Geht zum Glück bald in Rente: ein Notar aus dem Stock-Foto-Archiv.

Ein Fachbeitrag von Jörn-Christian Schulze und Franziska Korn von Arqis Rechtsanwälte

Die EU will die in Deutschland eher verstaubt anmutende Unternehmensgründung reformieren. EU-weite Geschäfte sollen demnach digitalisiert und erleichtert werden, genauso grenzüberschreitende Umzüge oder Zusammenschlüsse.

Die wichtigsten Vorschläge der EU-Kommission im Überblick:

  • Online-Unternehmensgründung in der gesamten EU: Mit den neuen Vorschriften soll es für alle Unternehmen online möglich werden, sich registrieren zu lassen, neue Zweigniederlassungen zu errichten oder Dokumente für das Unternehmensregister einzureichen. In Deutschland würde dadurch die GmbH-Gründung komplett digitalisiert. Die Umsetzung des Vorschlags für die übrigen Gesellschaftsformen soll allerdings optional bleiben.
  • Keine Anwesenheitspflicht für den Geschäftsführer: Nach dem Willen der EU muss der Geschäftsführer die Gründung nicht mehr persönlich beim Notar zum Handelsregister anmelden. Die Identifizierung des Geschäftsführers soll per Personalausweis mit eID-Funktion oder Videokonferenz über das Smartphone erfolgen.
  • Kein Notar mehr notwendig: Für die Unternehmensgründung wäre daher kein Notar mehr notwendig und der Gründer könnte sie zu Hause vor dem Computer vornehmen. Um Betrug oder Missbräuche zu verhindern, können die nationalen Behörden künftig allerdings untereinander Informationen über bestimmte Personen abrufen. Das betrifft Personen, die von Geschäftsführungs- oder Vorstandsfunktionen ausgeschlossen wurden. Bei Betrugsverdacht sind sie weiterhin berechtigt, die Anwesenheit der Unternehmenseigentümer einzufordern. Außerdem werden sie das Recht erhalten, einen Notar explizit einzufordern.
  • Online-Datenbank: Künftig sollen mehr Informationen über Unternehmen in den Unternehmensregistern kostenlos einsehbar sein.

Die EU rechnet vor, dass Unternehmen durch die neuen Online-Verwaltungsakte zwischen 42 und 84 Millionen Euro jährlich einsparen könnten. Eine On­line-Grün­dung ist bis­lang in zehn der 28 Mit­glied­staa­ten mög­lich, Est­land ist je­doch der ein­zige Mit­glied­staat, der es be­reits heute Grün­dern aus an­de­ren Mit­glied­staa­ten er­mög­licht, in Est­land digital eine Ge­sell­schaft zu grün­den. 

Vermutlich wird die physische Gründung eines Unternehmens aber weiterhin möglich sein und auch der anwaltliche Beistand nicht ganz wegfallen. Um Zeit zu sparen und Fehler zu vermeiden, werden viele Gründer trotzdem einen Anwalt beauftragen, der diesen Anmeldeservice übernimmt.

Nachdem die Kommission ihre Vorschläge bereits im April gemacht hat, werden sie aktuell vom Rat der EU und dem Europäischen Parlament begutachtet. Herrscht Einigkeit zwischen Rat und Parlament, dann wird die Richtlinie in wenigen Monaten umgesetzt. Gibt es keine Einigkeit, dann wird der Vorschlag neu ausgearbeitet werden, was die Umsetzung noch deutlich in die Länge ziehen könnte.

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Bild: Getty Images/moodboard