Edeka zufolge soll die Welt 2117 von Robotern regiert werden

Die Amerikaner haben den Super Bowl. Die Deutschen haben Weihnachten. Wer gelten will, produziert aufwendige Werbeclips irgendwo zwischen Kurzfilm und Kommerz und im besten Fall den nächsten Viralhit. In den Wochen vor dem Fest machen sich Edeka und Co. in den vergangenen Jahren den Platz um den emotionalsten Spot streitig.

Mit der sentimentalen #Heimkommen-Kampagne vor zwei Jahren ging der heimliche Publikumspreis an Edeka. Damals hatte ein alter Mann seinen Tod vorgetäuscht, um seine Kinder und Enkel wieder gemeinsam an einen Tisch bringen zu können. In diesem Jahr wurde das Werbebudget des Lebensmittelhändlers unter anderem auch für den monatelangen Beef mit Lidl verbraucht: Über mehrere Runden hinweg haben sich die Supermarktketten einen Schlagabtausch mit provokanten, aber witzigen Werbeclips geliefert.

Für die Weihnachtszeit gibt es von Edeka in dieser Saison einen Seitenhieb gegen Künstliche Intelligenz. Der Supermarkt zeigt in seinem ersten Video einen Serviceroboter, der vom Verkäufer übertrumpft wird. Dieser fragt ein Rentnerpaar an der Fleischtheke, ob es passend zu den Artikeln auch ein Rezept benötige. Der Fachverkäufer war dem Roboter aber zuvorkommen und habe bereits ein Rezept „mit viel Liebe“ empfohlen. Eine Zutat, die die KI nicht kennt. Keine Spur von Emotionalität in dem Clip. Nur Skepsis gegenüber Algorithmen und der Vorsprung echter Verkäufer.

Dabei betreibt Edeka seinen eigenen Online-Lieferdienst Bringmeister, hat in Stuttgart gemeinsam mit der Deutschen Bahn die Bahnhofsbox errichtet und lässt Kunden über eine App mobil bezahlen. Digitalisierung ist für den Lebensmittelhändler also durchaus ein Thema.

Doch auch in einem zweiten, aufwendig produzierten Spot schaut Edeka technikskeptisch in die Glaskugel: In 100 Jahren beherrsche künstliche Intelligenz die Welt, die Menschheit sei beinahe ausgestorben und Roboter patrouillieren durch verwaiste Städte. Alte Zeitungsartikel berichten davon, wie Menschen panisch vor Künstlicher Intelligenz fliehen. Ein Roboter fällt jedoch aus der Reihe und macht sich auf die Suche nach Menschen, um echte Weihnachten an einem reich gedeckten Tisch feiern zu können. Hinter dem rund vierminütigen Video steht die Agentur Jung von Matt, die auch schon die bisherigen Werbeclips für den Supermarkt gedreht hat. Der Tenor des Sci-Fi-Spots von Edeka: Bis auf eine Ausnahme ist Künstliche Intelligenz eine Bedrohung für die Menschheit.

Weniger Technik, mehr Tradition

Technik spielt in den Clips der Supermarktketten Rewe, Lidl, Aldi und Kaufland fast keine Rolle. Die Händler setzen in ihren Werbespots vielmehr auf das familiäre Zusammentreffen. Rewe baut in seinem Weihnachtsvideo auf typische Elemente wie Schnee, gemütliches Beisammensein und gefühlvolle Musik. Die Story ist kitschig, aber traditionell. Pluspunkte gibt es für die Schnitttechnik. Der Supermarkt zeigt auf einem Bildschirm zwei Geschichten, die nebeneinander ablaufen. Der Sohn ist auf dem Weg in die Heimat und die Mutter bereitet das Weihnachtsessen vor, bis beide am Ende aufeinandertreffen.

Lidl zeigt hingegen die andere, nach Angaben des Discounters reale Seite der festlichen Tage. „Wann ist Weihnachten so künstlich geworden“, fragt eine Stimme aus dem Off, während eine Bilderbuchfamilie in die Kamera winkt. Denn eigentlich sei Weihnachten laut, chaotisch und krumm, heißt es in dem Spot. Hier werden auf authentische Weise das alltägliche Durcheinander und die Pannen zur Weihnachtszeit dargestellt. Der Clip ist wie ein Musikvideo aufgebaut: Die Darsteller bewegen sich im Rhythmus zu den Strophen und dem wiederkehrenden Refrain, singen und rappen einzelne Zeilen mit. 

Ähnlich atypisch sieht der Weihnachtsclip der Konzernschwester Kaufland aus. An einer lange Tafel sitzen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Interessen gegenüber: Gourmets und Fast-Food-Liebhaber, Rotkäppchen und der böse Wolf, Veganer und Fleischesser. Die Message dahinter: Wer gut isst, streitet nicht. 

Konkurrent Aldi packt seine Kamera in den Kühlschrank und die dokumentiert, wie Lebensmittel in verschiedenen Haushalten hineingelegt und wieder herausgenommen werden, um auf alle Eventualitäten während der Weihnachtszeit vorbereitet zu sein: vom Hundefutter in Gänsebraten-Optik, über das Geschenk für die Freundin bis hin zur Sektflasche während einer Party. 

Fazit: Die Erwartungen sind nach dem #Heimkommen-Video von Edeka aus dem Jahr 2015 hoch, allerdings reichen die diesjährigen Spots da lange nicht heran. Derzeit scheint Jung von Matt sowieso einen anderen Viral-Hit gelandet zu haben: Für den Saturn-Spot hat die Agentur einen demenzkranken Opa in den Mittelpunkt gestellt, dessen Geschichte einige Zuschauer zu Tränen rührt – und andere so sehr empört, dass sie im Netz heftig darüber debattieren. Mediale Aufmerksamkeit inklusive, was die Werber wohl sehr freuen dürfte.

Bild: Screenshot / YouTube