Nicola Beer ist Spitzenkandidatin der FDP und gelernte Rechtsanwältin.
Nicola Beer ist Spitzenkandidatin der FDP und gelernte Rechtsanwältin.

Am 26. Mai ist Europawahl. Das heißt: Die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union wählen, welche Politiker ins Europäische Parlament einziehen.

Jeder und jede Deutsche hat eine Stimme bei der Europawahl. Du bist trotz Wahl-O-Mat und Wahlswiper noch unsicher, wem du deine geben sollst? Wir haben uns die Europawahlprogramme der sieben größten deutschen Parteien durchgelesen und geschaut: Wie stehen die Politikerinnen und Politiker zu den für die Gründerszene relevanten Themen? Wollen sie Startups und Innovationen fördern? Wie sehen sie das Thema Löhne und Arbeit der Zukunft? Wie wollen sie dagegen vorgehen, dass multinationale Tech-Konzerne in der EU weniger Steuern zahlen als hiesige Firmen? Und wie wichtig ist ihnen die Gleichberechtigung der Geschlechter in der Wirtschaft? In den nächsten Tagen findet ihr auf Gründerszene nacheinander die Übersichten der wichtigsten Wahlprogramme.

FDP 

Spitzenkandidatin

Nicola Beer (49) ist stellvertretende Parteivorsitzende der FDP.

Startups

Wie die Grünen hat die FDP ein paar ganz eigene Ideen für die Förderung der Startup-Szene. Sie will sich für Folgendes einsetzen: 

  • Es sollen „europäische Digital-Freiheitszonen“ eingerichtet werden. Diese sollen besonders günstige wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Startup-Gründungen bieten.
  • Durch eine Anpassung des Vergaberechts sollen mehr öffentliche Aufträge als bisher an Startups gehen.
  • Es soll eine europäische Venture-Capital-Verordnung geben. Außerdem soll über einen „Zukunftsfonds Europa“ Wagniskapital vergeben werden.
  • Die Regeln zum Crowdfunding sollen EU-weit vereinheitlicht werden.
  • Es soll ein EU-weites Inkubator-Programm etabliert werden.
  • Die EU-Staaten sollen den Verkauf von Tech-Firmen an außereuropäische Investoren prüfen – und gegebenenfalls untersagen können. Das ist auch für Startups relevant: Vor Kurzem ging etwa das Berliner Startup Data Artisans an den chinesischen Konzern Alibaba.   

Lest auch

Internet & Digitalisierung

Digitalisierung muss Einzug in die europäischen Ämter halten, findet die FDP. Maßnahmen zur Regulierung des Internets sieht sie kritisch.

  • Die Partei spricht sich für die Beibehaltung des Bargeldes aus.
  • Sie findet die DSGVO gut, will sie aber weiterentwickeln, „denn datengetriebene Geschäftsmodelle müssen auch weiterhin in der Europäischen Union möglich sein“.
  • Von der Urheberrechtsreform hält die FDP wenig, sie nennt sie eine „Zensurinfrastruktur“. Upload-Filter lehnt sie ab. Für die Durchsetzung von Urheberrechten findet sie stattdessen die Blockchain geeignet.
  • Die Verwaltung soll digitalisiert werden, außerdem soll es einen elektronischen Personalausweis geben.
  • Bürger sollen sich auch online an der Politik beteiligen können.

Innovationen & Forschung

Besonders viel Platz nimmt im FDP-Parteiprogramm zur Europawahl das Thema Forschung und Innovation ein. Die Europäische Union soll sich bis 2030 „zum modernsten und innovativsten Raum“ weiterentwickeln, fordert sie. Die Partei will sich dazu für etliche Aspekte einsetzen, unter anderem Folgende: 

  • Es soll eine „europäische Online-Akademie“ geben, auf der Arbeitnehmer digitale Kompetenzen erlernen können.
  • Die Förderung über das Programm „Horizont Europa“ soll erleichtert werden: Interessierte Firmen sollen zunächst nur eine Projektskizze einreichen müssen. Das Programm soll sich auf die Bereiche Biotechnologie, Gentechnologie, Gesundheitstechnologien, Chemie, Energietechnik, Informations- und Kommunikationstechnologie, Mobilität und Nanotechnologie fokussieren. 
  • Doktorarbeiten sollen digital durchgeführt werden können. 
  • Die europäische Glasfaserinfrastruktur und die 5G-Funktechnologie sollen vorangetrieben werden. Dazu soll die EU Mittel bereitstellen. 
  • Es soll eine „Europäische Agentur für Sprunginnovationen“ geben. Sie soll Innovationen fördern und Unabhängig von politischer Steuerung sein. 
  • Europa soll im Bereich KI eine gemeinsame Strategie fahren. 
  • Europa soll eigene Cloud-Anbieter und Datenschutzstandards bekommen. 
  • Bis 2020 sollen „mindestens 500 Milliarden Euro“ Investitionsgelder für Infrastruktur, klimaschonende Technologien und Innovationen kleiner und mittlerer Unternehmen bereitgestellt werden. 
  • Neue Verkehrswege sollen gefördert werden, insbesondere Drohnen und Hyperloops. 
  • Bei neuen Antriebstechnologien plädiert die FDP dafür, dass sich die „effizienteste Lösung“ durchsetzt, statt Verbote oder Maut einzuführen. 

Lest auch

Steuerproblematik bei Tech-Konzernen aus dem Ausland

Gegen die Steuertaktiken der Digitalkonzerne muss man vorgehen, findet die FDP – aber nicht mit einheitlichen Steuersätzen. 

  • Die „Vielfalt der Steuersätze innerhalb der Europäischen Union“ soll beibehalten werden. Mindeststeuersätze lehnt die Partei ab, eine Digitalsteuer ebenso. 
  • Eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer befürwortet sie aber. 
  • Gegen die Verlagerung von Gewinnen in andere Staaten soll die EU vorgehen.

Arbeitswelt

Das Thema Mindestlöhne will die FDP den Staaten selbst überlassen.

Frauen

Das Thema „Frauen in der Wirtschaft“ kommt kurz im FDP-Parteiprogramm. Sie schreibt lediglich, dass Frauen besseren Zugang zu politischen Ämtern bekommen sollen. Ansonsten sei die aktuelle Rechtsetzung formal ausreichend, um die Diskriminierung von Frauen im öffentlichen und privaten Raum zu verhindern. 

Sonstiges

Die Partei will Englisch als zweite Sprache in Behörden einführen.


Bild: Getty Images / ODD ANDERSEN / Kontributor