwaltungen hat die Krise gezeigt, dass dort in den vergangenen Jahren die Digitalisierung teilweise verschlafen wurde. Das wird sich künftig ändern. Städtische Verwaltungen werden effizienter, flexibler und bürgerorientierter. Daher werden sie künftig auch offener sein für den Einsatz neuer, digitaler Lösungen, die interne Prozesse vereinfachen und Schnittstellen sowie Angebote für Bürger verbessern. Nicht zuletzt, weil die Bürger künftig noch weniger Verständnis als bisher dafür haben werden, dass viele Behördengänge nicht digital und außerhalb bestimmter Zeitfenster erledigt werden können. Bund, Länder und Kommunen sind durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) ohnehin dazu verpflichtet, bis Ende 2022 rund 600 Verwaltungsleistungen digital für Bürger zugänglich zu machen.

Mehr Bedarf für Lebensmittel aus regionaler Produktion

Lebensmittelengpässe blieben hierzulande zwar aus, aber das Fehlen bestimmter Produkte wie Nudeln und Backhefe hat gezeigt, dass die globalen Lebensmittelketten verletzlich sind. Deshalb kann die Versorgung eines Teils an Lebensmitteln über lokale und regionale Quellen ein wichtiger Baustein einer krisenfesten Stadt sein. Für Startups mit einem Fokus auf Urban Farming oder dem Vertrieb lokaler Erzeugnisse könnten sich daher nach der Corona-Krise neue Perspektiven bieten. Zum einen sind Kooperationsmöglichkeiten mit kommunalen Partnern denkbar, ebenso eröffnet die insgesamt zugenommene Wertschätzung für heimische Produkte neue Absatzpotenziale.

Bild: Patrick Foto / Getty Images