Meeting unter erschwerten Bedingungen: Die Stimmung bei den jungen Unternehmen hat sich offenbar deutlich gebessert.

Es war ein düsteres Bild, das Szene-Cheflobbyist Christian Miele im März für die Zukunft seiner Branche zeichnete. Angesichts schwindender Umsätze und geplatzter Finanzierungen warnte der Präsident des Bundesverbands Deutsche Startups vor einem „Scherbenhaufen“ in der Gründerszene, sollten maßgeschneiderte Hilfen nicht schnell und unkompliziert fließen. Ein halbes Jahr später zeigt sich: Es ist nicht so schlimm gekommen, wie er und viele andere es vorausgesagt haben. Kurzarbeitergeld und Soforthilfen entfalten offenbar eine Wirkung. Vom Startup-Rettungsschirm in Höhe von zwei Milliarden Euro, der in manchen Bundesländern noch immer nicht angelaufen ist, profitiert bisher jedoch nur ein Bruchteil.

Das zeigen die Ergebnisse des Deutschen Startup Monitors 2020, den Mieles Verband und die Beratungsfirma PwC am Dienstag vorgestellt haben. Er misst das Stimmungsbild in der Gründerszene und erscheint seit 2013 jährlich. An der aktuellen Befragung, die in Zusammenarbeit mit der Universität Duisburg-Essen entstand, haben knapp 2.000 Gründer teilgenommen.

Die Panik hat sich gelegt

Verglichen mit einer Blitzumfrage vom März hat sich die Stimmungslage bei den jungen Unternehmen deutlich gebessert. Noch unter dem Eindruck des Lockdowns hatten damals 90 Prozent der Startups angegeben, dass ihre Geschäftstätigkeit von der Corona-Krise stark beeinträchtigt sei. Im aktuellen Startup Monitor stimmen dieser Aussage nur noch 74 Prozent zu. Jedes vierte Jungunternehmen spürt keine Veränderung oder hat sich sogar positiv entwickelt.

Der Jobmotor der Gründerszene läuft der Umfrage zufolge auch in der Krise weiter. Startups beschäftigten im Jahr 2020 durchschnittlich gut 14 Mitarbeiter und schaffen damit im Vergleich zum Vorjahr je einen Arbeitsplatz mehr. 90 Prozent der Startups planen sogar Neueinstellungen. Im Durchschnitt wollen sie im kommenden Jahr sechs neue Leute einstellen. Im Gegensatz zu vielen etablierten Unternehmen, die dem Kostendruck mit Personalabbau entgegensteuern, wählen laut der Umfrage nur wenige Startup-Gründer diesen Weg. Lediglich 11,4 Prozent geben an, mit Entlassungen oder Stellenabbau auf die Krise zu reagieren. Stattdessen begegnen die meisten der wirtschaftlichen Schwächephase, indem sie Investitionen verschieben.

Krise als Innovationsbeschleuniger

„Die Corona-Krise beeinträchtigt sie Startups nach wie vor erheblich“, sagt Franziska Teubert, Geschäftsführerin des Startup-Verbands. „Auf der anderen Seite sehen wir auch eine positive Entwicklung, besonders in den Branchen Bildung, Medizin und Finanzen. Die Krise wirkt hier wie ein Brennglas“, sagt sie. Rund 15 bis 30 Prozent der Startups aus diesen Bereichen geben an, eine positive Entwicklung ihres Geschäfts zu spüren. Teubert wertet das als Schub für digitale Innovationen.

Gleichzeitig verweist sie auf die Verlierer der Krise. Einen negativen Einfluss spüren laut dem Monitor insbesondere der Tourismus (91,7 Prozent), Medien und Kreativwirtschaft (85,7 Prozent) sowie das Personalwesen und Recruiting (85,0 Prozent).

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Generell scheint der Optimismus langsam in die Branche zurückzukehren. In der Rückschau wird deutlich: Auch die Gründerszene hat vom Corona-Hilfspaket für die Wirtschaft profitiert. Etwa jedes zweite Startup hat Staatsgeld in Anspruch genommen, so das Ergebnis der Umfrage. Die Corona-Soforthilfen in Höhe von 9.000 bis 15.000 Euro und das Kurzarbeitergeld wurden dabei am häufigsten abgerufen. Bei beiden Instrumenten war die Zugangsschwelle recht niedrig und unbürokratisch.

Der Startup-Rettungsschirm in Höhe von zwei Milliarden Euro, den die Minister Olaf Scholz und Peter Altmaier im April angekündigt haben, hat hingegen bisher kaum Wirkung entfaltet. Nur 3,7 Prozent der befragten Startups haben Kredite der Staatsbank KfW in Anspruch genommen (Säule eins des Pakets). Die zweite Säule des Pakets, die Liquiditätshilfen der Bundesländer, haben 5,1 Prozent genutzt.

Zum Zeitpunkt der Umfrage für den Startup-Monitor im Juni waren viele Maßnahmen allerdings noch nicht angelaufen. In vier Bundesländern konnten Gründer bis September keine Anträge stellen. Auch die KfW-Gelder sind erst ab August geflossen. In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Kritik von Gründern und Investoren an dem Startup-spezifischen Rettungspaket gegeben. Die Politik sei zu langsam, die Prozesse zu bürokratisch und die finalen Bedingungen so unattraktiv, dass die Zuschüsse nur zögerlich abgerufen werden, so ihre Beschwerden. Gut ein halbes Jahr nachdem Berlin die Unterstützung angekündigt hat, warten einige von ihnen noch immer auf Rückmeldung.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Business Insider Deutschland.
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