Gesundheit muss digitaler werden! Damit das gelingt, brauchen Startups der Branche auch Hilfe von einflussreichen Partnern.

Etablieren im E-Health-Markt ist schwer, aber möglich

Mittlerweile ist Digital Health oder E-Health nicht nur eine kleine Pfütze am Rande des Startup-Teichs. Nein, die Branche schlägt immer größere Wellen! Auch wenn im Bereich Digital Health eine große Zielgruppe, viel Skalierungspotenzial und innovative Anwendungsgebiete warten, ist die Branche nur schwer zu entern. Denn im Gesundheitsmarkt verbergen sich rechtliche Hürden, die Startups nur schwer im Alleingang überwinden. Kein Wunder also, dass Accelerator wie der von fünf Krankenkassen ins Leben gerufene Healthy Hub bei Gründern so beliebt sind. Denn auch Krankenkassen interessieren sich neben digitalen Lösungen ihrer Sparte für die Zusammenarbeit mit den Innovatoren von morgen. 

Schon zum zweiten Mal bietet der Healthy Hub jungen Gründern die Möglichkeit, langfristig mit Krankenkassen zusammenzuarbeiten und die Gesundheitsbranche zu digitalisieren. Wie das gelingt und warum Health-Startups nicht auf die Hilfe von außen verzichten sollten, erklärt der Geschäftsführer der Initiative Healthy Hub, Dr. Elmar Waldschmitt. 


Ihr habt bereits eine innovative Idee, die den Gesundheitsmarkt digitaler macht? Dann bewerbt euch bis zum 24. Juni 2019 beim Healhty Hub, um den Schritt in die GKV zu schaffen. Jetzt informieren! 


Herr Dr. Elmar Waldschmitt, können Sie in kurzen Worten beschreiben, warum sich Startups für den Wettbewerb des Healthy Hubs bewerben sollten? Welche Vorteile warten auf die ausgewählten Gründer?

„Jedes Startup, das die Erstattung seiner Lösung durch die gesetzliche Kranken- oder Pflegeversicherung anstrebt, sollte sich den Healthy Hub anschauen – denn wir bringen Startups in die GKV. Wir entwickeln gemeinsam und auf Augenhöhe mit den Startups konkrete Erstattungs- und Umsetzungsmodelle für den ersten Gesundheitsmarkt, also den Teil der Gesundheitsbranche, der durch die gesetzliche Krankenversicherung abgedeckt wird. Während des Wettbewerbs versuchen wir gemeinsam, aus einem guten Produkt eine funktionierende Versorgungslösung für den Markt zu bauen.

Dazu gehört auch, dass wir die jeweiligen Innovationen im konkreten Versorgungszusammenhang einsetzen und durch unsere Versicherten evaluieren. Damit schaffen wir Echtdaten, die die Startups für ihre weitere Expansion nutzen können. Wir wissen, wie schwer es ist, in diesem speziellen Markt zu skalieren. Deshalb haben Startups und Kassen des Healthy Hub die Möglichkeit, nach der Evaluation auch Anschlussverträge abzuschließen. Damit eröffnet sich unseren Startups potentiell ein Markt mit rund drei Millionen Versicherten unserer fünf involvierten Krankenkassen und weiterem Skalierungspotential. Unser Vorteil gegenüber anderen Hubs: Wir erwarten keine exklusive Zusammenarbeit. Selbst während der Projektdauer mit uns sind unsere Startups frei, auch mit anderen Krankenkassen zusammenzuarbeiten.“

Als Geschäftsführer begleiten Sie schon den zweiten Call des Healthy Hubs. Haben Sie Learnings aus dem ersten Wettbewerb gezogen? 

„Auf jeden Fall. Unser Bewerbungsverfahren war und ist anspruchsvoll, da ein richtiges öffentliches Vergabeverfahren dahintersteckt. Wir haben allerdings die formalen Anforderungen an die Bewerbungen verringern können. Das zentrale Dokument der Bewerbung ist weiterhin das Pitch Deck, das die Bewerber möglichst individuell auf unsere Fragestellungen anpassen sollten. Außerdem haben wir gesehen, dass komplexe Versorgungslösungen nicht von heute auf morgen in den Markt eingeführt werden können. Oftmals bedarf es der Mitwirkung Dritter wie von Ärzten, Therapeuten oder anderen Akteuren. Die haben natürlich auch eigene Interessen und Vorstellungen, die man einbeziehen muss. Wir benötigen ein gut funktionierendes Zusammenspiel aus Patienten, digitalen Lösungen und ärztlichen oder therapeutischen Leistungserbringern. Die nötigen Vertragswerke und Prozesse, die das leisten, sind komplex, aber wir wissen, wie das geht.“

Im Zuge des letzten Healthy Hub wurden nicht nur Startups und Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen vernetzt. Auch der Austausch zu aktuellen Themen der Branche stand im Vordergrund. Hier mit Vertretern von Startups, Bundesministerium für Gesundheit und Krankenkassen.

Gibt es Neuerungen in diesem Jahr?  

„Ja, denn bei diesem Call können sich erstmals auch Startups mit digitalen Lösungen für den Pflegebereich bewerben. Der Markt ist im Vergleich zu dem der Krankenversicherung kleiner, hat aber eine große Dynamik und viel Platz für unternehmerische Kreativität. Grund hierfür ist vor allem die statistisch immer älter werdende Bevölkerung Deutschlands und der westlichen Industrienationen, die in Zukunft einen höheren Pflegebedarf haben wird. 

Neu ist auch, dass wir den Zeitraum für die möglichen Anschlussverträge verlängert haben. Wenn die Pilotphasen und die Evaluation gut laufen, dann dürfen Startups auf Anschlussverträge für die Dauer von jeweils vier weiteren Jahren hoffen. Das schafft ein gutes Stück Planungssicherheit für die Gründer.“

Sie sind Experte in der digitalen Gesundheitsbranche. Auf welche grundlegenden Neuerungen können sich Anwender, Ärzte und Co. in den nächsten Jahren freuen? 

„Vor wenigen Tagen hat Bundesgesundheitsminister Spahn seinen Referentenentwurf für das lang erwartete ‚Digitalisierungsgesetz‘ vorgestellt. Und obwohl das Gesetzgebungsverfahren jetzt erst beginnt, wird die Richtung schon deutlich: Der Marktzugang für digitale Lösungen soll einfacher werden. Ich hatte bis dato oft den Eindruck, dass von neuen digitalen Lösungen mehr verlangt wurde als von den analogen Pendants. Konsequenterweise wurde eine von uns seit langem erhobene und wichtige Forderung zumindest für einen Teil der Digital Health-Anbieter aufgegriffen: ein schnellerer Zugang in die Regelversorgung für Medical Apps. Diese sollen künftig von Ärzten verordnet und von der GKV erstattet werden können. Ein Nutzennachweis muss dann nachgereicht werden. Mal abseits von vielen Detailfragen: Wenn das so kommt, wäre das ein Meilenstein. 

Spannend wird künftig auch das Zusammenspiel der verschiedenen Digital Health-Lösungen mit der elektronischen Patientenakte sein. Wenn wir Kundenorientierung ernst nehmen, dann erhalten unsere Versicherten künftig von hier aus Zugang in die Welt der digitalen Versorgung. Digital ist dann  normal. Das ist mein Wunsch für Digital Health.“


Der Weg in den ersten Gesundheitsmarkt kann schwer und steinig sein! Die Experten des Healthy Hub unterstützen euch bei der Reise. Bewerbt euch noch bis zum 24. Juni 2019, 10 Uhr, um Teil des Hubs zu werden!


Die Gesundheitsbranche gilt als die große Herausforderung für Startups. Gibt es einen Pain Point, vor dem alle Gründer irgendwann stehen? Wo werden sie auch durch den Healthy Hub unterstützt? 

„Der Pain Point ist genau da, wo ein gutes Produkt oder eine gute Lösung in die Versorgung integriert werden soll. Ein Produkt muss nicht nur die Patienten überzeugen, sondern auch jene Leistungserbringer, die digitale Lösungen im Rahmen ihrer Therapien nutzen sollen. Wir stoßen da, wo Apps und Co. beispielsweise ärztliche Leistungen ersetzen oder ergänzen sollen, zum einen an rechtliche Grenzen, zum anderen auf durchaus nachvollziehbare Vorbehalte. Wir versuchen jedoch, unseren Startups die richtigen Türen zu öffnen. Das ist schwere, aber wichtige Arbeit. Letztlich müssen digitale Lösungen von allen, die am Versorgungsprozess beteiligt sind, akzeptiert werden. Perspektivisch müssen wir erreichen, dass digitale Lösungen nicht immer bloß als Add-on oder Ergänzung eines analogen Pendants, sondern auch als Ersatz bislang praktizierter Behandlungen genutzt werden.“ 

Während des letzten Wettbewerbs konnten sich fünf Startups durchsetzen und Kassenpartner für sich gewinnen. Hat Sie eine Idee nachhaltig beeindruckt? 

„Beeindruckt hat mich vor allem die Professionalität unserer Startups. Aber auch die Flexibilität unter den Kassen. Wir hatten und haben teilweise dicke Bretter zu bohren – sei es aufgrund von regulatorischen Besonderheiten oder prozessualen Anforderungen. Ich habe ein wirklich hohes Maß an Lösungsorientierung wahrgenommen und den Willen, die Projekte zu einem Erfolg zu führen.“ 

Wenn Sie nach den digitalen Sternen greifen könnten: Gibt es eine Innovation, die Sie sich persönlich im Bereich Digital Health wünschen? 

„Ich denke hier nicht an eine ‚Killer-Innovation‘, die alle Probleme löst. Aber der Gesundheitsmarkt in Deutschland ist immer noch durch Sektorengrenzen geprägt. Mein Wunsch wäre, dass sektorenübergreifende digitale Versorgungslösungen künftig nicht die Ausnahme, sondern die Regel wären. Unsere Versicherten und Patienten dürfen keine Nachteile erfahren, wenn sie beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt in eine ambulante Reha oder Anschlussversorgung überführt werden. Die elektronische Patientenakte, sofern konsequent angewendet, wird in Kombination mit den verschiedensten digitalen Versorgungslösungen helfen, die Sektorengrenzen zu überwinden. Das wird Zeit in Anspruch nehmen, wird aber so kommen.“

Der Healthy Hub ist eine Initiative der gesetzlichen Krankenkassen BIG direkt gesund, HEK Hanseatische Krankenkasse, IKK Südwest, mhplus Krankenkasse und der SBK Siemens Betriebskrankenkasse. Insgesamt versichern die Krankenkassen rund drei Millionen Kunden. 

 

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