Wir dürfen Europa nicht den „Investoren aus dem Silicon Valley“ überlassen, findet SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley.
Wir dürfen Europa nicht den „Investoren aus dem Silicon Valley“ überlassen, findet SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley.

Am 26. Mai ist Europawahl. Das heißt: Die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union wählen, welche Politiker ins Europäische Parlament einziehen.

Jeder und jede Deutsche hat eine Stimme bei der Europawahl. Du bist trotz Wahl-O-Mat und Wahlswiper noch unsicher, wem du deine geben sollst? Wir haben uns die Europawahlprogramme der sieben größten deutschen Parteien durchgelesen und geschaut: Wie stehen die Politikerinnen und Politiker zu den für die Gründerszene relevanten Themen? Wollen sie Startups und Innovationen fördern? Wie sehen sie das Thema Löhne und Arbeit der Zukunft? Wie wollen sie dagegen vorgehen, dass multinationale Tech-Konzerne in der EU weniger Steuern zahlen als hiesige Firmen? Und wie wichtig ist ihnen die Gleichberechtigung der Geschlechter in der Wirtschaft? In den nächsten Tagen findet ihr auf Gründerszene nacheinander die Übersichten der wichtigsten Wahlprogramme. 

SPD

Spitzenkandidatin

Katarina Barley (50) ist auch Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. Vorher war sie Familienministerin. Sie ist seit 1994 Mitglied der SPD.

Startups

Der Begriff „Startups“ wird im SPD-Parteiprogramm zur Europawahl nicht erwähnt.

Internet und Digitalisierung 

Die SPD zeigt sich kritisch gegenüber internationalen Tech-Konzernen. Sie wünscht sich stattdessen ein europäisches Facebook, Amazon oder Google. Auch den umstrittenen Upload-Filtern steht die Partei kritisch gegenüber. Folgendes steht zu diesen Themen im Parteiprogramm:

  • Freie Meinungsäußerung im Netz muss beibehalten werden, fordert die SPD. Man werde sich für ein „offenes, freies und demokratisches Europa und für ein freies und offenes Netz“ einsetzen. Spitzenkandidatin Barley spricht sich für eine Urheberrechtsreform aus, aber gegen Upload-Filter.
  • Google, Amazon und Facebook sollen verpflichtet werden, „ihre vollständig anonymisierten und nicht-personenbezogenen Daten zu teilen und öffentlich zugänglich zu machen“.
  • Online-Bezahlung befürwortet die SPD – aber sie soll anonym möglich sein.
  • Digitale Großkonzerne sollen offene Schnittstellen bei Bezahlfunktionen einrichten, findet die Partei. Sie „müssen offen sein für andere europäische Dienstleister, um den Marktzugang zu erleichtern und einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen“.
  • Online-Marktplätze sollen deutlich sichtbar machen, nach welchen Kriterien sie Suchergebnisse sortieren und, ob Provisionen fließen. Dieser Punkt ist auch für deutsche Startups relevant, etwa Ferienhaus-Suchmaschinen.
  • Unternehmen sollen keine Algorithmen einsetzen dürfen, um „individualisierte Preise und verhaltensabhängige Versicherungstarife“ anzubieten.
  • Es soll geprüft werden, ob „europäische Alternativen zu den derzeit dominierenden Plattformunternehmen“ aufgebaut werden können.
  • Die Partei will sich für schnelles Internet und flächendeckenden Mobilfunk einsetzen.

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Innovation & Forschung

„Die Entscheidungen darüber, wie wir zukünftig leben und arbeiten, dürfen wir (…) nicht den Investorinnen und Investoren aus dem Silicon Valley oder autoritären Staaten wie China überlassen“, schreibt die SPD im Wahlprogramm. Stattdessen plädiert sie für mehr Innovationen in Europa:

  • Es soll EU-weit massive Investitionen in Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz (KI) geben. Dazu will die SPD einen Europäischen Innovationsrat einrichten.
  • Alle Unternehmen sollen fürs Trainieren von KI und für Big-Data-Analysen europäische Daten-Pools nutzen können.
  • Die EU-Mitgliedsstaaten sollen bis 2025 drei Prozent ihres BIP für Forschung und Entwicklung ausgeben, insbesondere für den Bereich KI.
  • Die Partei plädiert für die Schaffung einer europäischen Batteriezellfertigung.
  • Die EU-Staaten sollen bei der Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologie miteinander kooperieren.
  • Forschungsergebnisse, Forschungsdaten und Dateninfrastruktur sollen in einer europäischen Cloud frei zugänglich gemacht werden.

Arbeitswelt

Die SPD will sich für den Arbeitnehmerschutz einsetzen – insbesondere bei Online-Plattformen. Nachtschichten, wie in Startups gern üblich, wünscht die Partei also nicht. Diese Punkte stehen bei der SPD zum Thema Arbeit auf dem Plan:

  • Gut für Startups: Für außereuropäische Arbeitnehmer soll die Zuwanderung vereinfacht werden. 
  • In Deutschland soll der Mindestlohn auf zwölf Euro angehoben werden, in den anderen Ländern soll es ebenfalls höhere, aber „länderspezifische Mindestlöhne“ geben. 
  • Es soll eine EU-Richtlinie zum Schutz von Beschäftigten auf Online-Plattformen geben, um faire Lohn- und Arbeitsbedingungen in der digitalen Arbeitswelt sicherzustellen.
  • Der Achtstundentag soll beibehalten werden. 
  • Die ständige Erreichbarkeit der Arbeitnehmer soll verhindert werden. Stattdessen will die Partei „klar geregelte Flexibilität dort, wo sie den Beschäftigten und dem Unternehmen zugute kommt“.
  • Die Tarifbindung von Unternehmen soll „zum Normalfall werden“ 

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Frauen

Spitzenkandidatin Barley ist dafür bekannt, sich für Frauen, ihre Rechte und Gleichberechtigung einzusetzen. Im Wahlprogramm der SPD steht zu diesem Thema Folgendes: 

  • Frauen und Männer sollen für gleiche Arbeit gleich bezahlt werden. 
  • Es soll eine EU-weite Quote für Frauen in Aufsichtsräten geben. 
  • Die Partei will EU-weite Förderprogramme einrichten, um Frauen im MINT-Bereich zu unterstützen.

Steuerproblematik bei Tech-Konzernen aus dem Ausland

Die SPD findet, dass Unternehmen Steuern zahlen sollen „wie es sich gehört“. Durch „Tricksereien, Schlupflöcher oder Straftaten“ dürften sich auch „Internet-Giganten“ nicht ihrer Verantwortung entziehen. Insbesondere will sich die SPD dahingehend für Folgendes einsetzen:

  • Die Körperschaftssteuern sollen EU-weit angeglichen werden. 
  • Es sollen nationale Mindeststeuersätze eingeführt werden.
  • Bis Ende 2020 soll eine globale Mindestbesteuerung der digitalen Unternehmen eingeführt werden.


Bild: Getty Images / Michele Tantussi / Freier Fotograf