Ist das Fahrrad das neue Auto?
Ist das Fahrrad das neue Auto?

Fahrräder werden systemrelevant, es gibt weniger Tote im Straßenverkehr und wir bekommen alle mehr frische Luft. Auch das ist eine Bilanz der Corona-Krise. Was ebenso heißt: Es tut sich ein Markt auf für findige Startups, um mit neuen Marken, neuen Produkten und allerlei Drumherum gutes Geld zu verdienen.

Das scheint zu funktionieren: E-Antriebe und Lastenräder erobern die Straße, die Verkaufszahlen bei jungen Fahrrad-Herstellern wie Woom oder Vanmoof steigen explosionsartig, neue Plattformen etwa zum Fahrradtausch kommen auf und Werkstätten werden mobil.

Gleichzeitig passiert im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg etwas, das man vor Kurzem noch für unmöglich gehalten hat: Straßen und Parkplätze werden zu Gunsten von Fahrradwegen geopfert. Dass der ADAC und einige Wirtschaftsvertreter murren – nun, das war vorhersagbar. Den Vorstoß der Bezirksverwaltung macht das nicht weniger löblich. Zumal Studien belegen, dass dort sogar ein besseres Geschäft zu erwarten ist, wo weniger Blech am Straßenrand steht.

Denn was hier passiert, ist keine kurzfristige Entwicklung, weil das Wetter gerade schön ist, wir alle ohnehin im Homeoffice sitzen und uns derzeit nicht in die stickigen U-Bahnen quetschen wollen. Schon vor der Krise hat sich das Fahrrad in der Wahrnehmung vieler Deutschen nach vorn und sogar am Auto, Entschuldigung, vorbei gestrampelt. In Hannover ist der neue Oberbürgermeister auch deshalb gewählt worden, weil er sich dazu bekannt hat, die Zahl der Autos zu reduzieren. Die grün-rote Stadtratsmehrheit in München will den gleichen Weg gehen. Und in vielen kommunalen Verwaltungen gibt es eine Tendenz, mehr Fahrradwege zu bauen.

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In der Hauptstadt steht das neue Denken auch schon schwarz auf weiß geschrieben: Seit 2018 regelt ein Mobilitätsgesetz die Bevorzugung des Radverkehrs gegenüber dem Pkw-Verkehr. Will heißen: Die Pläne für die neu ausgewiesenen Radwege dürften bereits in der Schublade gelegen haben. Nun bot sich die Gelegenheit, sie auch umzusetzen.

Wir können damit rechnen, dass die Veränderung im Straßenverkehr in Deutschland durchaus nachhaltig sein kann. Aus diesem Grund werden wir den Fahrrad-Markt, die Rahmenbedingungen und die Zukunftsperspektiven in der kommenden Woche näher beleuchten. Unter anderem könnt ihr in den nächsten Tagen lesen:

  • Ob Hövding mit seinem Fahrrad-Airbag ein alltagstaugliches Produkt an den Markt gebracht hat – zwei Redakteur*innen haben ihn ausgiebig getestet.
  • Wie sich das Geschäft beim Pendix, einem Anbieter von Nachrüst-Akkus für E-Bikes aus Zwickau, entwickelt hat.
  • Was hinter der Firma Vanmoof steckt, die ein Fahrrad mit integriertem Diebstahlschutz anbietet und gerade eine Finanzierung bekommen hat.
  • Welche mobilen Werkstätten es gibt und wie sie funktionieren.

Viel Spaß beim Lesen!

Bild: Philipp Nemenz / Gettyimages