Nachdem 2017 viel über Elektro-Autos, Car-Sharing und autonome Teslas gesprochen wurde, ist 2018 das Fahrrad dran, finde ich. Auf Berlins Straßen rüsten die Bike-Sharer zum Wettrennen um Marktanteile. An allen Ecken stehen die teils wuchtigen Fahrrad-Panzer von oBike, Byke, Lidlbike und Nextbike und betteln um Sharing-Kunden. Auch ich habe mittlerweile mein Rennrad, ein schwarzes Ultegra, aus dem Keller geholt. Doch die für Berlin wichtigste Sache fehlt mir noch: ein Schloss.

Vor über zwei Jahren hatte ich auf Kickstarter in eines der ersten smarten Schlösser investiert, das über Bewegungssensoren Diebe und Schlossknacker melden sollte. Über 100 Dollar war mir die Neuheit damals wert. Schon im Winter 2015 wollten die Noke-Gründer aus den USA die smarten Gadgets versenden. Bis heute ist es bei den Versprechungen geblieben, Kickstarter halt. Für 2018 habe ich mir deswegen vorgenommen, mir noch einmal anzuschauen, was der Markt der smarten Gadgets beim Thema Fahrrad hergibt. Schlösser, Navis, innovative Schläuche und Tracker – kurz gesagt, ich frage mich: Wie tune ich mein Bike?

Wie du dein Fahrrad sicherst

Gerade beim Thema Fahrradschloss hat sich zuletzt einiges getan. Ein festverbautes, intelligentes Schloss bietet mittlerweile der deutsche Hersteller I lock it an. Die Gründer Markus Weintraut und Christian Anuth haben ein Bluetooth-fähiges Gerät gebaut, das sich selbst öffnet, wenn du dich mit dem richtigen Schlüssel näherst. Entfernst du dich, verschließt sich das Schloss. Versuchen Diebe dein Fahrrad zu knacken, schickt dir I lock it eine Nachricht aufs Handy. Viel Widerstand dürfte das Schloss den üblichen Bolzenschneidern aber nicht leisten. Dafür ist es nicht massiv genug.

Eine abnehmbare Variante gibt es beim US-Unternehmen Lattis: Das Ellipse bietet ähnliche Funktionen, lädt sich über Solarenergie auf und kann auch von Freunden via App aufgeschlossen werden.

Sollten Fahrrad-Knacker dein Schloss tatsächlich mal überwunden haben und sich damit aus dem Staub machen, will dir Jahrradjäger weiterhelfen. Das Gerät des Startups in Form eines überdimensionalen USB-Sticks kann ans Bike geschraubt werden und schlägt mit 90 Dezibel Alarm, wenn jemand anderes als du mit ihm durchbrennen will. Außerdem sendet der Stick namens Insect dir Standortdaten. Du kannst also zusehen, wo der Dieb fährt und die Verfolgung aufnehmen – zumindest solange der Gauner die kleine Alarmanlage nicht abgeschraubt hat. Bisher kann das Gerät allerdings nur vorbestellt werden. Die Auslieferung ist für den März geplant.

Da auch Diebe zuweilen faul sind und nicht dein ganzes Bike, sondern nur Teile wie Sattel, Lenker oder Vorderrad stehlen, hat das Berliner Startup Hexlox ziemlich clevere Anti-Abschraub-Verschlüsse gebastelt. Wo sonst ein einfacher Inbusschlüssel deinen Sattel vom Rad lösen kann, platziert Hexlox einen Verschluss, der nur mit einem eigenen Schlüssel abnehmbar ist. So können Fremde dein Rad nicht auseinandernehmen.

Pimp dein Bike

Ein etwas spielerisches Produkt bietet Happarelbicycles aus Berlin an. Das Startup vertreibt Sticker, mit denen Rahmen oder Helm verziert werden können. Durch Lichtreflexion lassen dich die Aufkleber im nächtlichen Straßenverkehr aufleuchten.

In Sachen Tempo kannst du mehr mit den ovalen Kettenblättern von Cyfly herausholen. Da die Tretkurbeln nicht zentral montiert sind, weisen die Pedale einen deutlich längeren Hebel auf und erzeugen ein entsprechend höheres Drehmoment. Durch die größere Hebelkraft und den verkürzten Weg verspricht der Antrieb eine deutlich bessere Kraftausnutzung. Das Anfahren fällt leichter und verlangt weniger Kraftaufwendung, um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen.

Für die Fahrt zum nächsten Supermarkt hat sich Hangload etwas einfallen lassen. Das Low-Tech-Produkt des Berliner Startups besteht aus zwei stoffbespannten Metall-Bügeln, die sich an den Gepäckträger heften lassen. So können ganz normale Tragetaschen oder Rucksäcke angehängt werden, wo sonst nur extra designte Fahrradtaschen Platz finden.

Wenn du unterwegs dein Smartphone aufladen willst, solltest du dir Bicycle Smart Power anschauen. Die Handy-Halterung für Bikes nutzt die vom Nabendynamo gewonnene Wechselspannung und lädt über einen USB-Anschluss Smartphones oder Navigationsgeräte auf. Du strampelst mit deinen Beinen also den Akku deines Handys auf volle Leistung. Nach Angaben des Startups liegt der Wirkungsgrad bei 95 Prozent.

Für Bequeme ist die Erfindung der beiden Gründer von Gaadi Gabriel Petrovan und Adi Jetten. Sie haben einen Fahrradschlauch mit zwei Enden erfunden. Du musst dein Rad also nicht auseinander montieren, wenn dir Glassplitter mal wieder den Schlauch zerschlissen haben. Der Gaadi-Schlauch kann einfach unter den Reifen geschoben werden. Nach dem Aufpumpen pressen sich die Enden so sehr gegeneinander, dass keine Lücke entsteht. Geeignet also vor allem für Fahrrad-Amateure, die schon vor einer abgesprungenen Kette kapitulieren.

Ein anderes Konzept des Fahrradschlauchs bieten dir die Gründer Christian Lembacher und Ákos Kertész mit ihrem knallorangefarbenen Tubolito an. Der Schlauch ist fast so dünn wie ein Luftballon und soll um einiges belastbarer sein als die herkömmlichen des Marktführers Schwalbe. Im Vergleich hält er Scherben und Nägeln doppelt so lange stand, behauptet das Startup. Und leichter soll er auch noch sein.

Wenn du dir für nichts zu schade bist, bietet Alberto extra alltagstaugliche Hosen für Fahrradfahrer an, die auch beim Firmen-Meeting nicht auffallen würden. Die Hosen haben Spritzwasserschutz am Bund, Reflektoren am Gesäß und sind Schmutz abweisend.

Wenn du auf einem Baum fahren willst

Fahrräder bestehen meist aus Metall oder Carbon. Das ist sinnvoll – muss aber nicht sein. Wie wäre es, wenn du zum Frühjahr auf ein Hipster-Rad aus Holz umsattelst? Davon gibt es mittlerweile einige, mit ganz unterschiedlichen Konzepten und Designs. Eher sportlich und teils sogar mit Elektro-Motor kommt das Startup Aceteam daher. Dessen Farräder bzw. E-Roller weisen einen markant designten Rahmen aus Holz auf, der gut und gerne aus der Bootswand eines Segelbootes stammen könnte. Der Street-Score der Aceteam-Bikes ist auf jeden Fall ziemlich hoch.

Etwas gediegener sind die Modelle von NaturRad. Tobias Rudolph stellt nicht nur schick anzusehende Bikes, sondern auch einzelne Teile wie Lenker her. Die Räder sind mittlerweile bei einigen Händlern gelistet. Wünscht du dir lediglich Griffe aus Holz, wirst du auch bei Velospring fündig.

Da Holz allerdings ein schweres Material für den Fahrradbau ist, bietet sich Bambus als leichte Alternative an. Bamboo Beix und My Boo bieten beide Fahrräder aus dem Süßgras an. Während die Bamoo Beix sportlichere Modelle bevorzugt, setzt My Boo auf ein gemütlicheres Design – und hat mittlerweile sogar eine Elektro-Variante im Angebot. Gefertigt werden die My-Boo-Rahmen in Ghana. Bei Bamoo Beix kannst du wiederum selbst lernen, wie du dein eigenes Bambus-Rad bastelst. Das Unternehmen bietet dafür extra Workshops an.

Bild: Aceteam

Aus der Kategorie: Etwas schräg bis wo ist die zweite Hälfte?

Elektro-Bikes und Lastenesel

Wenn du dein Bike mit neuester Antriebstechnik ausstatten willst, kannst du es mit Elektro-Motoren nachrüsten. Das Zwickauer Unternehmen Pendix hat beispielsweise einen E-Bausatz im Angebot. Kurbel und Kettenblatt werden dafür ausgetaucht, eine Batterie in Form einer überdimensionalen Trinkflasche am Rahmen angeschraubt. „Nahezu jedes Rahmenmodell“ sei damit erweiterbar, so Pendix. Superpedestrian verzichtet hingegen auf den Austausch der Kurbelgarnitur und ersetzt das Hinterrad. Entwickelt wurde der Rad-Motor am MIT in Massachusetts, produziert wird es in der nahe gelegenen US-Stadt Cambridge. Mit dem leuchtend roten, sogenannten Copenhagen Wheel wird dein Bike jedenfalls die Blicke anziehen. Besonders für schwer bepackte Fahrräder kann sich ein Elektro-Antrieb lohnen.

Extra für schwere Lasten designt sind die Chike-Bikes, die auch mit einem E-Antrieb ausgeliefert werden: Egal, ob du Einkäufe oder Kinder transportieren willst. Allerdings bist du dreirädrig unterwegs, wobei die beiden Vorderräder dynamisch ihre Höhe verstellen, sodass du dich schnittig in die Kurve legen kannst. Mehr Coolness bieten die Bikes von Unimoke. Auf den ersten Blick erinnern sie eher an Motorräder. Und tatsächlich ist auch ein Motor verbaut. Trotzdem kannst du auch bei Unimoke in die Pedale steigen.

Nicht nachrüst-, aber abnehmbar sind die E-Motoren von Fazua. Das Unternehmen produziert Räder mit teils ungewöhnlich dicken Rahmen. Der Grund: Der Motor selbst steckt in der unteren Rahmenstruktur und kann zum Aufladen herausgenommen werden. Er kann bis zu 25 Kilometer pro Stunde erreichen und wird über den Lenker gesteuert. Das Fahrrad funktioniert aber auch, wenn du den Motor aus dem Rahmen herausnimmst.

Smarte Bikes und kluge Apps

Nicht nur elektrisch, sondern auch intelligent sind die Modelle von Coboc. Die Heidelberger Elektro-Bikes setzen auf einen Motor im Hinterrad und ein weitaus unauffälligeres Design als beispielsweise das Copenhagen Wheel mit seiner knallroten Scheibe. Dank einer App wird das Smartphone unterwegs zum Navi, reguliert die Beleuchtung und überwacht die Akkus. Eine Halterung fixiert dein Handy am Lenker.

Ebenfalls für unterwegs ist die sprachlich kreative RADar!-App. Das Tool wird gemeinsam von Kommunen und Bürgern weiterentwickelt und hilft dir, Radtouren zu planen. Die App warnt vor gefährlichen oder für Radfahrer schlecht zu benutzenden Verkehrswegen. Einen ähnlichen Service – allerdings mit Fokus auf den Stadtverkehr – bietet Urbancyclers.

Bist du selbst Unternehmer und willst die Gesundheit deiner Mitarbeiter fördern, ist vielleicht das JobRad einen näheren Blick wert. Im Grunde überträgt das Unternehmen das Prinzip Firmenwagen auf Fahrräder. Du kannst – als CEO oder als Angestellter – Wunschräder leasen. Dabei gilt wie auch bei Autos das Dienstwagenprivileg, sodass du die Kosten bei der Steuer absetzen kannst.

Etwas schräg: Schmuse-Schaukel oder ein halbes Rad

War dir das alles bisher zu gewöhnlich, gibt es da noch unter anderem diese beiden abgefahrenen Modelle: das Cuddlebike und das Halbrad. Ersteres ist ein Art Tandem, bei dem sich die Fahrer ein brettgroßes Pedal – die Doppeltrittleiste – und eine Stattelbank teilen. Das „Schmuse-Rad“ gibt es in einer motorisierten Variante. Wie schon der Name andeutet, brauchst du für dieses Rad aber wirklich eine gehörige Menge an Selbstbewusstsein und Schamresistenz.

Das Halbrad wiederum wird vom Berliner Felix Kruschardt gefertigt. Der vor zwanzig Jahren entwickelte Prototyp bestand noch nur Recycling-Teilen. Das Vorderrad des Halbrades ist zur Miniaturgröße geschrumpft, der Lenker befindet sich hinter deinem Hintern. Dadurch fährst du wie auf einem beräderten Stuhl. Das Halbrad ist für den Stadtverkehr ausgelegt und muss nicht auseinander- bzw. zusammengefaltet werden.

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Bild: Halbrad